Der Professor, der zu wenig da ist

12.12.2007, 00:00 Uhr
Der Professor, der zu wenig da ist

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Wenn Prof. Stefan Fröhlich zu seiner ersten Lehrveranstaltung am Dienstag auftaucht, bringt er öfter mal seinen Rollkoffer ins Erlanger Kollegienhaus mit. Fröhlich lehrt an der Universität Erlangen-Nürnberg Politikwissenschaft - und reist für seine fünf Lehrveranstaltungen am Dienstag aus seinem Wohnort Bonn an. Wenn der Zug Verspätung hat, kann es schon vorkommen, dass es Fröhlich vorher nicht mehr in sein Hotel schafft. Nach einer Übernachtung fährt er dann am Mittwochnachmittag wieder zurück nach Nordrhein-Westfalen.

DiMi-Professor nennen die Studenten Stefan Fröhlich, weil er für sie nur dienstags und mittwochs greifbar ist. Auf der Absolventenfeier ihres Instituts machten sie am vergangenen Freitag ihrem Ärger im Erlanger Schloss Luft: «Es ist auch so ein Problem, dass viele Professoren nicht da sind, weil sie nicht in Erlangen wohnen«, klagte Absolvent Martin Kypta bei einer kleinen Rede. «Mehr Anwesenheit hätten sich mehrere Studenten gewünscht. Das ist ein Grundproblem am Institut.« Auch ein Kollege von Fröhlich pendelt; Prof. Clemens Kauffmann kommt aus Regensburg.

Der studentische Unmut richtet sich aber vor allem gegen Fröhlich, den Professor für Internationale Politik. Studenten haben sich inzwischen auch formell bei Studiendekan Prof. Michele Camillo Ferrari beschwert, weil Fröhlich seine Vorlesung angeblich mehrmals vorzeitig beendet habe. «Bei mir ist noch nie eine Veranstaltung ausgefallen«, rechtfertigt sich Fröhlich. «Wenn ich eine früher beendet habe, dann aus einem triftigen Grund. Ich habe dann aber gesagt, ich hole sie nach. Das habe ich auch schon getan.«

Kritik kam zudem auf, dass es unnötig schwerer geworden sei, die Fächer Politik und Soziologie zu kombinieren, weil Fröhlich mit einer Vorlesung ins Soziologie-Zeitfenster gegangen ist, statt am Freitag zu lehren. «Ich hatte im Sommer ein Forschungsfreisemester in Amerika und habe die Probleme deshalb gar nicht mitbekommen«, rechtfertigte sich Fröhlich. «Ich hätte mich nicht über die Bedenken des Instituts und der Studenten hinweggesetzt.«

Am Rande der Absolventenfeier warfen Studenten Fröhlich außerdem vor, dass eine seiner Sprechstunden auf den Weg zum Bahnhof verlegt worden sein soll. Fröhlich kontert: «Das ist lächerlich. Das ist keine Sprechstunde gewesen, sondern ein zusätzliches Angebot. Ich habe gesagt: ,Wir haben den gleichen Weg. Lassen Sie uns das auf dem Weg besprechen.‘« Fröhlich beteuert, er habe seine Studenten immer gut betreut. «Kein Student hat sich bei mir je beschwert, dass ich nicht ansprechbar bin.«

Teilweise sitze der Politologe in seiner Sprechstunde am Dienstagnachmittag - und kein Student komme zu ihm. «Studenten schicken lieber E-Mails, weil sie zu faul sind«, glaubt Fröhlich. Und diese könne man schließlich auch von Bonn aus beantworten. «Kein Student wartet bei mir länger als 24 Stunden auf eine Reaktion«, verspricht der C3-Professor. «Ich weiß schließlich, dass ich eine gewisse Kompensationspflicht habe, weil ich nicht fünf Tage da bin.«

Nach Auskunft des Wissenschaftsministeriums ist Fröhlich allerdings einen Tag zu wenig in der Woche in Erlangen. Paragraph vier der bayerischen Lehrverpflichtungsverordnung regelt, dass Professoren ihre Lehrverpflichtung grundsätzlich an mehr als zwei Tagen in der Woche zu erbringen haben: «Die zur Verfügung stehenden Vorlesungstage sollen ausgeschöpft werden.« Rektor Prof. Karl-Dieter Grüske, dem die Causa Fröhlich auf NZ-Anfrage angeblich noch nicht bekannt gewesen sei, versprach: «Wenn jemand seiner Verpflichtung nicht nachkommt, werde ich dem nachgehen. Sobald ich das erfahre, gehe ich da knallhart vor.«

Dass ein neu berufener Professor allerdings nach Erlangen ziehen müsse, da habe er keine Handhabe, meint Grüske. «Wir verpflichten aber jeden im Dienstvertrag, nach Erlangen zu ziehen.«

Fröhlich entgegnet, er habe vor fünf Jahren in den Berufungsverhandlungen kein Hehl daraus gemacht, dass er in Bonn wohnen bleibe: «Das ist von meinen Kollegen absolut akzeptiert worden.« Am Institut hört man Gegenteiliges.

Die Pendelei zwischen Bonn und Erlangen könnte aber schon bald ein Ende nehmen. Fröhlich hat gute Aussichten, von einer Uni in seiner Heimat einen Ruf auf einen Lehrstuhl zu erhalten. Deshalb verspricht der Politikwissenschaftler: «Erlangen wird nicht mehr lange über mich zu stöhnen haben.«

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