Urteil zu "Zwölf Stämmen": Eltern das Sorgerecht entzogen

22.10.2014, 20:47 Uhr
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Nach ausführlicher Anhörung der Kinder, der Eltern, eines Familienpsychologen und mehrerer Zeugen sei der Richter überzeugt, dass eine Gefährdung des Kindeswohls "konkret, gegenwärtig und nachhaltig" gegeben sei.

So sei eine Gefährdung des Kindeswohls allein schon dadurch gegeben, dass das Erziehungskonzept der Eltern körperliche Züchtigungen der Kinder einschließe. Davon hätten sich die Eltern auch auf Nachfrage nicht überzeugend distanziert. Der Familienpsychologe hatte betont, dass regelmäßige körperliche Züchtigungen zu psychischen Schäden und Einschränkungen in der Autonomieentwicklung von Kindern führen.

Weiterhin sah das Gericht eine Kindeswohlgefährdung in der ablehnenden Haltung der Eltern gegenüber dem staatlichen Schulsystem und ferner gegenüber geforderten amtsärztlichen Untersuchungen und Vorsorgeuntersuchungen. Die Eltern können die drei Entscheidungen beim Oberlandesgericht Nürnberg anfechten.

Lediglich bei einem siebenten Kind - einem Kleinkind von eineinhalb Jahren - sah der Familienrichter die Kindswohlgefährdung als nicht erwiesen an. Dieses Kind war bereits im Dezember 2013 an die Eltern aufgrund einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg zurückgegeben worden.

Im September 2013 hatte die Polizei wegen Prügelvorwürfen rund 40 Kinder aus den Gemeinschaften der «Zwölf Stämme» im schwäbischen Klosterzimmern bei Deiningen und in Wörnitz in Mittelfranken geholt. Seitdem gab es zahlreiche Verfahren bei den Familiengerichten in Nördlingen und Ansbach; viele Eltern wehrten sich gegen die Unterbringung ihrer Kinder in Pflegefamilien und Heimen.

Die "Zwölf Stämme" sorgen seit Jahren für Schlagzeilen, nicht nur weil sie ihre Kinder züchtigen sollen. Eltern aus der Sekte hatten sich auch geweigert, ihre Mädchen und Buben in staatliche Schulen zu schicken. Mehrere Jahre lang wurde der Sekte daher vom bayerischen Kultusministerium der Betrieb einer eigenen Schule gestattet, diese Erlaubnis gibt es aber nicht mehr.

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