Borkenkäfer bringt Bäume reihenweise zu Fall

28.7.2006, 00:00 Uhr
Borkenkäfer bringt Bäume reihenweise zu Fall

Es regnet Nadeln. Statt Tropfen fallen im Waldstück von Bauer Michael Hofmockel in Unterschlauersbach im Kreis Fürth inzwischen die «Blätter“ der Fichten vom Himmel. Die Waldwege sind von den Spitzen übersät, die Bäume dagegen ohne Kleid, kahl. «So weit man schaut, ist alles hin“, sagt Landwirt und Waldbesitzer Hofmockel etwas ratlos. «Und selbst die Bäume, die noch gesund aussehen, sind dem Tode geweiht.“

Das Waldstück am Mühlgraben, das seit dem 17. Jahrhundert fest zum Hof der Hofmockels gehört, hat der Gemeine Buchdrucker bereits für sich in Beschlag genommen. Von den Fichten, die etwa seit 1910 hier stehen, wird eine nach der anderen absterben, prophezeit der Bauer. «Dabei haben uns die Alten immer erklärt, dass der Wald die Sparbüchse ist: Wenn Du ihn nicht brauchst, wächst er.“ Doch der trockene Sommer und die Schädlinge zusammen strafen jede noch so schlaue Bauersregel Lügen.

Tatsächlich ist die Situation im westlichen Mittelfranken so schlimm wie selten zuvor. «In meinen 30 Jahren Berufsleben habe ich so einen Fichtenbefall noch nie erlebt“, sagt Peter Fonzen, Forstdirektor am Amt für Landwirtschaft und Forsten in Weißenburg. Sein Ansbacher Kollege Friedrich Luger rechnet entsprechende Zahlen vor: Rund 1500 Hektar Fichtenbestand fallen in diesem Jahr im Ansbacher Forstgebiet dem Borkenkäfer zum Opfer. Im vergangenen Jahr waren es noch 1000 Hektar. Seit dem schlimmen Borkenkäfer-Jahr 2003 ist kein Ende abzusehen.

Vermutlich ist der Befall heuer deshalb so stark, weil es in Mittelfranken in den vergangenen Jahren weit weniger geregnet hat als andernorts. «Das Wetter wäre eher günstig für den Olivenanbau“, scherzt Friedrich Luger und wird sogleich wieder ernst: «Die Fichte wird sich sukzessive bei uns verabschieden, nur an wenigen Standorten wird sie überleben.“

Tiere bauen «Rammelkammern“

Denn die Trockenheit schwächt die Flachwurzler am stärksten. Damit sind sie ein gefundenes Fressen für den Borkenkäfer. Die Tiere bohren sich unter die Rinde und legen hier «Rammelkammern“ an, wie Fachleute sagen. «Zum Liebesspiel“, wie es Bauer Hofmockel treffgenau formuliert. «Da schüttelt es die Bäume“, erklärt ein Förster — und jeden Waldbesitzer ebenso. Denn danach vermehren sich die kleinen Viecher, gerade bei Wärme, in Massen und schwärmen zu immer neuen Zielen aus.

Schnelles Handeln ist jetzt angesagt — auch damit der Holzpreis stabil bleibt. Waldbesitzer sind aufgerufen, ihre Fichtenbestände mindestens einmal pro Woche zu kontrollieren. Befallene Bäume müssten sofort gefällt und abtransportiert werden, heißt es aus dem Landwirtschaftsministerium, Kronen und Äste gehäckselt werden.

Die Sache hat nur einen Haken: Die Fuhrunternehmer kommen mit dem Abtransport kaum mehr hinterher, die Förster sind mit der Beratung bis an die Grenzen ausgelastet. Am liebsten würde Bauer Hofmockel deshalb das «Gelump verbrennen“. Doch bei der Waldbrandgefahr ist das ein riesiges Risiko — weit größer als wenn Tausende Käfer seinen Wald dahinraffen.