Skandal am Bremer Bamf: Verdacht blieb ohne Folgen

28.4.2018, 00:00 Uhr
Skandal am Bremer Bamf: Verdacht blieb ohne Folgen

© Daniel Karmann/dpa

Der Druck, der auf einer Institution lastet, lässt sich gut an der Pressestelle und ihrer Reaktionsfreudigkeit ablesen. Im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) muss der Stress in diesen Tagen sehr hoch sein: Dort lässt man Anfragen im Moment sehr lange liegen — oder antwortet gar nicht. Seit vor einer Woche bekannt wurde, dass die Staatsanwaltschaft Bremen wegen des Verdachts ermittelt, 1200 Asylanträge seien zu Unrecht bewilligt worden, tauchen immer weitere Vorwürfe auf. Und das Bamf macht keine gute Figur.

Die Mitarbeiterin, die ehemalige Leiterin der Außenstelle in Bremen, die im Fokus der Ermittlungen steht, wurde trotz eines bereits laufenden Disziplinarverfahrens ausgerechnet im Bereich Qualitätsmanagement eingesetzt. Dabei hatte sie, das glaubt die Staatsanwaltschaft, zwischen 2013 und 2016 Asylverfahren an sich gezogen, für die ihre Dienststelle gar nicht zuständig war.

Mit Bussen sollen Asylbewerber aus anderen Bundesländern nach Bremen gebracht worden sein. Nach Informationen dieser Zeitung sind ihre Identitäten teils nicht geprüft worden, ein großes Sicherheitsrisiko. Eigentlich ist diese sogenannte ED-Behandlung essentiell im Asylverfahren – schließlich will man wissen, wer um Asyl bittet. Auf eine Untersuchung der Ausweise und anderer Papiere soll aber verzichtet worden sein.

Strafanzeige gestellt

Gleichzeitig zeigt sich: Es gab schon lange Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten. Auch vor der Strafanzeige des Bamf bei der Bremer Staatsanwaltschaft am 16. November 2017. So recherchierte ein Bremer Journalist bereits im Frühjahr 2016 wegen Unregelmäßigkeiten im Registrierungsverfahren. Er wandte sich ans Bamf, das stellte bei der Staatsanwaltschaft Anzeige, das erklärt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft gegenüber dieser Zeitung. Doch die kam nicht weiter: Der Journalist berief sich auf den Quellenschutz.

Kurz darauf gab es einen Hinweis aus Niedersachsen: Flüchtlingen seien gefälschte Pässe angeboten worden, sagte ein Hinweisgeber gegenüber der dortigen Polizei. Allerdings sei diese Person nicht besonders glaubwürdig gewesen, heißt es nun bei der Staatsanwaltschaft; sie sei zuvor mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. Die Ermittlungen verliefen im Sande. Im Sommer 2016 jedoch wurde das Bamf tätig: Die Mitarbeiterin wurde nach Hinweisen aus dem niedersächsischen Innenministerium als Außenstellenleiterin abgesetzt.

Abschluss eines ersten Disziplinarverfahrens

Damals wurde auch das dem Bamf übergeordnete Bundesinnenministerium (BMI) informiert — nach eigenen Angaben umfassend über den Abschluss eines ersten Disziplinarverfahrens gegen die ehemalige Leiterin der Außenstelle. Damals sei es jedoch nur um einen vermuteten Missbrauch in weniger als 30 Fällen gegangen. Später allerdings ließen die Informationen aus dem Bamf offenbar nach: "Über den weiteren Verlauf hat das BMI erst am 19. April 2018 aufgrund der Mitteilung der polizeilichen Maßnahmen in Bremen (...) erfahren", sagt ein Sprecher gegenüber der Welt.

Man sei zwar informiert worden, dass Strafanzeige gestellt sowie ein Prüfbericht erstellt wurde und ein weiteres Disziplinarverfahren eingeleitet worden sei. Das eigentliche Ausmaß habe sich erst durch die Berichterstattung in der vergangenen Woche gezeigt. 

Verwandte Themen


Keine Kommentare