72-Jähriger wegen Messerattacke auf Frau vor Gericht

13.2.2016, 09:30 Uhr
72-Jähriger wegen Messerattacke auf Frau vor Gericht

© Beke Maisch

Vor Gericht erklärte der Angeklagte, sich an die Tat selbst nicht mehr erinnern zu können, gab aber zu, „es muss wohl so gewesen sein“.

Die Ehefrau sagte vor Gericht, sie habe keinen Schmerz gespürt, nur das Messer gefühlt und sei davon völlig überrascht gewesen. Gerade hatte sie das Frühstück im Wohnzimmer aufgetischt, wie jeden Tag. Es gab Wurst, Brot und Kaffee. Er stand nur da und ging wieder aus dem Zimmer. Wenig später kam er von hinten durch die Wohnzimmertür und stach auf sie ein. Nach dem Stich nahm die 69-Jährige ihrem Mann das Messer ab, rannte in den Flur, holte sich den Schlüsselbund, lief ins Treppenhaus, schrie um Hilfe und klopfte an die Türen der Nachbarn. Eine Frau im ersten Stock half ihr. Notarzt und Polizei wurden gerufen. Das Opfer musste vier Tage im Krankenhaus behandelt werden. Der Angeklagte sitzt seit der Tat in der Justizvollzugsanstalt Würzburg, zum Teil in der Krankenstation.

Was den 72-Jährigen dazu getrieben hat, auf seine Frau einzustechen? Ein Motiv könnte gewesen sein, dass er Angst hatte, seine Frau und der jüngste Sohn wollen ihn in ein Altersheim abschieben. „Die wollten mich weg haben“, erklärte er dem Vorsitzenden Richter Manfred Schmidt und später: „Ich wollte uns beide umbringen, damit Schluss ist“.

Ihn ins Altenheim zu geben, „darüber haben wir einmal gesprochen, ich wollte ihn aber so lange es geht daheim pflegen“, sagte die Ehefrau dazu. In den vergangenen zehn Jahren musste sich der gebürtige Oberschlesier nicht nur einer Krebs-OP unterziehen, er erlitt auch mehrere Schlaganfälle. Der linke Arm ist seitdem nicht mehr ganz funktionstüchtig.

Streit habe es im Vorfeld nicht gegeben, betonte das Ehepaar. Das Bild, das beide von ihrem Familienleben zeichneten, wirkt allerdings trostlos. „Er hat den ganzen Tag herumgesessen und ferngesehen“, erzählte die Ehefrau. Seitdem er krank war, sprach der Rentner fast nicht mehr mit seiner Frau. Geburtstage wurden nicht gefeiert, Bekannte oder Freunde hat er nach und nach vergrault.

Am Tattag, erklärte der Angeklagte, habe er sich niedergeschlagen gefühlt. Er habe schlecht geschlafen und seine Tabletten nicht genommen. Im Raum steht die Frage, ob der Rentner während der Messerattacke schuldfähig war. Oberstaatsanwalt Otto Heyder ist der Auffassung, dass eine Unterbringung in einer psychiatrischen Anstalt in Frage kommen könnte. Dazu wird der Gutachter an einem der nächsten Verhandlungstage Stellung nehmen.