Kein Ruhmesblatt

Söders Frauenproblem spiegelt sich im Kabinett wider

Roland Englisch

Nürnberger Nachrichten

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8.11.2023, 15:27 Uhr
Auf den Tag einen Monat nach der Landtagswahl ist der Ministerpräsident vereidigt, steht das Kabinett, kann die Arbeit beginnen.

© Karl-Josef Hildenbrand, dpa Auf den Tag einen Monat nach der Landtagswahl ist der Ministerpräsident vereidigt, steht das Kabinett, kann die Arbeit beginnen.

Das neue Kabinett steht, echte Überraschungen sind ausgeblieben. Positiv betrachtet: Das bisherige Team hat sich bewährt, es kann seine Arbeit fortsetzen und für Kontinuität stehen. Es wäre nicht das schlechteste Zeichen in diesen unruhigen Zeiten.

Unter einem Viertel

Die Wahrheit allerdings ist: Söder hatte kaum Manövriermasse. Nicht nur, weil mehr als ein Drittel der CSU-Fraktion neu im Landtag ist und sich die Neuen erst bewähren müssen, auch so ist die Personaldecke der CSU dünn geworden, insbesondere bei den Frauen. Deren Anteil ist, beschämend genug, weiter gesunken, auf nurmehr 18,8 Prozent. Und das spiegelt sich nun auch im Kabinett. Dort besetzt die CSU nur drei von 13 Posten mit Frauen - nicht einmal ein Viertel.

Söder hat sich die Frauenförderung auf die Fahnen geschrieben. Doch in einer Männer-dominierten Partei wie der CSU ist das offenkundig ein aussichtsloses Unterfangen. Die Führung kann den unteren Ebenen nicht vorschreiben, wie sie ihre Direktmandate besetzen. Dort funktionieren die Männer-Seilschaften. Über die Liste schafft es bei der CSU niemand mehr ins Parlament. Eine Sackgasse für die Frauen.

Ein Problem auf Dauer

Daran ändert auch die Kosmetik nichts, die Söder mit dem Posten der zweiten Vizeministerpräsidentin versucht hat. Er weiß das selbst, er kennt das Frauenproblem seiner Partei, das sich auch bei den Wahlen niederschlägt. Die CSU schwächelt traditionell bei der Gruppe der unter 40-jährigen Frauen. Und das wird sich so schnell nicht ändern.

Für Söder ist das besonders bitter, denn ihm stehen ohnehin schwierigere Zeiten bevor. Auch für Bayern sind die goldenen Jahre vorerst vorbei. Auch hier bremst der Konjunktureinbruch das Wachstum, sprudeln die Steuerquellen nicht mehr uferlos. Söder und seine Regierung müssen ihre Ausgaben drosseln, eine für die erfolgsverwöhnten Bayern ungewohnte Disziplin.

Keine Königsdisziplin

Dass sie gefahrengeneigt ist, hat Söder hautnah miterlebt. Edmund Stoiber als sein Vorvorgänger hatte sich selbst das politische Grab geschaufelt mit rigiden Einschnitten. Söder hat deshalb bisher das exakte Gegenteil getan, die Milliarden übers Land gestreut und dafür auch von den Reserven gezehrt. Das wird er nicht mehr können.

Ein Blick in den Koalitionsvertrag dafür genügt. Er ist von seltener Unverbindlichkeit; fast jede Zusage ist konditioniert und bestenfalls vage bei ihrem finanziellen Horizont. Wenn überhaupt, schreibt er Mittel für Nürnberg, vor allem aber für München und sein Umland fest.

Der Norden muss aufpassen

Die Staatsregierung konzentriert sich zusehends auf den reichen Süden als wirtschaftlichem Motor. Der Norden muss aufpassen, dass er nicht den Anschluss verliert. Denn der Verteilungskampf wird in den kommenden Monaten und Jahren härter zwischen Bund und Ländern ebenso wie zwischen den bayerischen Regionen.

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