Doppelknall in Franken: So fingen Eurofighter Flieger ab

14.7.2018, 12:18 Uhr
Doppelknall in Franken: So fingen Eurofighter Flieger ab

© Sven Hoppe/dpa

Es ist exakt 16.29 Uhr als im Fliegerhorst in Neuburg an der Donau die Alarmglocken schrillen. Die Deutsche Flugsicherung meldet einen Vorfall im süddeutschen Luftraum. Zwischen Stuttgart und Nürnberg hat eine zivile Maschine den Funkkontakt zur zuständigen Kontrollzentrale der Flugsicherung verloren. Zwei Kampfpiloten des Taktischen Luftwaffengeschwaders 74 in Neuburg an der Donau werden über Funk kontaktiert. Sie befinden sich bereits zu einem Übungsflug in der Luft. Um 16.35 Uhr entscheiden sich die Kommandoführer am Boden, die beiden Eurofighter in den Einsatz zu schicken.

Auf der Jagd nach dem Flugzeug ohne Funkkontakt durchbrechen die Kampfjets um 16.49 Uhr die Schallmauer und erreichen Überschallgeschwindigkeit. Der charakteristische Doppelknall beunruhigt die Menschen in ganz Franken. Die Höchstgeschwindigkeit eines Eurofighters liegt bei etwa 2500 Kilometer pro Stunde – weit mehr als zweifache Schallgeschwindigkeit. Kurz nach Erreichen der Überschallgeschwindigkeit fangen die Kampfjets das Flugzeug, das sich zu diesem Zeitpunkt im Nürnberger Luftraum befindet, ab.

 

Einsatz von Eurofightern keine Seltenheit 

Wie in solchen Fällen üblich, positioniert sich eine Maschine hinter dem Zielflugzeug, während sich der andere Eurofighter links neben dem Cockpit in Stellung bringt. Am Donnerstag gelingt es auf diese Weise schnell, Sichtkontakt zum Piloten der zivilen Maschine herzustellen. Die Situation entpuppt sich als harmloser Bedienfehler des Piloten. Er hatte die Funkfrequenz versehentlich falsch eingestellt.

Genaue Zahlen zu derartigen Vorfällen, will die Luftwaffe aus Gründen der Geheimhaltung nicht veröffentlichen. "Als groben Anhaltspunkts kann ich sagen, dass die deutschen Alarmrotten 25 bis 35 mal pro Jahr ausrücken müssen", erklärt Stephan Prietzel, Hauptmann bei der Luftwaffe. Die zwei Alarmrotten, bestehend aus je zwei Kampfjets sind in Neuburg an der Donau und im niedersächsischen Wittmund stationiert. Ihre Einrichtung war eine Reaktion auf die Ereignisse vom 11. September 2001. Sie teilen sich den deutschen Luftraum auf. So ist sichergestellt, dass jeder Punkt am deutschen Himmel im Ernstfall binnen weniger Minuten erreicht werden kann.

Nato hat die Befehlsgewalt - bis auf eine Ausnahme 

Die Deutsche Flugsicherung kontrolliert mit insgesamt 2000 Fluglotsen permanent den Luftraum über der Bundesrepublik. Bis zu 10.000 Flugbewegungen beobachten die Mitarbeiter pro Tag. Bei Unregelmäßigkeiten informiert der zuständige Fluglotse das Combined Air Operation Center der Nato im nordrhein-westfälischen Uedem. Die Verantwortlichen dort befehlen gegebenenfalls den Aufstieg einer der deutschen Alarmrotten. Die Befehlsgewalt liegt also grundsätzlich in den Händen der Nato.

Bis auf eine Ausnahme: Liegt ein Terrorverdacht vor, fällt die Operation in nationale Hände und liegt in der Verantwortung der Luftwaffe. Zu einem solchen Terrorverdachtsfall, dem sogenannten "Renegade", kam es zuletzt im Februar 2017, als eine indische Maschine, die von Tschechien kommend in den deutschen Luftraum einflog, nicht mehr reagierte. Weil der Funkausfall ungewöhnlich lange andauerte und die Kampfpiloten zunächst keine Sicht ins Cockpit der Boeing hatten, vermutete man eine Flugzeugentführung. Auch dieser Zwischenfall ließ sich jedoch letztlich mit einem technischen Problem erklären.

Haben tatsächlich Terroristen ein Flugzeug gekapert und wollen es in bewohntem Gebiet zum Absturz bringen, stellen sich hochkomplexe rechtliche und ethische Fragen. Derzeit gibt es in Deutschland kein Gesetz, das den Abschuss eines entführten Verkehrsflugzeuges explizit erlaubt. Nach Artikel 65a hat die Verteidigungsministerin die Befehlsgewalt über die Streitkräfte. Theoretisch könnte sie also den Abschuss der Maschine anordnen. Was ethisch äußerst heikel ist, ist auch juristisch höchst umstritten. Anfechtbar wäre die Entscheidung in jedem Fall.

 

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