Forschungsergebnisse

Gegen Stress im Alltag: Diese Maschine streichelt auf Knopfdruck

Andreas Hofbauer

Volontär

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11.4.2023, 12:43 Uhr
Dieses Gerät soll Menschen gegen Stress helfen.

© Yiran Zhao, Yujie Tao / People-Aware Computing Lab Dieses Gerät soll Menschen gegen Stress helfen.

Laut einer Studie des Meinungsforschungsinstitut Ipsos anlässlich des "Welttages für psychische Gesundheit" im Oktober 2022 hat sich die Mehrheit der Deutschen pro Jahr mindestens einmal so gestresst gefühlt, dass es sich auf das tägliche Leben ausgewirkt hat. Die Hälfte aller Befragten hat wenigstens einmal eine so starke Stressbelastung gehabt, dass sie das Gefühl hatten, sie könnten die Anforderungen des Lebens nicht mehr bewältigen. Auch weltweit spielt Stress eine zentrale Rolle bei den Menschen. Das internationale Stresslevel liegt bei einem Rekordwert von 44 Prozent. In den Vereinigten Staaten sogar bei 52 Prozent, wie aus dem Bericht "State of the Global Workplace 2022" hervorgeht.

Stress reduzieren mit "Wearable": Daran arbeiten Forschende

Kein Wunder also, dass sich auch Forschende sowie Expertinnen und Experten mit Möglichkeiten beschäftigen, die dabei helfen sollen, Stress zu reduzieren. Eine Forschungsgruppe der Cornell University in New York hat dafür ein tragbares Gerät entwickelt. Damit sollen Menschen unterwegs gestreichelt werden. Ein erster Prototyp von der Forschungsgruppe um Yiran Zhao vom Institut für Informationswissenschaften mutet noch etwas unhandlich an, soll aber immer kleiner und alltagstauglicher werden. Bei dem Prototyp handelt es sich um ein mechanisiertes, tragbares Gerät, das an der Oberseite des Unterarms getragen wird und mithilfe von Federn und einem elektrischen Antrieb ein Stück Kunstfell über die Haut streicht. Das Gerät empfindet ein Bürstengefühl nach und verschafft dem Träger dadurch ein Gefühl der Beruhigung.

Für eine Streichel-Maschine habe man sich entschieden, weil man in der Vergangenheit "affektive Berührungen als einen neuen Weg zur passiven Linderung von Ängsten im Moment des Geschehens" untersucht habe, heißt es vom Forschungsteam. Anders als andere Geräte sei es mit dem entwickelten Streichel-Apparat möglich, Menschen während eines Ereignisses, etwa bei der Erledigung wichtiger Aufgaben oder bei der Bewältigung zwischenmenschlicher Konflikte, bei denen ein hohes Angstniveau herrsche, zu unterstützen.

Für ihren Prototypen haben die Forschenden sich auf neurowissenschaftliche Erkenntnisse über das Berühren der Haut gestützt. Demnach könne das langsame Streichen über die Haut nicht nur ein angeborenes Wohlgefühl hervorrufen, sondern auch in Stresssituationen einen starken positiven Einfluss haben.

Experiment zeigt Wirksamkeit

Getestet wurde der Prototyp in einem Experiment mit 24 Teilnehmenden. Dabei wurden die Teilnehmenden mit Stresssituationen konfrontiert. Eine Gruppe hatte den Streichel-Apparat um, die andere nicht. Laut den Forschenden zeigten die Ergebnisse, dass alle Teilnehmenden, die "affektive Berührungen erhielten, im Vergleich zu den Teilnehmenden der Kontrollgruppe einen geringeren Angstzustand und das gleiche physiologische Stressreaktionsniveau aufwiesen". Das bedeutet: Zwar beruhigt das Gerät, der Stress wird durch das Streicheln jedoch indirekt reduziert. Außerdem haben die Forschenden festgestellt, dass die affektiven Berührungen die Emotionsregulierung erleichtert hatten, indem sie "Angenehmes vermitteln, emotionale Unterstützung bieten und die Aufmerksamkeit verschieben".

Aufgrund der Testergebnisse beschäftigt sich das Forschungsteam auch mit der unmittelbaren Wirkung von affektiver Berührung auf Angst und physiologischen Stress und den Vorteilen von affektiver Berührung als passive Intervention. Zudem gebe es Überlegungen, die Streichel-Maschine so zu verkleinern, dass sie auch in eine Smartwatch passt. Darüber hinaus habe man sich bereits erweiterte Funktionen überlegt, darunter Vibrationseffekte. Ein weiterer Wunsch der Forschenden ist, dass die Trägerinnen und Träger der Streichel-Maschine diese nicht selbstständig einschalten müssen, sondern dass sie sich automatisch aktiviert, wird Zhao im "New Scientist" zitiert. Zaos Ziel sei es, Innovationen zu entwickeln, "die Menschen helfen können, während sie etwas anderes tun."

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