6. Oktober 1966: Motor-Hotel mitten im Volkspark

6.10.2016, 07:00 Uhr
6. Oktober 1966: Motor-Hotel mitten im Volkspark

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Allerdings wird diese wunderbare Aussicht erst ab Ende des nächsten Jahres geboten, wenn das Esso-Motor-Hotel zwischen dem Flachweiher, dem Silbersee und der Münchner Straße vollendet ist. Gleichzeitig soll das mitten in der Natur gelegene Haus durch seine Restaurants zum Anziehungspunkt für die Spaziergänger im Volkspark Dutzendteich werden. 6,7 Millionen Mark kostet das Vorhaben der Mineralölfirma, die damit ihren motorisierten Kunden ein angenehmes Reisen quer durch Europa ermöglichen will.

Die Esso ging deshalb daran, durch Schwestergesellschaften eine von Nordschweden bis Italien reichende Kette von Motor-Hotels bauen zu lassen, allerdings ohne den Ehrgeiz, mit eingesessenen Luxushotels oder Gasthöfen zu konkurrieren oder das Motel zu kopieren. Sie schuf mit dem Motor-Hotel einen neuen Typ der gehobenen Klasse, der sich durch seine Lage an großen Verkehrslinien auszeichnet.

Daß eine solche Autofahrer-Herberge auch in Nürnberg errichtet wird, liegt nicht zuletzt am Schnittpunkt der drei Europastraßen E 5 (Oslo – Rom), E 6 (London – Istanbul) und E 12 (Paris – Warschau). Dazu fand sich am Flachweiher ein verkehrsgünstiges Fleckchen, 150 Meter abseits der Münchner Straße, von der Autobahnausfahrt Feucht nur zehn Kilometer, vom Messegelände fünf und vom Hauptbahnhof drei Kilometer entfernt. Gleichzeitig können die Autofahrer an dieser Stelle auf das öffentliche Verkehrsmittel umsteigen, wenn sie den Wagen stehen lassen möchten.

Für die Fremden, die ihr müdes Haupt in weiche Pfühle betten möchten, entwarf Professor Gerhard G. Dittrich – er wählt mit Professor Wunibald Puchner auch die Einrichtung aus – ein modernes Haus mit viel Komfort. Der sechsgeschossige Hoteltrakt beherbergt 162 Betten in 92 Zimmern, die zum größten Teil mit Bad, Dusche, WC, Bidet, Telephon und Radio ausgerüstet sind und allesamt besonders schallisoliert werden.

Eine elektronische Meldeanlage

In einem flachen Anbau schließen sich drei Restaurants an, die allen Besuchern offenstehen: Grillroom und Bar, Restaurant, eine auf Nürnberger Handwerkstradition zugeschnittene Zunftstube mit Kegelbahnen im Untergeschoß, ein Raum für Konferenzen und private Gesellschaften sowie eine Terrasse, auf der 145 Gäste Platz finden. Selbstverständlich gehören zum Hotel genügend Parkplätze und – als Bonbon – eine elektronische Meldeanlage, die es dem Hotelempfang ermöglicht, alle Wünsche der Gäste entgegenzunehmen, das Personal einzuteilen, Zimmer zu disponieren und Vormerkungen zu buchen.

Doch was wäre ein Motor-Hotel ohne dienstbare Geister, die sich um den fahrbaren Untersatz kümmern? Zur Münchner Straße zu entsteht deshalb eine Tankstelle mit zwei Pflegehallen und allen Einrichtungen zur Wartung der Fahrzeuge. Gast und Auto werden also am anderen Morgen frisch gestärkt die Reise antreten und Nürnberg loben – wegen der ausgezeichneten Bedienung, die beiden widerfahren ist.

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