Am Erlanger Bahnhof: Zug "überfährt" Wartende

22.12.2017, 14:46 Uhr
Panne in Erlangen: Ein RegionalExpress hat am Donnerstag seine wartenden Gäste am Bahnhof "stehen lassen".

© dpa Panne in Erlangen: Ein RegionalExpress hat am Donnerstag seine wartenden Gäste am Bahnhof "stehen lassen".

Ungläubiges Staunen und entsetzte Rufe auf Gleis 1 des Erlanger Bahnhofs, als am Donnerstagabend ein um 50 Minuten verspäteter RegionalExpress mit Tempo 120 durch den Bahnhof rauschte, ohne die wegen ständig neuer Verspätungsmeldungen stark verärgerten Fahrgäste mitzunehmen. Am nördlichen Ausgang des Gleises bemerkte der Lokführer seinen Irrtum und stieg derart in die Eisen, dass die Funken sprühten und es bis zum Marktplatz nach verbranntem Metall stank.

Da der Mann den mit Ziel Saalfeld in Thüringen bestimmten Zug noch unter dem grünen Ausfahrtsignal zum Stehen brachte, sprang dieses auch nicht auf Rot um, weshalb der Gleisabschnitt für den RE reserviert blieb, andere Züge also nicht folgen konnten. Dies nutzte der Zugführer, um nach einem Seitenwechsel den Zug in den Bahnhof zurückzufahren – die sich bereits zurückgelassen fühlenden Fahrgäste konnten einsteigen.

In Fürth hatte dieser Zug bereits für Ärger gesorgt, als er dort mit 15 Minuten Verspätung angezeigt worden war, weshalb viele Fahrgäste auf eine mögliche fast zeitgleiche Fahrt mit der S-Bahn verzichteten. Kaum war diese weggefahren, wurde der RE als mit 35 Minuten verspätet gemeldet - wegen "verzögerter Zugbereitstellung". Anders ausgedrückt: ihm fehlte der Lokführer. Als dieser schließlich kam und den Zug übernehmen konnte, hatte er es offenbar so eilig, dass er den kaum zu übersehenden Halt in Erlangen schlicht "überfuhr".

Die Fahrgäste im Zug waren von dem Manöver stark beeindruckt und staunten über das Wendemanöver, die Wartenden auf dem Bahnsteig reagierten zwischen ungläubigem Staunen und großer Erleichterung, doch noch mitgenommen zu werden.

Viele "Fake news"

Die abendliche Sondereinlage der Bahn ist aber nur ein Mosaiksteinchen in einem Kommunikationsdesaster sondergleichen. Seit Wochen werden die Fahrgäste auf den Bahnsteigen bei Verspätungen häufig nicht informiert, sondern an der Nase herumgeführt. Gemeldete Verspätungen entpuppen sich unzutreffend, was zu Adrenalinschüben bei bummelnden Fahrgästen führt, echte Verspätungen werden erst bei regulärem Eintreffen des Zuges gemeldet, obwohl sie längst bekannt sein müssen.

Großzügig geht die Bahn auch mit Änderungen in der Zugfolge um. Sind S-Bahnen erheblich zu spät, werden die einfach "umgedreht", d.h. sie fahren in den Herkunftsbahnhof zurück. Dabei wird an den Infotafeln ein Durcheinander veranstaltet, dass Fahrgäste bis zum Schluss nicht wissen, in welche Richtung der von ihnen bestiegene Zug eigentlich fährt.

Im Fernverkehr sind (erhebliche) Verspätungen keineswegs die Ausnahme, auch die völlig ausgedünnte IC-Verbindung über Jena und Leipzig ist ein großes Ärgernis. Und dass die nächtlichen Verbindungen nach Nürnberg um eine Linie reduziert wurden und dadurch Wartezeiten von fast zwei Stunden entstehen ist für viele Bahn-Nutzer ein Grund, die Fahr-Planer zum Teufel zu wünschen.

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