Wütender Gaddafi beschimpft Demonstranten als "krank"

22.2.2011, 19:14 Uhr
Wütender Gaddafi beschimpft Demonstranten als

© dpa

Ein vor Wut schreiender Muammar al-Gaddafi hat am Dienstag in einer Fernsehansprache den von seinen Gegnern geforderten Rücktritt abgelehnt. „Ich bin kein Präsident, der zurücktreten kann“, sagte er. „Ich werde als Märtyrer sterben wie meine Großväter“, sagte der diesmal ganz in Braun gekleidete Oberst. Gleichzeitig versuchte er, die Bürger seines Landes doch noch auf seine Seite zu ziehen. Gaddafi, der von einem halb zerstörten Gebäude aus sprach, sagte: „Verräter beschmutzen das Image Eures Landes vor der ganzen Welt.“

Er rief: „Muammar al-Gaddafi ist kein Präsident, er ist der Führer der Revolution..(...) Dies ist mein Land, das Land meiner Großväter und eurer Großväter.“ Zu dem Aufstand sagte er, eine kleine Gruppe von jungen Leuten, denen man Tabletten gegeben habe, attackierten die Polizeiwachen, „wie die Ratten“. Diese Leute seien krank. Gaddafi stand während seiner Rede im Eingang eines Gebäudes in Tripolis, das die USA 1986 bombardiert hatten. Damals starben 36 Zivilisten, darunter eine Adoptivtochter Gaddafis.

Regime verliert Kontrolle

Die Lage in dem für ausländische Medien abgeschotteten nordafrikanischen Land spitzt sich weiter zu. Ungeachtet der Versuche von regimetreuen Sicherheitskräften und Söldnern, die Proteste blutig niederzuschlagen, weiteten diese sich weiter aus. Mehrere Städte vor allem im Osten des nordafrikanischen Landes sollen inzwischen unter Kontrolle der Regierungsgegner stehen.

In der zweitgrößten Stadt Bengasi sollen ganze Militäreinheiten desertiert sein, wie die in Paris ansässige Internationale Menschenrechtsföderation berichtet. Unterschiedlichen Angaben zufolge wurden seit Beginn der Proteste vor einer Woche bis zu 400 Menschen getötet. Berichte des arabischen Fernsehsenders El Dschasira, wonach die Luftwaffe Demonstranten in Tripolis und Bengasi angegriffen habe, wies Gaddafis Sohn Seif el Islam zurück. Die Streitkräfte hätten Munitionslager bombardiert, die weit außerhalb bewohnter Stadtgebiete lägen, aber keine Städte, wurde er vom Staatsfernsehen zitiert.

Diplomaten wenden sich ab

Angesichts der tagelangen gewaltsamen Proteste gegen Libyens Machthaber Muammar el Gaddafi haben sich zahlreiche Diplomaten und andere ranghohe Regierungsvertreter in aller Welt von der Führung in Tripolis distanziert. Libyens Botschafter in den Vereinigten Staaten, Ali Audschali, verlangte am Dienstag im US-Fernsehsender ABC Gaddafis Rücktritt. „Gehen Sie und lassen Sie unser Volk in Frieden“, sagte er. Seinen Botschafterposten lege er nieder, weil er nicht länger „einem diktatorischen Regime“ dienen wolle. „Ich werde aber nicht aufhören, meinem Volk zu dienen, bis seine Stimme in der ganzen Welt gehört wird“, fügte der Diplomat hinzu.

Mehrere libysche Diplomaten um den Vertreter bei den Vereinten Nationen, Ibrahim Dabbaschi, riefen die libysche Armee zum Sturz Gaddafis auf. Sie nannten ihn einen „Tyrannen“ und warfen ihm „Völkermord“ vor. In Bangladesch trat Botschafter Ahmed A. H. Elimam zurück. Der ständige Vertreter Libyens bei der Arabischen Liga, Abdel Moneim el Honi, hatte bereits am Sonntag seinen Posten niedergelegt. Am Montag folgten Libyens Botschafter in Indien und in ranghoher Diplomat in China.

Briten schicken Kriegsschiff

Großbritannien hat ein Kriegsschiff in die internationalen Gewässer nahe Libyen beordert. Die Fregatte HMS Cumberland sei vom östlichen Mittelmeer in die Nähe Libyens geholt worden, sagte der britische Außenminister William Hague am Dienstag in London. Er sprach von einer Vorbereitung für den Fall, «dass sie angefordert wird, um eine Rolle bei der Hilfe für britische Bürger zu spielen».