Angeblicher Unfall war Messerattacke

15.8.2016, 19:24 Uhr

Die Lügengeschichte wurde mehr als ein Jahr lang erzählt. Die Autoren: Giuliano M. (Namen der Betroffenen geändert), sein Sohn Emilio und dessen Mutter – allesamt gleichzeitig auch die Akteure. Der Inhalt: Am 18. September 2014 stehen M. und sein Sohn in der Küche der Wohnung in Büchenbach, um das Abendessen zu kochen.

Als sich Emilio in der engen Küche umdreht, läuft er in das Messer, das sein Vater in der Hand hält. Die Klinge bohrt sich 15 Zentimeter tief in den Lendenbereich und bleibt erst an der Wirbelsäule stecken. Emilio geht zu Boden, der Vater drückt die Wunde ab, kümmert sich rührend um seinen schwer verletzten Sohn, die Mutter ruft den Notarzt.

Den Polizisten, die zur Wohnung eilen, kommt diese Geschichte glaubhaft vor, sie schreiben lediglich einen Vermerk – und schließen die Akte. Emilio wird operiert, übersteht den Unfall – zwei Jahre später zeugt vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth nur noch eine Narbe von diesem Tag.

Zeitsprung. Am 18. Dezember 2015 kommt es in der Wohnung zu einem Streit, Giuliano M. wird immer aggressiver – und sagt dann: „Ihr werdet schon noch sehen, wozu ich in der Lage bin.“ Er stürmt aus der Wohnung, rast mit quietschenden Reifen davon. Und plötzlich haben Emilio und seine Mutter Angst. Wieder. Wie knapp ein Jahr zuvor.

Denn der angebliche Unfall war keiner, es war ein Angriff mit dem Küchenmesser. Mutter und Sohn entschließen sich, die Lügengeschichte nicht weiter zu erzählen und gehen zur Polizei. Giuliano M. wird noch am selben Tag festgenommen.

Schon seit der Pubertät seien er und sein Vater immer wieder aneinandergeraten, erklärt der Geschädigte vor dem Landgericht. An jenem 18. September 2014 wollte er gerade zur S-Bahn und mit Freunden feiern gehen, als ihn sein Vater zurechtwies. Es ging um die dreckige Shisha, die seit Tagen auf dem Balkon stand.

Es entwickelte sich ein Streit, am Ende griff Giuliano M. zum Küchenmesser und stach zu. Die 19 Zentimeter lange Klinge verletzte Emilio schwer, er verlor knapp zweieinhalb Liter Blut. Sprechen will der Angeklagte im Gerichtssaal nicht, über seinen Verteidiger räumt er die Tat aber ein. Seit knapp 15 Jahren soll er bereits psychische Probleme haben, wie sich bei der Vernehmung von Mutter und Sohn herauskristallisiert. Die Verhandlung wird fortgesetzt.

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