Bahn schwärmt von ihrer Brücke der Superlative

10.11.2010, 21:55 Uhr
Bahn schwärmt von ihrer Brücke der Superlative

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Wuchtig, das ist gewiss, wird „die Neue“ sicherlich nicht. Statt bisher über gut 120 Meter wird sich die Aurachtalbrücke künftig über eine Länge von 530 Meter erstrecken. Ihre elf Felder werden auf zehn Stützpfeilern ruhen. Der Preis ist mit rund 22 Millionen Euro veranschlagt, so Michael Baufeld, Pressesprecher für Großprojekte bei der Bahn-Tochter DBProjektbau in Berlin. Verglichen mit der Ur-Brücke, die damals rund 192000 Gulden – etwa 226000 Euro – gekostet hat, ist sie zwar „nur“ fast fünf Mal so lang, aber dafür gleich gut 100 Mal teurer.

Die neue Aurachtalbrücke ist eine filigran wirkende Betonkonstruktion. Nach den Vorgaben des Brückenbeirats der DBAG soll sie technisch innovativ sein und ästhetischen Ansprüchen genügen statt nur die technischen Normen einzuhalten und preisgünstig zu sein. Im Brückenbeirat sind Experten für Architektur und Baukunst vertreten; er wurde 2007 ins Leben gerufen. Nach Auffassung der Jury, der auch Emskirchens Bürgermeister Harald Kempe (ÖDP) angehörte, erfüllt die Entwurfsplanung der Ingenieurgesellschaft SSF (Berlin/München) ideal diese Vorgaben, bestätigte Baufeld auf Anfrage der NZ.

Zwei Brücken – eine Gemeinsamkeit

Was alte und neue Brücke technisch wie optisch auch trennen mag, eines haben beide gemeinsam: Sie sind in ihrer Zeit jeweils bahnbrechende Projekte. Was heute die einmalige, europaweite Ausschreibung ist, war 1862 die Suche nach der günstigsten Baufirma in 22 Zeitungen des Königreichs Bayern. Den Zuschlag bekam damals der Erlanger Bauunternehmer Konrad Kronberger, die eisernen Überbauten lieferten die Nürnberger Eisenwerke Klett & Co. (später MAN).

Mit ihren drei Öffnungen von je gut 35 Metern und einer Gesamtlänge von etwa 120 Metern hat die bestehende Brücke auf ihren Pfeilern aus Naturstein mit Betonummantelung (seit 1936) die Belastungen der immer schnelleren, immer schwereren Züge bis heute gut überstanden. Nicht so die Anwohner den Lärm der rollenden Züge auf dem laut dröhnenden Stahlkorpus, der seit 1936 die Gleise trägt.

Doch die Aurachbrücke hat einen viel gravierenderen „Geburtsfehler“: Als 1862 die Bauarbeiten begannen, war der sumpfige Aurachgrund das erste große Hindernis für die Ingenieure. In der Broschüre „Die letzte Lücke – die Emskirchner Brücke“, die 1990 zum 125-jährigen Jubiläum erschien, zitiert der gebürtige Emskirchner und langjährige Pressesprecher der einstigen Bundesbahndirektion Nürnberg, Horst Wendler, Quellen, wonach sowohl der nördliche als auch der südliche Auflagepunkt (Widerlager) wegen ihres zu hohen Gewichts leicht im Boden einsanken. Hinter beiden Lagern seien damals im Abstand von 60 bis 70 Zentimeter nachträglich Bruchsteinmauern als „Stützkorsett“ errichtet worden.

Doch das nördliche Widerlager ließ sich nicht stabilisieren. Heute klafft ein großer Riss in dem Mauerwerk hinter der steil aufgeschütteten Böschung des Brückenkopfes auf der Bahnhofsseite, wissen Bauleute der Bahn. Die Brückenkonstruktion, das betonen die Experten seit Jahrzehnten mit Nachdruck, sei aber absolut standsicher. Probleme bereite vielmehr der Damm. Über Jahre hinweg investierte die frühere Deutsche Bundesbahn riesige Summen in Sondierungsbohrungen und Stahllanzen mit Betoninjektionen, um das puddingweiche Erdreich zu stabilisieren.

Doch die Ingenieure wissen, das war das falsche Rezept. „Sie müssen sich das so vorstellen, als würde der Bahndamm wie auf Rollen gelagert bei jeder Zugfahrt hin und her schwingen“, erläuterte vor Jahren ein Planungsverantwortlicher das Dilemma. Schon damals war klar: „Die Brücke ist 2012 abgängig“ – soll heißen: Die Gewährleistungsfrist des Bauwerks liefe dann ab, neue Investitionen in die Standsicherheit müssten folgen. Das käme teuer, bedeutete aber nicht, dass dann keine Züge mehr darüber rollen könnten – womöglich aber durchaus langsamer.

Für die DBNetz AG ist die Brücke in Emskirchen deshalb ähnlich wie der Schwarzkopftunnel bei Heigenbrücken im Spessart eine teure Last: Beide könnten äußerstenfalls die Magistrale Frankfurt–Nürnberg–Passau – sie zählt zu den meist überlasteten Bahnstrecken Deutschlands – blockieren. Seit über zehn Jahren existieren deshalb schon Pläne für einen Neubau. Im Frühjahr 2003 galt – wie die NZ berichtete – ein Baubeginn noch vor 2010 als realistisch, damals war das Projekt mit rund 50 Millionen Euro veranschlagt.

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