Im Schichtplan der Notärzte klaffen weiter Lücken
23.2.2016, 10:55 Uhr„Die Besetzung des Notarzt-Standortes Bad Windsheim ist nach wie vor schwierig“, sagt Birgit Grain, Pressereferentin bei der KVB, auf Nachfrage der Windsheimer Zeitung. Es gebe „gelegentlich unbesetzte Dienststunden“. Der Notarzt-Standort Neustadt sei bis auf wenige Ausnahmen durchgängig besetzt. Die Gruppensprecher des jeweiligen Notarztstandortes reichen die Dienstpläne bei der KVB ein. Wenn ein Dienstplan mit Lücken eingereicht wird, werden die offenen Dienste per E-Mail-Verteiler an sogenannte Springer gemeldet. Darüber hinaus werden von der KVB im Einzelfall auch gezielt Notärzte angerufen, erläutert Grain.
Versorgung gewährleistet
Über nicht besetzte Dienste werden der regional zuständige Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung (ZRF) und die jeweilige Integrierte Leitstelle (ILS) informiert. So wird im Bedarfsfall der Nachbar-Notarzt oder der Rettungshubschrauber alarmiert. „Dadurch ist stets die notärztliche Versorgung der Bürger sichergestellt“, betont Birgit Grain. Nun müsse man gemeinsam nach einer Lösung suchen, wie die Dienste aus eigener Kraft mit Notärzten vor Ort besetzt werden können. Werktags stehen die Kliniken von 8 bis 18 Uhr in der Pflicht, einen Notarzt zu stellen.
Seit die Innere Abteilung von Bad Windsheim nach Neustadt verlegt worden ist, sei dies ebenfalls schwierig geworden, erläutert Maibaum. Von 18 bis 8 Uhr sowie an den Wochenenden und Feiertagen übernehmen die Notärzte der Bereichsgruppe. „Das Hauptproblem ist, dass der Nachwuchs fehlt“, erläutert Maibaum und sagt, dass die höchstens zehn Kollegen – einige sind nicht in der festen Gruppe und springen manchmal kurzfristig ein – die derzeit in Bad Windsheim fahren, 50 Jahre und älter sind. „Wenn ich für 53 Euro nachts um 3 Uhr zwei Stunden rumfahren soll, ist das kein Anreiz“, betont Maibaum.
Honorar für Notärzte angehoben
Das Honorar für Notärzte wurde Ende vergangenen Jahres mit den Krankenkassen neu verhandelt und zum 1. Januar 2016 angehoben. Deutlich habe man die Pauschalvergütung angehoben, „sodass vor allem einsatzschwache Bereiche profitieren“, erklärt Grain. Die Grundpauschale war voher standortabhängig, je nach Frequenz der Einsätze. Für einen Nachteinsatz gab es 111,50 Euro, für einen am Tag 91 Euro. 19 Euro werden seit Anfang des Jahres pro Stunde vergütet. Dazu gibt es je nach Einsatzzeit, -dauer und Anzahl diverse Zuschläge. Dass Geld nicht alles ist, sondern nur einen „kleinen Anreiz“ bietet, zeige ihm die Erfahrung, sagt Klinikvorstand Stefan Schilling auf Nachfrage der WZ. Viel mehr werde Wert auf Freizeit gelegt. „Ich seh’ es als unsere Pflicht, eine Lösung zu finden“, betont Schilling.
Wie diese aussehen könnte, weiß er noch nicht. Ende März wird es ein weiteres Gespräch mit ZRF und KVB geben, bis dahin will Schilling abrufen, ob es Freiwillige gibt, die mehr Schichten übernehmen, und „wir das Ganze intern lösen können“. Da der Notarztdienst in Bayern freiwillig ist, könne Schilling niemanden verpflichten. Würde er dies dennoch, beispielsweise durch eine Klausel im Arbeitsvertrag, regeln, ist er sicher, dass niemand unterschreibt, beziehungsweise „mir die Ärzte davonrennen“. Ärzten stünden derzeit alle Türen offen, „sie haben die freie Wahl, wo sie arbeiten möchten“. Zudem seien die Ausbildungsanforderungen an einen Notarzt im Laufe der vergangenen Jahre deutlich gestiegen. „Einen Notarztschein zu bekommen, ist heute viel schwieriger, als früher“, betont der Klinikvorstand.
Reichenberg unerstützt Antrag auf Ausweitung der Flugzeiten
Die Kosten für die Ausbildung trägt der Arzt selbst, wenn er dann Notdienste fährt, bekommt er diese erstattet. Selbst finanzieren muss er seine Ausrüstung. Eine schnelle aber teure Lösung, um die Stellen zu besetzen, wäre die, zusätzliche Ärzte einzustellen. Eventuell einen Arzt, der nur Notarzteinsätze fährt, sagt Schilling. Auch diese Option fließe mit in die Überlegungen ein. SPD-Kreisrat Ronald Reichenberg, der seit Kurzem dem ZRF Ansbach angehört – er nahm den Platz für Bernd Schnizlein ein – sieht eine weitere Möglichkeit im Ausbau des Rettungshubschrauber- Standorts Sinnbronn zum ersten Rund-um-die-Uhr-Standort in Deutschland. Er unterstütze deshalb den Antrag auf Ausweitung der Flugzeiten auf 24 Stunden, den Dr. Hermann Schröter, der Vertreter der Notärzte, im ZRF kürzlich gestellt hat.
Vorsitzender Thomas Müller wurde damit beauftragt, diesen beim Innenministerium, der obersten Rettungsdienstbehörde, einzureichen. Schröter sieht gute Chancen, dass dem Antrag stattgegeben wird, da die Krankenkassen an einem derartigen Modellprojekt interessiert seien. Bisher fliegen nachts nur Verlegungshubschrauber und in Krisensituationen die Bundeswehr, erklärt Reichenberg. Er hofft, dass durch eine Besetzung des Standortes in Sinnbronn Christopher 65 Einsätze im Gebiet um Bad Windsheim herum übernehmen kann. Und Patienten, die in Randgebieten wohnen, möglicherweise schneller Hilfe bekommen. Das sei seiner Meinung nach aber nur ein „zusätzliches Rettungsmittel“, um Patienten schneller versorgen zu können. Reichenberg sieht es als Pflicht der Politik, „diese Misslage der Notarztsituation im Landkreis zu beheben. Als Bad Windsheimer Politiker strebe ich eine hundertprozentige Versorgung an. Notfalls müssen Mittel dafür zur Verfügung gestellt werden. Ich werde das politisch verfolgen.“
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