Wie werden unsere Schulen fit fürs Netz?

6.3.2013, 07:57 Uhr
Wie werden unsere Schulen fit  fürs Netz?

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In der Schweiz sieht das anders aus. Im Rahmen des Entwurfs „Lehrplan 21“ ist für alle 21 deutschsprachigen Kantone ab der ersten Klasse ein Unterrichtsfach Medienkompetenz vorgesehen. Digitale Medien sollen dabei gezielt für persönliche Bedürfnisse, zur Informationsbeschaffung und zum Lernen genutzt werden. Kindern wird frühzeitig ein verantwortungsvoller Umgang mit den sozialen Medien beigebracht. Neben den Potenzialen, die Netzwerke wie Facebook oder Twitter bieten, sollen auch deren Gefahren aufgezeigt werden. Dabei sind sich die Schweizer durchaus bewusst, dass das bestehende Rollenschema Lehrer und Lernender an manchen Stellen umgekehrt wird. Vielen Lehrern gehen nämlich jene technischen Kenntnisse ab, die ihre Schüler längst beherrschen.

Bei uns wird dieses fehlende Wissen lieber fächerübergreifend kredenzt. „Medienbildung spielt heute in allen Fächern eine Rolle“, erklärt Bernd Siebler, Staatssekretär im Ministerium für Unterricht und Kultus. Im Fach Deutsch werde „immer wieder“ etwas zur Medienerziehung angeboten. „Ethische Fragen können beispielsweise in Religion besprochen werden.“ Überdies gebe es auch noch einen eigenen Informatikunterricht.

Die Autorität der Lehrkräfte soll möglichst nicht untergraben werden. Siebler stellt daher klar: „Unser Fokus darf nicht auf der Technik liegen – für uns steht die Pädagogik im Vordergrund.“ Man müsse sich immer die Frage stellen, ob eine neue Technik einen Mehrwert für den Unterrichten haben kann. Laut Siebler passiere in Bayern aber schon „eine ganze Menge“: Dazu gehöre zum Beispiel das Projekt zur Etablierung von „Referenzschulen für Medienbildung“ — oder das seit Ende letzten Jahres angebotene Internetportal „mebis“, auf dem Lehrkräfte pädagogische Angebote finden, die sie für die Vermittlung von Medienkompetenz und für einen Unterricht mit modernen Medien nutzen können.

"SurfSafe" war die Initialzündung

Die von der Münchner Universität entwickelte Plattform „mebis“ steht allerdings nur den staatlichen Schulen zur Verfügung. Die städtischen Einrichtungen müssen selbst schauen, wo sie bleiben. Nürnbergs Schulbürgermeister Klemens Gsell (CSU) plädiert ebenfalls für eine „fächerübergreifende Medienerziehung“. Für Gsell war die SurfSafe-Veranstaltung im Oktober 2011 die große Initialzündung. 23000 Nürnberger Schüler sowie interessierte Eltern und Lehrer haben bei dieser vom städtischen Schulreferat, der Nürnberger Zeitung und der SpardaBank gemeinsam durchgeführten Veranstaltung Tipps und Infos für mehr Sicherheit im Internet erhalten. Die große Resonanz auf diese Veranstaltungsreihe belegt für Stefan Schindler, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Sparda-Bank Nürnberg, wie wichtig eine Einbindung des Themas „Medienkompetenz“ in den Lehrplan ist. Zumal das Internet „in vielen Berufen längst ein elementarer Bestandteil des Arbeitsalltags ist“.

Für Gsell sind durch SurfSafe wichtige Impulse gesetzt worden, die nun in die pädagogische Arbeit einfließen. Die Weiterbildung der Lehrkräfte hat dabei das städtische Institut für Pädagogik und Schulpsychologie übernommen. Institutsleiter Bernhard Jehle verweist auf zahlreiche Fortbildungsangebote, die in der Folge von SurfSafe gemacht wurden. Er räumt allerdings ein: „Die Lehrer rennen uns nicht unbedingt die Bude ein.“ Das liegt teilweise an den technischen Voraussetzungen. Während nämlich bei den Schulungen im Institut interaktive Boards zum Einsatz kommen, fehlen solche Voraussetzungen in den meisten Schulen. Teilweise liegt es aber auch am Interesse der Lehrer.

Jehle weist dabei allerdings auf ein interessantes Phänomen hin. In vielen Haupt- und Realschulen werde der Einsatz moderner Medien und die Vermittlung von Medienkompetenz zunehmend ernster genommen. Dagegen kopple sich manches „von Altphilologen dominiertes Gymnasium“ zunehmend von der Entwicklung ab.

Auch wenn Lehrer gezielter ausgebildet werden könnten, lehnt Jehle ein eigenes Fach Medienkompetenz ab. „Wenn wir solchen Forderungen immer nachgeben würden, hätten wir jede Menge zusätzliche Fächer, ich erinnere nur an Sexualkunde.“

Die Sicht derjenigen, die im Internet daheim sind, ist allerdings eine andere. So plädiert etwa die Vorsitzende des CSU-Netzrates, Dorothee Bär, seit Jahren für ein eigenes Schulfach „Medienkunde“, in dem Basiswissen vermittelt wird, auf dessen Grundlage digitale Medien fächerübergreifend eingesetzt werden können. „Ich halte es für utopisch, zu glauben, man könne diese grundsätzlichen Fragestellungen des digitalen Zeitalters quasi nebenbei behandeln.“ Ein Flickenteppich wie er gegenwärtig praktiziert werde, helfe keinem, meint die Bundestagsabgeordnete. „Für mich ist Medienkompetenz als Grundkompetenz heutzutage mindestens so wichtig wie Lesen, Schreiben und Rechnen — und niemand würde auf die Idee kommen, zu sagen, die Grundkenntnisse der Mathematik könne man ja auch fächerübergreifend mitlernen.“

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