1500 Behördenstellen aufs Land: Söders Geheimkonzept

2.3.2015, 18:04 Uhr
1500 Behördenstellen aufs Land: Söders Geheimkonzept

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Es gilt höchste Geheimhaltungsstufe: Das Konzept zur Verlagerung von 1500 Behördenstellen aus den Ballungsräumen aufs Land soll bis Mittwoch unter Verschluss bleiben. Um das zu gewährleisten, kennen in der Staatsregierung mutmaßlich nur Finanzminister Markus Söder und Ministerpräsident Horst Seehofer den ganzen Plan. Alle anderen Minister und Staatssekretäre sind nur in Teilbereiche eingeweiht. Der größte Teil der CSU-Fraktion tappt ebenso im Dunkeln wie Beamtenbund, Opposition und Journalisten.

Die umfangreiche Geheimhaltung dient der Vorbereitung einer Aktion, die Söder bei der Erstankündigung vor einem knappen Jahr ein „sehr ehrgeiziges Projekt“ nannte, „vielleicht eines der größten seit 30 Jahren“. Nun wird bayernweit in knapp 30 Landkreisen auf neue Landesbedienstete gehofft, deren Arbeitsplätze größtenteils aus München ausgelagert werden sollen.

„Es hat in den vergangenen Jahrzehnten keine einzige Behördenverlagerung gegeben, die nicht der jeweiligen Region geholfen hat“, sagte der Finanzminister am Montag. Fraglich ist jedoch, ob die Staatsregierung die großen Erwartungen wirklich erfüllen kann. Ein Erfolg wäre keineswegs nur für Söder wichtig, sondern auch für Seehofer, der seit Jahresbeginn vor allem mit Ärger konfrontiert ist - ob um den Mindestlohn oder die Energiewende.

Enttäuschte Hoffnungen?

Eigentlich sollte der Behördenplan schon bis Sommer 2014 stehen. Dass die Vorbereitung länger dauerte als ursprünglich geplant, ist ein Indiz für die Schwierigkeiten. 1500 Stellen klingt zunächst nach viel. Doch handelt es sich lediglich um etwa 0,5 Prozent aller Beschäftigten des Freistaats. Auch in der CSU-Fraktion gibt es deshalb einzelne Stimmen, die die Gefahr allgemein enttäuschter Hoffnungen sehen.

In Frage für die Neuansiedlung kommt ein Teil der 28 bayerischen Landkreise, die die Staatsregierung als „Räume mit besonderem Handlungsbedarf“ eingestuft hat. Als „prioritäre Regionen“ nannte Söder vor einigen Wochen das nördliche Oberfranken, die nördliche Oberpfalz, die Region Rhön/Main-Spessart und Haßberge in Unterfranken, das westliche Mittelfranken, aber auch die oberbayerischen Landkreise Mühldorf, Garmisch-Partenkirchen und Berchtesgadener Land.

Die Geheimhaltung hat mutmaßlich zwei Gründe: Die Ansiedlung des Landesamts für Umwelt in Hof ebenso wie der Umzug des Statistischen Landesamts nach Fürth lösten in den vergangenen Jahren Widerstand bei den Mitarbeitern aus. Und sofern Details aus einem Regierungsbezirk vorab bekanntwerden sollten, würde das Ärger in anderen Regionen auslösen, die auf neue Mitarbeiter des Freistaats hoffen. Deshalb bemüht sich Söder, das Projekt ebenso sozialverträglich wie vertraulich anzugehen. Zwangsversetzungen soll es nicht geben. Erleichtert wird die Behördenverlagerung durch die bevorstehende Pensionierungswelle im Beamtenapparat. „Es findet eine natürliche Fluktuation statt“, sagt Söder. „Es werden überwiegend nicht Mitarbeiter verlagert, sondern Arbeitsplätze.“

"Söder ist unser Show-Minister"

Der Beamtenbund ist angesichts der Erfahrungen in der Vergangenheit skeptisch. Er will verhindern, dass die Staatsregierung Tatsachen schafft, bevor die Mitarbeiter gefragt wurden. „Wir gehen davon aus, dass das Vorschläge sind, über die wir anschließend diskutieren“, sagt Beamtenbund-Chef Rolf Habermann.

Die Grünen-Haushaltsexpertin Claudia Stamm wiederum hat ausgerechnet, dass bereits in den vergangenen fünf Jahren 1000 Behördenarbeitsplätze ohne großes Tamtam verlagert wurden – oder zumindest deren Verlagerung angekündigt. Allein beim Statistischen Landesamt, das schrittweise von München nach Fürth verlegt wird, handelt es sich um über 500 Arbeitsplätze. „Söder ist unser Show-Minister“, sagt sie. „Wirkliche strukturpolitische Effekte kann die Staatsregierung nicht benennen und schon gar nicht beziffern.“

Söder gibt sich unbeeindruckt von derlei Kritik: „Die Behördenverlagerung ist ein wichtiges Strukturinstrument“, sagt er. „Der bayerische Staat funktioniert, egal, wo die Verwaltung sitzt.“

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