Einsatz in Mali: Oberpfälzer Soldat spricht über seine Ängste

17.3.2019, 05:53 Uhr
Einsatz in Mali: Oberpfälzer Soldat spricht über seine Ängste

© Foto: Kristin Palitza/dpa

"Ich weiß, worauf ich mich einlasse", sagt Thomas vor seiner ersten Auslandsmission. "Dennoch gibt es einige Unklarheiten – ich weiß beispielsweise nicht genau, wie der Alltag dort aussehen wird. Das macht mir schon irgendwie Sorgen."

Das Ziel seines ersten Einsatzes ist Mali. Die Aufgabe lautet: Die staatliche Ordnung wiederherstellen sowie Kriminalität unterbinden.

In Mali herrscht das ganze Jahr über ein schwieriges Klima. Für den Anbau der Lebensmittel hat die Bevölkerung aufgrund der alljährlichen Trocken- und Regenzeiten nur ein kleines Zeitfenster, rund zwei Drittel der gesamten Fläche bestehen aus Wüste. Dazu kommen Aufstände der Tuareg, ein Berbervolk aus dem nordöstlichen Teil Malis, und ein Militärputsch, der die Regierung in Mali zusätzlich stark destabilisiert hat.

 

Um den Staat und die Bevölkerung zu unterstützen, gründeten die Niederlande 2014 Camp Castor, das in der Nähe der Stadt Gao liegt. In diesem Militärlager aus Zelten und Containern wird Thomas, gemeinsam mit anderen Soldaten der Vereinten Nationen, die nächsten sechs Monate verbringen und auch für die Sicherheit des Camps verantwortlich sein.

Große Verantwortung

Thomas (Name geändert, der Soldat möchte anonym bleiben) gehört zu den Gebirgsjägern. Sein Dienstgrad: Feldwebel. Mit Anfang 20 hat er damit viel Verantwortung. Bei dem Einsatz, der Ende März beginnt, wird er zehn Soldaten führen. Als Feldwebel bildet er seine Gruppe so aus, dass sie gemeinsam auf jede Situation reagieren können.

"Die Grundausbildung haben alle absolviert, wenn sie zu mir kommen. Ich sorge dann dafür, dass wir uns im Notfall auch ohne viele Worte verständigen können", erklärt der junge Unteroffizier. Die Aufträge, die er und seine Gruppe erhalten, bekommt er von seinem Zugführer. Der ist für insgesamt vier Gruppen zuständig.

Training im Schnee

Die Vorbereitungen für den Einsatz laufen schon seit einiger Zeit. In Mali herrschen zu der Zeit des Einsatzes Temperaturen um die 50 Grad. In Bad Reichenhall, wo das Gebirgsjägerbataillon beheimatet ist, waren in den letzten Monaten dagegen Eis und Kälte an der Tagesordnung.

Doch auch das könne man sich zunutze machen, verrät Thomas: "Schnee verhält sich in gewisser Weise ähnlich wie Sand. Auf beidem ist es schwer, keine Spuren zu hinterlassen. Man kann sich also auch durchaus in der Kälte auf Westafrika vorbereiten." Camp Castor ist allerdings für extreme Wetterverhältnisse berüchtigt. Im Jahr 2014 tobte dort ein Sandsturm, die Region liegt am Rand der Sahara.

Bundeswehr-Einsatz erfordert Planung

Die Witterungsverhältnisse sind nicht das Einzige, auf das sich die Soldaten vorbereiten mussten: Ein Großteil des Gepäcks wurde bereits verschickt. Dabei muss jeder vorausschauend packen – Nachsendungen sind nur eingeschränkt möglich. Alles, was später per Luftpost nachkommt, darf beispielsweise keine Akkus enthalten. Außerdem sollte von allem genug für sechs Monate eingeplant werden.

Neben Nahrung und Hygiene ist für die Zeit in Mali auch die Bedeutung einer relativ abwechslungsreichen Freizeitgestaltung nicht zu unterschätzen. Die Soldaten werden insgesamt 24 Wochen auf relativ kleinem Raum zusammenleben. Da ist es wichtig, sich ablenken zu können – die Tage können lang werden. Außerdem müsse man beim Packen an verschiedenste Szenarien denken.

WLAN und Strom sei grundsätzlich vorhanden aber es funktioniere teilweise nicht reibungslos, so Thomas. "Außerdem haben wir vermutlich jedes in Deutschland verfügbare, Gesellschaftsspiel dabei", erklärt er mit einem Augenzwinkern. "Ich weiß nicht, wie viel Freizeit wir haben werden, aber die Stimmung sollte besser nicht kippen."

Dem Tod ganz nah

In wenigen Wochen heißt es Abschied nehmen. Auch wenn die Sicherheitslage momentan nicht kritisch ist, kann doch jederzeit etwas passieren. Es gab bereits zwei Tote bei einem Hubschrauberabsturz. Bei den Kameraden der Opfer in der Rother Otto-Lilienthal-Kaserne war die Trauer groß. Auch wenn dieser Unfall ohne jede Kriegseinwirkung geschah, kann so etwas immer wieder vorkommen.

Einen Gedanken an den Fall der Fälle verschwenden trotzdem nur wenige: "Ich finde, das Thema Tod und Verwundung wird in der Bundeswehr totgeschwiegen", sagt Thomas. Es gebe viele Kameraden, die sich nicht wirklich damit beschäftigen.

Dabei wäre das sehr wichtig. Der junge Oberpfälzer für seinen Teil, hat sich auf verschiedenen Wegen darauf vorbereitet, nicht zurück nach Deutschland zu kommen: "Es gibt vermutlich keine Vollmacht, die ich nicht unterschrieben habe."

Danach wird geheiratet

Neben den Soldaten sind natürlich auch ihre Angehörigen von dem Einsatz betroffen: "Es ist schon länger klar, dass es irgendwann ins Ausland gehen würde. Es ist also keine Überraschung für meine Familie aber es jubelt trotzdem niemand." Etwas, auf das sich Thomas nach seiner Rückkehr besonders freuen kann, ist die anstehende Hochzeit. Seine Freundin machte ihm kürzlich einen Heiratsantrag: "Das hat nichts mit dem Einsatz zu tun, wir reden schon länger darüber. Trotzdem steigt man mit einem besseren Gefühl ins Flugzeug."

Hat er Angst? "Da wird sicher nicht alles einfach, aber wir sind vorbereitet", sagt Thomas. In schwierigen Situationen habe ich mit den Gedanken an meine Verlobte auf jeden Fall etwas, das mir helfen wird durchzuhalten, bis ich wieder zurück bin."

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