DB Cargo will 17 Verladestationen in Nordbayern schließen

25.5.2016, 11:00 Uhr
DB Cargo will 17 Verladestationen in Nordbayern schließen

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Wenn sich Richard Mergner, der Landesbeauftragte des Bund Naturschutz (BN) in Bayern, über den stetig wachsenden Lkw-Verkehr auslässt, greift er zu drastischen Worten: Ein "modernes Lumpenproletariat" sei da unterwegs, das drei Viertel des Jahres nicht zu Hause sei, auch am Wochenende auf Rastplätzen übernachte und durch Übermüdung und zu lange Lenkzeiten die anderen Verkehrsteilnehmer gefährde.

"Es ist ein offenes Geheimnis, dass da nicht nur Kaffee getrunken wird, sondern auch andere Stimulanzien geschluckt werden, um fit zu bleiben", meint er.

Die Kosten und Folgen des Lkw-Verkehrs für die Umwelt und die Gesellschaft müssten unbedingt mit einberechnet werden, um fairen Wettbewerb zu ermöglichen. Laut einer Studie des Schweizer Instituts Infras von 2007 verursacht der Transport von einer Tonne an Gütern über 1000 Kilometer mit dem Lkw gesellschaftliche Kosten von 29,80 Euro, auf der Schiene dagegen nur 9,50 Euro.

"Außerdem verbraucht die Bahn nur ein Drittel der Energie, verursacht nur ein Fünftel des CO2-Ausstoßes und ein Zehntel der Stickoxid-Emissionen", fügt Mergner hinzu.

Und trotzdem: Der Lkw-Verkehr nimmt gewaltig zu. In Nordbayern in den vergangenen Jahren um rund 70 Prozent, Tendenz stark steigend. Der Transport auf der Straße ist einfach konkurrenzlos günstig. „Wenn man auf der Straße auch für die Unfall- und Umweltkosten aufkommen müsste, wäre die Bahn in vielen Bereichen konkurrenzfähig“, meint Mergner.

DB Cargo fährt radikalen Sparkurs

"Der Warentransport auf der Straße ist viel zu billig. Er müsste deutlich teurer werden, um einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen", sagt auch Frank Hauenstein von der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Die Politik müsse dafür endlich die Rahmenbedingungen schaffen.

Dass DB Cargo tiefrote Zahlen schreibt und nicht nur an die Straße, sondern auch an die Konkurrenz mächtig verliert, liegt allerdings nicht nur an den Rahmenbedingungen. "Nach der Wirtschaftskrise wurden Investitionen zurückgefahren, viele Waggons wurden verschrottet statt sie zu reparieren und zu behalten. Jetzt haben wir ein Qualitätsproblem", bekennt Alois Frank, Mitglied des Gesamtbetriebsrats bei DB Cargo.

Als Konsequenz fährt DB Cargo einen radikalen Sparkurs und will wenig ausgelastete Verladestationen streichen. 430 sollen es bundesweit sein, davon 17 in Nordbayern.

"Bei einzelnen kann man das natürlich nachvollziehen. Aber Ansbach, Gunzenhausen und Triesdorf sind profitabel, die müsste man nicht streichen", meint Frank. An den drei Stationen werden pro Jahr insgesamt rund 1000 Güterwaggons verladen, die künftig auf der Straße transportiert werden müssten.

"Infarkt auf der Straße"

"Die Pläne der Bahn sind ein Fiasko. Wir werden einen Infarkt auf der Straße erleben", erwartet EVG-Vertreter Hauenstein. Die Schieneninfrastruktur müsse dringend weiter ausgebaut werden. Mit dem jüngst veröffentlichten Bundesverkehrswegeplan sei mit einem klaren Schwerpunkt auf dem Straßenausbau das falsche Signal gesetzt worden.

"Die Bahn muss eine Offensiv- und keine Rückzugsstrategie fahren. Wenn die Zubringer fehlen, fährt auch auf den Hauptstrecken irgendwann keiner mehr", befürchtet BN-Landesbeauftragter Mergner.

Schon jetzt sei der Güterverkehr auf der Schiene in einem "völlig desolaten Zustand". Nur etwa 18 Prozent des Warenverkehrs werden über die Schiene abgewickelt, auf der Straße sind es rund 73 Prozent.

Es gebe etliche Unternehmen, die gerne mehr Güter mit der Bahn transportieren würden, etwa der Fertiggaragen-Hersteller Zapf in Oberfranken. "Aber die haben keine Chance mehr, wenn ihnen die Bahn den Anschluss kappt", meint Mergner.

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