Bamberg: Weinberg oder Wiese?

7.7.2008, 00:00 Uhr
Bamberg: Weinberg oder Wiese?

© Wilhelm Bauer

Die Macher der Landesgartenschau und die Stadtoberen hatten es sich so schön ausgemalt. Im Frühjahr 2009 könnten zwei Parzellen mit den beiden Rebsorten Johanniter und Silvaner bepflanzt werden, zwei Jahre später wäre es mit der ersten Lese so weit. Pünktlich zur Landesgartenschau 2012 kämen dann die ersten Flaschen eines exklusiven Tropfens auf den Markt.

Ein typischer Frankenwein

Wie typischer Frankenwein soll es ein trockener Wein werden, versprach der 25-jährige Winzer Martin Bauerschmitt, der dazu auserkoren ist, den Kammerathengarten am Michelsberg zu bewirtschaften. Ausbauen will er den Bamberger Rebensaft im familieneigenen Weingut Ziegelanger bei Zeil am Main. Bauerschmitt rechnet damit, dass der 1,1 Hektar große Weinberg (das entspricht etwa der Fläche von eineinhalb Fußballfeldern) jährlich rund 7500 Liter abwirft - selbstredend Spitzenqualität.

Doch seit einigen Tagen sehen sich die Weinberg-Planer starker Kritik ausgesetzt. Die Proteste richten sich gegen die vorgesehene Abholzung von 80 alten Bäumen, die im Kammerathengarten den Rebpflanzen weichen müssten. Und gegen die Zerstörung gewachsener Strukturen an prägnanter Stelle im Stadtbild des Weltkulturerbes.

«Wir haben nichts Grundsätzliches gegen Weinbau und das uralte Kulturgewächs«, versichert Hans Sticht, einer der Initiatoren des Bürgerbegehrens. Auch sein Mitstreiter Erich Spranger stößt sich mehr an der Größe des geplanten Rebhangs und am Einsatz von Spritz- und Düngemitteln mitten in der Stadt. Im konventionellen Weinbau werde nicht zu knapp mit Chemie hantiert.

In ihrem Kampf gegen den Kahlschlag berufen sich die Gegner aber vor allem auf den Schutzstatus, den die Stadt selbst der Streuobstwiese angedeihen ließ: Seit 1997 ist der Südhang des Michelsbergs als geschützter Landschaftsbestandteil ausgewiesen. Eine Änderung wäre «rechtlich kompliziert«, sagt Spranger.

«Nette Idee«

Ein derartiger Schritt bedeutet einen «Eklat im Jahr des Artenschutzes«, meint Ludwig Trautmann-Popp vom Bund Naturschutz in Bamberg. Anfangs nannte er das Weinberg-Projekt eine «nette Idee«, mittlerweile kritisiert er das «Hau-Ruck-Verfahren, mit dem wieder einmal wertvolle Natur zerstört werden soll«.

Sein Verband habe sich in der Angelegenheit deshalb an die oberfränkische Regierung gewandt. Bayreuth solle prüfen, ob es denn so ohne weiteres möglich sei, den Schutzstatus für den Kammerathengarten aufzuheben.

Unterdessen hat Winzer Bauerschmitt versichert, einen naturnahen Weinbau zu betreiben und dabei weitgehend auf Pestizide zu verzichten. Nach einer Testphase sei sogar eine Umstellung auf Bio vorstellbar.

Am Michelsberg entstehe keine Monokultur, sondern ein neues Ökosystem. Der Weinberg werde von einem Ring von Bäumen umschlossen, und auch inmitten der Rebanlage fänden sich einige Obstbäume. Dies würde das Bild auflockern. Im Übrigen biete er Führungen und Weinproben im Weinberg an.

Doch das hat die Gemüter in Bamberg nicht wirklich beruhigt. Die Stimmung in der Bevölkerung ist gegen den Weinberg, sind die Initiatoren des Bürgerbegehrens überzeugt. Sie sammeln fleißig Unterschriften und müssen mindestens sechs Prozent aller Wahlberechtigten, also rund 3250 Bürgerinnen und Bürger, auf ihre Linie bringen. Dann müsste sich der Stadtrat damit befassen.

«Wein oder Obstwiese« - käme es zu keinem Kompromiss, müssten die Bambergerinnen und Bamberger entscheiden. Es wäre das zweite Bürgerbegehren in der Domstadt.