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Exotischer, günstiger Urlaub nur 300 Kilometer entfernt: Das erleben Sie auf dieser Tschechien-Reise

Matthias Niese

Leben / Magazin am Wochenende / Gute Reise

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29.7.2023, 06:00 Uhr
Blick über Krumau vom Schlossturm.

© Matthias Niese Blick über Krumau vom Schlossturm.

Endlich Ferien! Wir haben angesichts der Preise lange gezögert. Und diesmal haben wir keine Lust auf eine weite, ermüdende Anreise, wir haben auch nicht viel Zeit. Außerdem waren wir schon so oft in Kroatien, Italien, Österreich. Kennen wir eigentlich unser nächstes Nachbarland Tschechien? Das ist nur 130 Kilometer ab Nürnberg gleich hinterm Oberpfälzer- und Bayerischen Wald gelegen - und im Böhmerwald genauso hügelig und schon etwas exotisch.

Wir kennen es kaum und waren schon ewig nicht mehr dort. Kann man da ohne und mit Kindern genug unternehmen? Tschechien-Urlaub ist zudem deutlich günstiger als hier und andernorts, die Preise sind rund ein Drittel niedriger. Familien können sich also richtig viel gönnen!

Wir haben es ausprobiert und uns einen Maximalradius von rund 330 Kilometern vorgegeben, der uns via Pilsen nach Prag und von dort durch Mittel- nach Südböhmen durch hübsche Städtchen und Landschaften bis an den größten See geführt hat, gleich am Dreiländereck Deutschland-Österreich-Tschechien gelegen.

Diese Reise ist mit Auto oder Camper machbar

Wir hatten Kinder dabei und sind bevorzugt auf überraschend moderne Campingplätze gefahren, die auch Häuschen oder Glamping-Zelte vermieten. Sie können diese Reise also auch ohne Wohnmobil oder Caravan mit Zelt oder nur mit dem Auto nachmachen oder sich überall bequem ein Zimmer suchen. Wir haben viel mit den Kindern unternommen, der Papa wurde fast jeden Abend mit einer Einkehr in einer Brauereigaststätte belohnt. Hier unsere Tipps:

Dobrzan/Dobrany: Sie fahren über Pilsen nach Prag und sind unterwegs hungrig, haben Durst? Fahren Sie nach 200 Kilometern nicht in Pilsen in die berühmte Brauereigaststätte, sondern gleich südlich davon nach Dobrany. Sie entdecken ein Kleinstädtchen mit hübschem Marktplatz und normalem Alltagsleben, dazu mit der St. Vitus-Kirche ein barockes Juwel mit Altar in der Mitte. Ähnliche Gebäude gibt es in Mitteleuropa nur noch zwei.

Gleich am Marktplatz liegt der Brauereigasthof Modrá Hvězda mit Biergarten, großem Spielplatz, gemütlicher Stube, gutem Essen und zwölf (!) selbstgebrauten Bieren am Hahn. Wer danach nicht mehr fahren mag oder kann, nimmt sich im Haus ein Zimmer, bevor es anderntags in die 110 Km entfernte Metropole geht. Wir durften mit dem Wohnmobil genau vor der Brauerei übernachten.

Mit dem Wohnmobil übernachten wir in Dobrany genau vor der Brauerei Modrá Hvězda am Marktplatz. 

Mit dem Wohnmobil übernachten wir in Dobrany genau vor der Brauerei Modrá Hvězda am Marktplatz.  © Matthias Niese

Prag: Über die tschechische Hauptstadt muss man nicht viel schreiben, sie zählt zu den schönsten und von Touristen meistbesuchten Städten der Welt - ein Tag reicht kaum. Also haben wir uns gleich südlich der Stadtgrenze von Wiesen und Dörfern umgeben auf der Camping Oase Praha einquartiert - direkt vorm Eingang ist die Haltestelle, in der Ferne sehen wir die Millionenstadt, in gut einer Stunde sind wir mit einmal Umsteigen per Bus und Tram an der Karlsbrücke.

Sie können sich mit einem Reiseführer die Stadt anschauen oder auf dem Campingplatz eine Stadtführung buchen - der Guide holt Sie an der Bushaltestelle ab. Machen Sie auch die kurzweilige Bootstour von Prague-Venice, die gleich unterhalb der Karlsbrücke die Stadt vom Wasser aus in historischen Bootsnachbauten zeigt. Brauereien aller Größen und Qualitäten gibt´s mehr als genug, ergoogeln Sie die, auf die Sie Lust haben. Hier ein Tipp.

Der Campingplatz ist mit vier Spielplätzen, Innen- und Außenpool und Kinderanimation so familienfreundlich, dass manche einige Tage dort entspannen und sich den Besuch Prags auf mehrere, gut verdauliche Häppchen aufteilen. Einen Tag sollten Sie dem nahen Aquapalace widmen, einem Spaßbad mit riesigem Saunabereich, Wildwasserfluss und mindestens 12 Rutschen aller Schwierigkeitsgrade.

Auf Bootstour ab Karlsbrücke auf der Moldau.

Auf Bootstour ab Karlsbrücke auf der Moldau. © Matthias Niese

Tábor: Das südböhmische Städtchen mit stolzen Bürgerhäusern liegt hoch auf einer Klippe über einem künstlichen See. Es ist einer dieser Orte, die kaum ein Tourist so recht auf dem Schirm hat, die wunderschön, aber nicht überlaufen sind. Hier können Sie einen halben Tag lang herrlich bummeln, das Hussitenmuseum und die unterirdischen Gänge besuchen oder den Kirchturm besteigen, um anschließend im netten Gasthaus U Zeleneho Stromu einzukehren. In der Nähe ist das Camping- und Urlaubsresort Knížecí rybník (Fürstenreich), Sie finden aber auch im Zentrum genug Zimmer.

Am Brunnen im hübschen Städtchen Tabór.

Am Brunnen im hübschen Städtchen Tabór. © Matthias Niese

Budweis/Budvar: Wie bei Pilsen denkt jeder sofort an das berühmte Bier aus der Stadt - und in der Tat kommen viele nur hierher, um die Großbrauerei zu besuchen, die das meiste Bier in alle Welt exportiert. Die Führungen gibt´s auch auf Deutsch - am Ende wird ein frisches Lager im 2 Grad kalten Keller verkostet. Sie verwenden pulverisierten Doldenhopfen, während hiesige Fabrikbrauer Farbstoffe und Extrakte ins schale Bier kippen. In Budweis gönnen sie dem Bier drei Monate Ruhe im Keller - auch das bei Brauereien dieser Größe eher unüblich. Wir haben uns in der Stadt ein Zimmer genommen, den hübschen Marktplatz mit seinen Arkaden angeschaut und sind abends in der jungen Kleinbrauerei Solnice auf Gulasch mit Serviettenknödeln eingekehrt.

In Budweis muss unbedingt die Brauerei besichtigt werden.

In Budweis muss unbedingt die Brauerei besichtigt werden. © Matthias Niese

Böhmisch Krumau/Český Krumlov: Was für ein Extrem zum beschaulichen Tabór und der Brauerstadt Budweis! Krumaus historisches Zentrum verteilt sich über drei Halbinseln, durch die die Moldau mäandert. Überragt wird die wunderschöne Stadt von der zweitgrößten Burganlage des Landes. Hier herrschten über Jahrhunderte die Schwarzenberger, eines der bedeutendsten Adelsgeschlechter Böhmens, das aus Unterfranken stammt.

Krumau ist voller Touristen, darunter viele Asiaten, die morgens einfallen und am Nachmittag die Stadt wieder verlassen. Ein Stadtrundgang lohnt unbedingt - laufen Sie hier unsere Tour nach, die uns auf Nachfrage im Tourismusbüro empfohlen wurde. Sie klappert alle Sehenswürdigkeiten ab, darunter das Burgmuseum mit Turm, das Egon-Schiele-Kunstzentrum oder den Klosterbezirk. Es gibt in einem ruhigeren Bezirk natürlich auch eine Brauerei mit Ausschank.

Ein Fotoatelier mit einem Schatz, der auch Kinder begeistert

Besuchen Sie die sehenswerte Jugendstilvilla des Fotoateliers Seidel - in dem Haus entdeckten Forscher vor einigen Jahren einen Schatz aus Tausenden Glasnegativen und Abzügen, die die Geschichte der Sudetendeutschen und Tschechen im Deutsch-Böhmischen Grenzgebiet vor dem 2. Weltkrieg dokumentiert. Das Haus voller Originalinventar wurde liebevoll in seinen Originalzustand zurückversetzt und gewann unter anderem einen 1. Preis als bestes Museum des Landes - auch die Kinder waren fasziniert. Den Eintritt in fünf Sehenswürdigkeiten bekommen Sie kompakt auch mit der Český Krumlov Card.

Die Stadt ist voller asiatischer Touristen, die sich in den ewig gleichen Posen selbst ablichten. Ein Spektakel für sich.

Die Stadt ist voller asiatischer Touristen, die sich in den ewig gleichen Posen selbst ablichten. Ein Spektakel für sich. © Matthias Niese

Lipno-Stausee: Nun ist es mit 25 Kilometern nur noch ein Katzensprung an den Lipno-Stausee, von der Moldau gespeist und mit 48,7 Quadratkilometern der Größte des Landes. An seinem fjordartigen Ufer mit Wiesen- und Sandstränden liegen mehrere Campingplätze, wir quartieren uns auf dem Camping Frymburk ein, gleich neben dem ehemaligen Städtchen Friedberg auf mehreren Wiesenterrassen gelegen. Vor allem Familien und Angler aus dem nahen Oberösterreich, Niederbayern und Tschechien machen hier Urlaub - unter anderem wollen sie ab Hohenfurt/Vyšší Brod mit dem Kanu die Moldau hinabpaddeln.

Sie sind nicht die einzigen - das Abenteuer macht wirklich Spaß, ist aber eher Fun denn Flussromantik. Es zeigt alle Erscheinungen des Massentourismus: Ohne Einweisung suchen sich hunderte meist tschechische Urlauber zeitgleich Rettungswesten und Paddel heraus. Einige haben schon ihr erstes Bier getrunken, bevor sie sich ihr Kanu selbst ins Wasser wuchten und später ein paar enge Kanäle an Wehren durchsteuern müssen. Entlang der Moldau entern sie überlaufene Biergärten, und selbst auf dem Wasser haben wir auf der ersten Etappe bis ins 10 Kilometer entfernte hübsche Rosenberg/Rožmberk mindestens vier schwimmende Bars gezählt. Starten Sie daher am besten ganz früh als erste!

Die Kanutour auf der Moldau in der Nähe ist dem Massentourismus anheimgefallen. Auf dem Wasser verläuft es sich etwas, aber an den Hotspots ist ein einziges Gedränge.

Die Kanutour auf der Moldau in der Nähe ist dem Massentourismus anheimgefallen. Auf dem Wasser verläuft es sich etwas, aber an den Hotspots ist ein einziges Gedränge. © Matthias Niese

Die zweite Etappe haben wir uns geschenkt, manche paddeln den ganzen Tag in entsprechendem Zustand weiter über Nahorany bis nach Krumau. Beschaulicher ist da die einstündige Tour mit dem Kaffee-Dampfer der Lipno Line ab Frymburk hinaus auf den See und zurück.

Das touristische Highlight am See liegt oberhalb des Hauptortes Lipno: Mit der Seilbahn des Skigebietes fahren Sie bequem zum Baumwipfel-Turm, wie es ihn auch im Bayerischen Wald gibt. Direkt daneben liegt das Königreich des Waldes mit Klettergerüsten, Seilbahnen, Holzhäuschen, Kletterwänden, Trampolinkissen und einem Zoo - die Kinder können sich hier schon wieder wunderbar austoben.

Mehr Informationen:
www.visitczechia.com, www.jiznicechy.cz/de

Anreise:
Mit dem Auto 300 Kilometer ab Nürberg nach Prag, mit dem Zug ab 5 Stunden, Flixbus ab 3:40 Stunden. Nach Lipno mit dem Auto 311 Kilometer, keine empfehlenswerte Zugverbindung

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