Aufatmen in Vorra: Vom Makel des Extremismus befreit

25.6.2016, 06:00 Uhr
Besorgniserregend gekippt sei die Stimmung zuungunsten der Ankömmlinge nach den Anschlag nie. "Jetzt erst recht" - das sei das Motto Vorras gewesen.

© dpa Besorgniserregend gekippt sei die Stimmung zuungunsten der Ankömmlinge nach den Anschlag nie. "Jetzt erst recht" - das sei das Motto Vorras gewesen.

Noch hängt der Fahndungsaufruf im Rathaus von Vorra. "Den können wir jetzt ja dann abmachen", sagt Bürgermeister Volker Herzog. Ein tiefes Aufatmen ist förmlich zu hören. Erleichterung macht sich überall in dem kleinen Ort im Pegnitztal breit. Sie kommt zu rechten Zeit. In den nächsten Tagen kommen Dutzende neuer Asylbewerber an.

Seit dem Brandanschlag auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft vor eineinhalb Jahren mit bundesweiter Resonanz hing über Vorra die belastende Verunsicherung wie ein Damoklesschwert.

"Es ist klar, dass man nach den Schmierereien mit Hakenkreuz erst einmal an das rechtsradikale Spektrum dachte", meint das Gemeindeoberhaupt, "um so erfreulicher ist es, dass sich das am Ende nicht bewahrheitet hat." Besorgniserregend gekippt sei die Stimmung zuungunsten der Ankömmlinge nie. "Jetzt erst recht" - das sei das Motto Vorras gewesen.

Dass die Tat vom Dezember 2014 keinen politischen Hintergrund hat, wie ursprünglich vermutet, mindert den Wert der breiten Solidaritätsaktionen, die unmittelbar danach in Vorra liefen, nach Ansicht des SPD-Kommunalpolitikers in keinster Weise. Die Menschenkette, die Demonstrationen, die Reden auch prominenterer Besucher seien vor allem ein ausdrückliches Zeichen des Willkommens für Flüchtlinge gewesen.

Protest gegen Rechtsextremismus

Der Protest gegen einen um sich greifenden Rechtsextremismus habe dabei mit eine Rolle gespielt. Einen wirklich ernsthaften Verdacht, dass jemand aus Vorra oder der näheren Umgebung mit der Tat etwas zu tun haben könnte, hegte hier ohnehin niemand. Dass mit dem Ermittlungsergebnis nun auch die letzten Zweifel in diese Richtung beseitigt sind, hält Pfarrer Björn Schukat dennoch für außerordentlich wichtig: "Ein gewisser Makel wäre sonst auf längere Sicht sicher an Vorra hängengeblieben."

Vor einem Trugschluss, den man aus der Aufklärung des Falles ziehen könnte, warnt der Theologe gleichwohl. Die Gefahr des wachsenden Rechtsextremismus im Land insgesamt dürfe man jetzt nicht verharmlosen. Das wäre ein allzu gefährliches Missverständnis. Das ehrenamtliche Engagement für die Fremden hat in Vorra trotz der inzwischen teilweise stark zugespitzten Asyl-Debatte nie nachgelassen. Das kann Elisabeth Peterhoff bestätigen.

Die Diakonin koordiniert die Arbeit des etwa 40-köpfigen Helferkreises in Vorra. An den Stammtischen sei gelegentlich das übliche allgemeine Asyl-Gefrotzel zu hören, heißt es in Vorra, wenn es um die konkreten Flüchtlinge im eigenen Ort geht, sei die Hilfe nach wie vor groß.
Die wird auch gebraucht. In der kommenden Woche ziehen 50 Menschen in die Goldene Krone unterhalb der Kirche ein. Dann leben in Vorra fast einhundert Asylbewerber. Bei Peterhoff gehen laufend Hilfsangebote ein. Betagtere Senioren sind dabei, die sich fast entschuldigen, dass ihnen die Kraft fehlt, mehr zu tun. Die wollen den Flüchtlingen wenigstens ihre Mobicard zur Verfügung stellen.

Hier können Sie noch einmal unseren Ticker zur Pressekonferenz nachlesen.

 

Keine Kommentare