Mehr Fälle bei unter 50-Jährigen

Krebspatienten werden immer jünger: Wissenschaftler liefern mögliche Gründe

Saskia Muhs

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17.4.2024, 16:16 Uhr
Von 148.724 Menschen wurden im Rahmen der Studie Blutproben entnommen (Symbolbild).

© Hendrik Schmidt/Hendrik Schmidt/dpa Von 148.724 Menschen wurden im Rahmen der Studie Blutproben entnommen (Symbolbild).

Ein internationales Forscherteam der chinesischen Zhejiang Universität hat herausgefunden, dass die Zahl der an Krebs erkrankten Menschen im Alter zwischen 14 und 49 Jahren in den letzten drei Jahrzehnten um 79 Prozent gestiegen ist. Im untersuchten Zeitraum, zwischen 1990 und 2019, sei demnach nicht nur die globale Inzidenz von Krebserkrankungen bei jüngeren Menschen deutlich gestiegen – auch die Todesfälle erhöhten laut der Studie um 27,7 Prozent.

Die meisten Menschen starben laut der Forscher an Brust,- Luftröhren,- bzw. Kehlkopfkrebs und Krebs der Atemwege sowie an Magen- und Darmkrebs. Die Ursachen dafür sind gemeinhin bekannt: Ein ungesunder Lebensstil, sprich eine ungesunde Ernährung (wird in der Studie definiert als eine Ernährung mit viel rotem Fleisch, wenig Obst, sehr salzhaltig und arm an Milchprodukten) sowie der Konsum von Alkohol und Tabak. Nun wurde jedoch eine weitere mögliche Ursache für den Anstieg der Krebserkrankungen bei jüngeren Menschen erkannt: das biologische Alter.

Studie mit rund 150.000 Probanden

Dass mit zunehmendem Alter auch das Risiko steigt, an Krebs zu erkranken, ist nichts Neues – doch auch das biologische Alter – also vereinfacht ausgedrückt, wie "verbraucht" unser Körper ist, scheint laut den Wissenschaftlern eine nicht unerhebliche Rolle zu spielen. Doch wie misst man das biologische Alter?

Die American Association of Cancer Research hat im Rahmen einer Studie zum Thema biologisches Alter Blutproben von fast 150.000 Menschen genommen. Diese Proben wurden auf neun Marker untersucht, die im Zusammenhang zum biologischen Alter stehen sollen. Dazu gehört das Protein Albumin, das im menschlichen Alterungsprozess nach und nach abnimmt. Menschen mit niedrigen Kreatinin-Werten im Blut haben demnach offenbar eine höhere Lebenserwartung. "Kreatinin ist ein Abbauprodukt der Säure Kreatin, die die Muskeln mit Energie versorgt" erklärt das Fachportal "Internisten im Netz".

Außerdem wurde das Blut auf den Glukosewert untersucht, welcher mit steigendem Alter nach dem Essen tendenziell länger erhöht bleibt als bei jungen Menschen. Hinzu kommen Marker wie C-reaktives Protein, der Anteil an Lymphozyten, das Zellvolumen sowie die Erythrozyten Verteilung, die alkalische Phosphatase und die Zahl der weißen Blutkörperchen. Alle diese Werte steigen oder sinken mit zunehmendem Alter für gewöhnlich und eignen sind daher in der Lage darüber Aufschluss über das biologische Alter eines Menschen zu geben.

Wer nach 1965 geboren wurde altert schneller

Die Forscher verglichen daraufhin das anhand der Blut-Marker gemessene biologische Alter mit dem tatsächlichen Alter der Probanden. Dabei stellte sich heraus, dass Menschen, die nach 1965 geboren wurden, mit einer 17 Prozent höheren Wahrscheinlichkeit schneller alterten, als Menschen, die zwischen 1950 und 1954 geboren wurden. Konkret bedeutet das: Jüngere Menschen altern derzeit schneller und erkranken dadurch auch jünger an Krebs.

Die stärksten Verbindungen bestehen dabei bei Lungen-, Magen- und Darmkrebs, sowie Gebärmutterkrebs. Um jede Standardabweichung, um die das beschleunigte Altern zunimmt, erhöht sich demnach das Risiko für frühen. Wer schneller altert, hat ein bis zu 42 Prozent höheres Risiko an Lungenkrebs zu erkranken, bei Magen-Darm-Krebs kann das Risiko um bis zu 22 Prozent steigen.

Warum genau diese Krebsarten besonders betroffen sind, wird in der Studie nicht untersucht. Ruiyi Tian, eine der Wissenschaftlerinnen, die an der Studie beteiligt waren, vermutet jedoch, dass beispielsweise die Lunge stärker betroffen ist, weil das Organ weniger Möglichkeiten zur Regeneration hat, heißt es in einem Interview mit CNN.

Eine Schwachstelle der Studie ist, dass die Ergebnisse eine reine Momentaufnahme sind und die Probanden nicht über einen längeren Zeitraum in Hinblick auf ihr biologisches Alter untersucht wurden.

Ergebnisse könnten Vorsorge revolutionieren

Dennoch seien die Ergebnisse "spannend" sagt Dr. Anne Blaes von der University of Minnesota gegenüber CNN. Sie erforscht den Einfluss des biologischen Alters in Hinblick auf Krebs-Patienten, welche ihre Erkrankung überlebten.

Baes denkt, dass man anhand der Blut-Marker schon früh identifizieren könnte, wenn jemand schneller biologisch altert und somit auch vorzeitiger Maßnahmen zur Krebsvorsorge ergreifen kann – sollten sich die Ergebnisse der Studie von 2023 bewahrheiten.

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