Bewegende Lesung beim Bamberger Literaturfestival

16.2.2017, 14:00 Uhr
Bewegende Lesung beim Bamberger Literaturfestival

© Frank Märzke

Flucht und Sprache – extrem heruntergebrochen bilden diese beiden Aspekte die zentralen Themen in Saša Stanišićs Leben und somit auch in dessen Werk. Das alleine aber reicht nicht aus und würde der Lesung am Mittwoch, 15. Februar, nicht gerecht werden. Denn da waren noch der sehr sympathische Schriftsteller mit seiner offenen und einnehmenden Art, seine Schilderungen über die Flucht als 14-Jähriger nach Deutschland, die anfänglichen Schwierigkeiten der Assimilation, die Entdeckung seiner literarischen Seite und die Förderung durch Menschen aus seinem neuen Umfeld. Stanišić schenkte mit all diesen Facetten dem Bamberger Publikum einen erheiternden und gleichzeitig berührenden Abend.

Stanišićs Themen und seine Lebensgeschichte

Zwei längere Parts aus seinem neuen Buch "Fallensteller" las der Autor. Dazwischen stand er Asli Heinzel, die durch den Abend moderierte, Rede und Antwort. So erfuhren die Zuhörer viele, teilweise sehr emotionale Aspekte aus seinem Leben. Beispielsweise wie er die Flucht erlebte, wie er es schaffte, sich in Deutschland zunächst ohne Sprachkenntnisse zu integrieren und wem er seine Entwicklung mit zu verdanken hat.

Bewegende Lesung beim Bamberger Literaturfestival

© Frank Märzke

Sport, insbesondere Fußball auf dem Pausenhof, war das Medium, mit dem er sich Zugang zur Gesellschaft verschaffte. Sein Deutschlehrer und ein Beamter in der Ausländerbehörde gehören zu Schlüsselfiguren, warum Stanišić heimliches Schreiben an Profession gewann und warum er in Deutschland bleiben konnte. Themen wie diese flicht der Autor immer wieder in seine Werke ein – angefangen vom Debütroman "Wie der Soldat das Grammofon repariert" bis zu dem gerade vorgestellten Erzählband.

"Ich mag das Seltsame, das Ungewöhnliche"

Witz und Sprachgewandtheit zeichnen seine Erzählungen aus. Der Zuhörer begegnet in ihnen dem Brauerei-Justiziar Georg Horvath, der verstimmt ist – so auch der Titel der Geschichte – oder einem Ich-Erzähler, der zwischen seiner Heimat, seiner persönlichen Geschichte und der schönen, bunten, modernen Welt switcht. Immer dabei sind Wortwitz, Einfallsreichtum und Metaphern, aber mitunter auch Melancholie und Sehnsucht. Die Figuren wirken komisch, tragisch oder auch skurril. "Ich mag das Seltsame, das Ungewöhnliche", gesteht Stanišić.

Beim Vorlesen steigert sich Stanišić mit Rezitiertalent und Enthusiasmus in seine Texte hinein. Mit Lebendigkeit und Sprachgewandtheit, aber auch mit Gesten untermauernd nimmt er das Publikum mit nach Paris, Rio oder ins Ex-Jugoslawien.

Dass er alles, auch das Vorlesen, mit Leidenschaft macht, hört man sofort: "Ich lese jetzt noch ein kleines Stück des zweiten Teils der Geschichte, weil es mir so großen Spaß macht", sagt er und fährt sofort im Text fort. Das Publikum dankt es ihm mit großem Applaus und, ob der melancholischen Geschichte am Ende des Abends, mit Ergriffenheit.

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