Feste Zeiten

Ruhestörung und Lärmbelästigung: Ab wann droht der Nachbarschaftsstreit?

Elias Thiel

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20.7.2023, 07:30 Uhr
Siesta gibt es auch in Deutschland - die Mittagsruhe.

© Peter Endig via www.imago-images.de Siesta gibt es auch in Deutschland - die Mittagsruhe.

In diesem Artikel:

In Deutschland existiert eine Vielzahl an Lärmschutz-Gesetzen. Darunter fallen zahlreiche Verhaltensweisen wie nervige Laubbläser, Betonmischer oder dröhnende Bohrgeräusche, die nicht zu jeder Tageszeit erlaubt sind. Fest steht: Anwohner müssen nicht jede Lärmbelästigung ihrer Nachbarn hinnehmen. Doch ab wann gelten Geräusche als Lärmbelästigung und wann gelten die Ruhezeiten?

Lärmbelästigung und Ruhestörungen gehören zu den Ordnungswidrigkeiten und sind in Paragraf 117 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) verankert. "Ordnungswidrig handelt, wer ohne berechtigten Anlass oder in einem unzulässigen oder nach den Umständen vermeidbaren Ausmaß Lärm erregt, der geeignet ist, die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft erheblich zu belästigen oder die Gesundheit eines anderen zu schädigen."

Wer seine Umgebung erheblich durch Lärm belästigt, handelt demnach ordnungswidrig, wenn es dazu keinen guten Grund gibt oder man den Lärm hätte vermeiden können. Diese Vorgabe dient zum Schutz vor einer Schädigung der Gesundheit, der Belästigung der Allgemeinheit und der Nachbarschaft. Bei einer derartigen Ordnungswidrigkeit drohen hohe Geldstrafen.

Die Nachtruhe verbietet in Deutschland Tätigkeiten, welche die nächtliche Ruhe stören und lauter als Zimmerlautstärke sind.

Eine Lärmbelästigung ist nicht nur der Grund für häufigen Nachbarstreit. Zugleich kann übermäßiger Lärm auch der Gesundheit schaden. Daher ist in Deutschland der Umgang mit Lärm in vielen Verordnungen und Gesetzen geregelt: Lärmregelungen existieren im Bundesimmissionsschutzgesetz, im Landesimmissionsschutzgesetz sowie in verschiedenen kommunalen Verordnungen. Gleichzeitig gibt es für Ruhezeiten und Lärmbelästigung auch privatrechtliche Regelungen durch eine Hausordnung. Die Gesetzgebung unterscheidet sich in Bundesländern sowie Kommunen. Deshalb lohnt sich immer ein Blick auf die aktuelle Gesetzgebung, um keine Ruhestörung zu begehen.

Um nicht gegen § 117 OWiG "unzulässiger Lärm" zu verstoßen, sollten sich Bewohner an die gesetzlichen Ruhezeiten halten. Ruhezeiten wie die Mittagsruhe sind jedoch nicht einheitlich im Bundesgesetz verankert. Die Ruhezeiten unterscheiden sich in den einzelnen Bundesländern und werden meist auf kommunaler Ebene festgesetzt. Welche Ruhezeiten für die eigene Wohngegend gelten, erfährt man beim zuständigen Umwelt- und Ordnungsamt.

Für Sonn- und Feiertage gilt die Ruhe bundesweit. Dann dürfen Geräusche nicht lauter als Zimmerlautstärke sein. Auch die gesetzliche Nachtruhe gilt für ganz Deutschland von 22:00 Uhr bis 6 Uhr oder 7 Uhr am nächsten Morgen.

Die Feiertage 2023 können Sie in unserem Beitrag finden.

Der Einsatz lautstarker Geräten und Maschinen ist im Bundesimmissionsschutz-Gesetz für Wohngebiete geregelt. Für bestimmte Maschinen legt das BImSchV Ruhezeiten fest.

Bundesweite Ruhezeiten:

  • Sonn- und Feiertagsruhe von 0 Uhr bis 24 Uhr
  • Die Nachtruhe gilt von 22 Uhr bis 6 oder 7 Uhr

Interessanter Fakt: Während in den meisten Bundesländern die Nachtruhe um 22:00 Uhr beginnt, gibt es in Bayern eine Sonderregelung für Biergärten. Die Biergartenverordnung regelt die Anforderungen für schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche in Biergärten in der Nähe von Wohnhäusern. Die Biergartenverordnung schreibt folgende Regeln vor:

  • Die Musik muss bis spätestens 22Uhr eingestellt werden.
  • Getränke und Essen dürfen bis spätestens 22.30 Uhr ausgegeben werden.
  • Bis 23 Uhr muss der Straßenverkehr abgewickelt werden. Entsprechend ist die Betriebszeit zu planen.

    Ob eine Lärmbelästigung vorliegt, wird von mehreren Faktoren beeinflusst und ist abhängig vom Einzelfall. Wer an einer wenig befahrenen Straße und in einer verkehrsberuhigten Zone wohnt, muss weniger Verkehrslärm hinnehmen als die Anwohner einer stark befahrenen, vierspurigen Straße. Die Häufigkeit des Lärms sowie die Art und Weise spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle.

    Lärmbelästigung durch elektronische Geräte

    Wann ein Geräusch zur Lärmbelästigung wird, hängt bei elektronischen Geräten von der Uhrzeit, dem Ort und dem sonstigen Umfeld ab.

    In Wohngebieten in ganz Deutschland gilt in der Zeit von 7 bis 9 Uhr, von 13 bis 15 Uhr und 17 bis 20 Uhr ein grundsätzliches Betriebsverbot für bestimmte, besonders laute Geräte. Dazu gehören beispielsweise Laubsammler und -bläser. Die zuständige Behörde kann weitere Einschränkungen festlegen, aber auch Ausnahmen von machen.

    Die Rechtslage ist also gar nicht so einfach. Deshalb sollte man sich immer gut über das eigene Gerät informieren oder bestenfalls den Einsatz einfach außerhalb der Ruhezeiten planen.

    Lärmschutz in Häusern und Wohnungen

    Oftmals finden sich die gesetzlich verankerten Ruhezeiten auch in den Hausordnungen wieder. Diese orientieren sich an den Lärmschutzverordnungen der Länder. Der Mieter akzeptiert die Hausordnung mit einer Unterschrift unter den Mietvertrag. Fortan muss er sich an die Vorschriften zum Lärmschutz halten.

    Häufig findet man in Hausordnungen von Mehrfamilienhäusern eine Mittagsruhe von 13 bis 15 Uhr. Die Nachtruhe orientiert sich an den bundesweiten Ruhezeiten. Die Arbeit von Handwerken gilt als vertretbare Geräuschentwicklung und zum gesetzlich definierten "bestimmungsgemäßen Gebrauch einer Mietsache".

    In geschlossenen Räumen gilt die Faustregel, dass die Zimmerlautstärke eingehalten wird und die Geräusche nicht lauter als 40 Dezibel sind, während im Freien 50 Dezibel nicht überschritten werden dürfen. Nachts sollten wahrnehmbare Geräusche nicht lauter als 30 Dezibel sein. Alles, was darüber hinausgeht, überschreitet die Zimmerlautstärke. Dabei spielen auch das Alter und die Bauweise des Hauses eine entscheidende Rolle: Neubauten mit modernem Schallschutz sind deutlich weniger hellhörig als Altbauten. Erneut kommt es auf den Einzelfall an.

    In Deutschland gilt sonntags eine ganztägige Ruhezeit. Folglich sollte man die Zimmerlautstärke nicht wissentlich überschreiten. Dies gilt übrigens nicht für Samstage, die gesetzlich als Werktage gelten.

    Ruhestörung durch die Nachbarn

    Ruhestörung und Nachbarn vertragen sich nicht gut. Lärmbelästigung ist ein verbreiteter Grund für jahrelangen Streit zwischen Nachbarn. Wer durch eine Ruhestörung beeinträchtigt wird, kann vor Gericht die Unterlassung des störenden Verhaltens verlangen. Unabhängig davon kann gegen den Verursacher ein Bußgeld wegen Ruhestörung verhängt werden. Bei Wiederholungsfällen kann die Polizei die Störer als letztes Mittel sogar aus der eigenen Wohnung verweisen. Wenn der Störer Mieter einer Wohnung ist, muss er mit einer Abmahnung rechnen. Schlimmstenfalls droht ihm bei Wiederholung auch eine Kündigung des Mietverhältnisses.

    Einige Geräusche müssen von Nachbarn einfach hingenommen werden. Dazu gehören die Toilettenspülung sowie das Auf- und Zuziehen der Rollladen. Die Nachbarn müssen alltägliche Geräusche hinnehmen:

    Kinderlärm

    Kinderlärm ist natürlicher Ausdruck der kindlichen Entfaltung. Auch das Getrampel und Gepolter der Kinder sind in der Regel als typisches und zumutbares Verhalten. Der Lärm von spielenden Kindern auf Kinderspielplätzen ist ebenfalls zumutbar, sodass hier die Lärm-Immissionsgrenzen des Bundesimmissionsschutzgesetzes nicht gelten.

    Achtung: Wer als Mieter auf den subjektiv empfundenen Lärm selbst mit Lärmattacken reagiert, kann eine fristlose Kündigung erhalten.

    Tiere

    Das Bellen eines Hundes gehört zu den normalen Geräuschen in einem Mehrfamilienhaus und berechtigt somit nicht zu einer Mietminderung, wenn Haustiere entsprechend der Hausordnung in der Wohnung gehalten werden. Nichtsdestotrotz muss der Hundebesitzer dafür sorgen, dass beispielsweise der Hund die Ruhe- und Nachtzeiten weitgehend einhält und nicht ununterbrochen bellt.