Erschossene Janina: Angeklagter spricht von Versehen

7.12.2016, 11:52 Uhr
Vor knapp einem Jahr starb die kleine Janina, als sie beim Feiern eine Kugel traf.

© News5 Vor knapp einem Jahr starb die kleine Janina, als sie beim Feiern eine Kugel traf.

Janinas Eltern müssen sich das antun: Als Nebenkläger sitzen sie in der Schwurgerichtskammer des Landgerichts Bamberg, hören, dass der mutmaßliche Mörder ihrer kleinen Tochter heute Geburtstag hat - und wollen wissen, ob er, der Angeklagte Roland E., der vier Waffen in einem Schrank im Keller seines Hauses in Unterschleichach lagerte, tatsächlich ihr Kind getötet hat.

Drei bis viermal, so erklärt sein Anwalt, habe Roland E. in jener Nacht geschossen, in Richtung Wald - oberhalb seines Hauses. Er habe nicht bewusst auf Menschen gezielt. Was geschah, treffe Roland E. zutiefst, er bedauere sehr, was geschehen ist. Unterschleichach ist ein kleines Dorf am Steigerwald, nur 455 Einwohner groß, Robert E. ist hier aufgewachsen, er stammt von hier. Seine Mutter ist 76 Jahre alt, der Vater 80 Jahre. Er habe guten Kontakt zu seiner Familie, schildert E. vor Gericht in seinem weichem unterfränkischen Dialekt, in der U-Haft werde er immer wieder besucht.

Nach der Hauptschule lernte er Maurer, 1999 ging er zur Justiz, in die Justizvollzugsanstalt Ebrach. Als Maurer arbeitete er mit Gefangenen, später wurde er als Fahrer eingesetzt, belieferte die Gefängnisse mit Brot und Wäsche - in Ebrach backen die Gefangenen Brot für die umliegenden JVAs.

Gesundheitlich sei der Wechsel in den Staatsdienst später schon recht gut gewesen, sagt er, erkrankte er doch später schwer an der Lunge und der Speiseröhre. Das Essen bleibe ihm im Halse stecken, wie die Krankheit heißt, weiß er nicht. Zwei Magenoperationen liegen hinter ihm und auch am Zwerchfell und der Lunge wurde er behandelt, ein Stück sei "schwarz gewesen", sagt er. Er gilt zu 50 Prozent als schwerbehindert und ist heute in der Krankenabteilung der JVA untergebracht.

Der Sohn wohnt im Nachbarsort

2000 Euro Lohn habe er jeden Monat rausgekriegt, berichtet er. Er habe ein "bisschen gespart" sagt er, mit Motorrad fahren und dem Schützenverein vertrieb er sich die Zeit. Weder habe er Schulden angehäuft, noch ein Vermögen.

Verheiratet ist er nicht, doch mit seiner letzten Lebensgefährtin war er fast 15 Jahre zusammen, 2000 begann er mit dem Hausbau, 2001, das Haus war einzugsreif, wurde der gemeinsame Sohn geboren. 2010 endete die Beziehung. Seither lebt der Junge bei seiner Mutter im Nachbarort. Der Junge habe ihn jedes zweite Wochenende besucht, das Verhältnis sei gut, durch den Sohn bestehe auch Kontakt zur Ex-Freundin.

Drei bis vier Bier am Tag

Wie schaut es mit Alkohol oder Drogen aus, will der Manfred Schmidt, der Vorsitzende Richter, wissen. "Drogen habe ich keine genommen, Bier, na ja, drei bis vier am Tag." Zu hören ist auch, dass der Angeklagte bei der Bundeswehr war, dort den Lkw-Führerschein machte und heute Nichtraucher ist. Einmal sei er bei einer Nervenärztin gewesen, nach all den Operationen habe er unter Depressionen gelitten, wie lange die Behandlung gedauert hat, wisse er nicht mehr. Nun, nachdem er eingesperrt wurde, bekomme er noch immer Medikamente, schildert er und berichtet von Schmerzen, die ihn nachts nicht schlafen lassen.

Zwei Langwaffen und zwei Kurzwaffen, dazu einen ganzen Koffer Munition haben die Ermittler in seinem Haus sichergestellt, seit er das Haus gebaut hatte, ging er nicht mehr zum Schützenverein, sagt er. "In den letzten 15 Jahren sind die Waffen nur noch im Schrank gelegen", sagt er, "mein Zittern ist so schlimm, das kommt von den Nerven, ich wollte nicht mehr schießen." Auch in der Arbeit habe er seit mindestens fünf Jahren keinen Schießstand mehr aufgesucht, die Trefferbreite sei zu groß gewesen, er hätte alles kaputt gemacht in dem Schießkeller. "Haben Sie mal daran gedacht, die Waffen abzugeben?", hakt Richter Schmidt nach. "Ja, habe ich schon häufiger gedacht", gibt der Angeklagte zurück. Doch er hat sie im Schrank gelassen, zwischendrin, nur um sie zu putzen, herausgeholt.

Schüsse "aus Blödsinn"

Dass ein Projektil, dies zeigen die Nachfragen von Richter Manfred Schmidt, die elfjährige Janina getötet hat, ist nicht leicht nachzuvollziehen - hatte Roland E. den Revolver doch nach dem tödlichen Schuss geputzt. Auch der Staatsanwalt hakt nach: Die Aussage, in Richtung Wald, doch nicht bewusst auf Menschen geschossen zu haben, impliziere doch auch, dass der Schütze in jener Nacht Menschen wahrgenommen habe.

"Aus Blödsinn" habe er schossen, gab Roland E. in der Vernehmung bei der Polizei an, "aus Wut und Ärger" über die Silvesterknallerei wirft ihm nun die Anklage vor, habe er den Kleinkaliberrevolver Kaliber 22 geholt, sich in den Garten begeben und auf die Menschengruppe in der Nähe seines Hauses geschossen - und damit zumindest billigend in Kauf genommen, jemanden zu töten.

Urteil wird noch vor Weihnachten erwartet

 "Wollten Sie es den Menschen, die da draußen gestanden haben, zeigen? Können Sie dazu etwas sagen? Können Sie nicht, oder wollen Sie nicht?" Von Roland E. kommt keine Antwort.

Sein Revolver soll leise sein, in Richtung Menschen will er nicht geschossen haben - das sei doch nicht nachvollziehbar, kommentiert Richter Schmidt. Wollte Roland E. die Menschen nur erschrecken? Welchen Sinn würde dies bei der leise feuernden Waffe geben? Vier Verhandlungstage hat das Landgericht Bamberg vorgesehen, am 22. Dezember soll voraussichtlich das Urteil gesprochen werden.