Aussichten für Erlangen sind besser denn je

19.1.2019, 18:00 Uhr
Aussichten für Erlangen  sind besser denn je

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Zahlen sind konkret. Und das Konkrete kommt diesmal überaus ansehnlich daher. Allein 125 Millionen Euro an Gewerbesteuereinnahmen – ein noch nie dagewesener Rekordwert. Der lässt ein entspanntes Lächeln zu und einen optimistischen Blick nach vorne. Ganz vom Bewusstsein geprägt, das Oberhaupt einer Stadt zu sein, "der es zurzeit richtig gut geht", war jedenfalls die Haushaltsrede von OB Florian Janik.

Dass die komfortable Finanzsituation aber nicht allein hausgemacht ist, ist Janik auch klar: "Wir profitieren von einer positiven Wirtschaftsentwicklung an einem attraktiven und blühenden Standort." Die augenblickliche Lage sei "wesentlich der guten Konjunktur im ganzen Land geschuldet".

Und so möchte er gleichsam die Gunst der Stunde für Erlangen nutzen und rund vier Millionen Euro Schulden abbauen, natürlich keine weiteren machen und gleichzeitig 55 Millionen Euro in eine "lebenswerte" Stadt investieren — mehr noch als im letzten Jahr, aber weniger als geplant. Denn ursprünglich wollte man sogar rund 61 Millionen Euro in die Hand nehmen.

Nun können aber einige Projekte nicht so schnell durchgezogen werden, wie einst erhofft, sei es durch fehlendes Personal oder durch Firmen, die selbst mit übervollen Auftragsbüchern fertig werden müssen. Davon betroffen sind unter anderem der neue Werkstättentrakt der Berufsschule oder auch der Frankenhof. Diese millionenschweren Investitionen werden vorerst hintangestellt.

Neben Standartthemen wie "bezahlbaren Wohnraum schaffen" oder weiter auf eine "zukunftsorientierte Verkehrspolitik" hinarbeiten, ging Janik auf die Personalkosten ein, die mit insgesamt 127 Millionen Euro einen dicken Brocken im Haushalt ausmachen. Davon abgesehen zeigte sich der OB erfreut darüber, dass der Stadtrat grünes Licht dafür gab, dass 2019 für 1,8 Millionen Euro weitere Stellen geschaffen werden können. Denn "ohne gut qualifizierte Beschäftigte können wir die vielen Chancen und Herausforderungen für Erlangen nicht gestalten." Unterm Strich stellt sich der Oberbürgermeister mit seiner rot-grün-gelben Koalition ein gutes Zeugnis aus: "Mit diesem Haushalt setzen wir ein starkes Signal genau in die richtige Richtung."

Zahlen sind konkret. Und die Haushaltszahlen sogar so, dass nicht einmal die CSU groß daran herummäkeln kann. Fraktionsvorsitzender Jörg Volleth räumte ein, dass es Erlangen so gut gehe wie noch nie, was eben die Haushaltssituation angeht: Keine Neuverschuldung, zudem Schuldenabbau und ein Sack voller Investitionen. "Eigentlich müsste man zufrieden sein, könnte sich zurücklehnen und glauben, ,in Erlangen läuft’s‘. Erlangen wird gut regiert. Alles ist in Ordnung. Aber dem ist nicht so", meinte Volleth.

Der CSU-Mann sprach Themen an, die jenseits von nüchternen Zahlen liegen. Sprach von vielen Menschen in Erlangen, die "mit der derzeitigen Stadtpolitik unzufrieden sind", die sich schlicht "vernachlässigt fühlen" vom OB und der Art und Weise wie mit der rot-grün-gelben Mehrheit Politik gemacht werde. Auch die CSU selbst fühlt sich "nicht ernst genommen, nicht mitgenommen" Volleth kritisierte mit Blick auf Janik eine "Politik von oben herab, nach Gutsherrenart".

Ein scharfer Blick auf die Personalkosten gehört seit jeher zu den CSU-Standards. Für neue Stellen wollten die Christdemokraten diesmal lediglich 1,35 Millionen Euro locker machen — und sind damit gescheitert. Obschon ihnen klar ist, dass eine "wachsende Stadt und ständig wachsende Aufgaben mehr Personal erfordern", möchte man sich doch von so guten Haushaltsjahren nicht einfach hinreißen lassen und die Personalkosten aus den Augen verlieren.

Entgegenkommend zeigt sich die CSU bei den geplanten Investitionen. Viele davon "können wir mittragen und finden unsere Unterstützung". Aber nicht alle. Der geplante Neubau eines Verwaltungsgebäudes in der Gebbertstraße, auch "Technisches Rathaus" genannt, ist ein No-Go für die CSU. Die veranschlagten 20 Millionen Euro sollte man besser sparen und sich stattdessen bei den demnächst leer werdenden Siemens-Gebäuden umschauen. Diese und noch etliche andere Kritikpunkte waren schließlich der Grund dafür, dass die CSU-Stadtratsfraktion den Haushalt 2019 ablehnte.

Dagegen stimmte die SPD-Fraktion "mit großer Überzeugung" für das vorliegende Zahlenwerk, das "deutlich geprägt" sei von "sozialdemokratischen Zielen und Prioritäten". Fraktions-Chefin Barbara Pfister sprach unter anderem jene stadtplanerischen Herausforderungen an, um dem Klimawandel auf lokaler Ebene begegnen zu können. In diesem Zusammenhang findet sie es "sehr bedenklich und bedauerlich", dass nicht alle im Stadtrat so richtig mitziehen, was die "dringend erforderliche Verkehrswende" angeht und hier "nach wie vor kein breiter Konsens zu erkennen" sei.

Erfreulich sei allerdings, dass in 2019 mehr neue Stellen geschaffen werden können, so Pfister. Auch weil die Beschäftigten in vielen Bereichen der Verwaltung nach wie vor "zu stark belastet" sind.

Mit einem Loblied auf die "außergewöhnlich gute" Finanzlage stimmte FDP-Mann Lars Kittel seine Haushaltsrede an, um relativ schnell auf den aktuellen Schuldenstand zu kommen. Der liegt bei 142,7 Millionen Euro (2018), also 11,6 Millionen niedriger als 2017 (154,3 Millionen). Dennoch warnte Kittel vor steigenden Zinsen und einer "strangulierenden Schuldenlast", die die Handlungsfähigkeit künftiger Generationen einschränken könnte.

Kritisch sieht Anette Wirth-Hücking (FWG), dass einige Projekte nicht umgesetzt werden – beispielsweise das bereits 2016 beschlossene Fahrradparkhaus am Bahnhof. Und dass das Stadtteilhaus Eltersdorf ebenfalls nicht realisiert wird und nochmals in die Planung muss, ist auch nicht im Sinne der FWG. Bei den Neueinstellungen wäre die FWG noch bis 1,5 Millionen Euro mitgegangen.

"Ärgerlich" ist auch für Wolfgang Winkler, Grüne Liste, dass aus dem Stadtteilhaus Eltersdorf vorerst nichts wird. Mit der Bemerkung, dass eine "schlanke Verwaltung" durchaus in Ordnung sei, aber eben keine "magersüchtige", verteidigte er jene Neuschaffung von Stellen. An die Adresse der Linken gerichtet, erteilte er einer Erhöhung der Gewerbesteuer ein klare Absage — "bei 125 Millionen Euro Einnahmen muss man darüber nicht nachdenken".

Das "deutliche Bürgervotum" gegen das neue Baugebiet West III habe die Haltung der Linken nur bestätigt, so Johannes Pöhlmann. "Erlangen hat die Grenzen des Wachstums erreicht, mehr Arbeitsplätze und mehr Uni geht in Erlangen nicht mehr, denn jeder neue Arbeitsplatz in Erlangen verschärft die Wohnungsnot." Die Stadt müsse endlich den "Kampf um die Erhaltung günstiger Bestandswohnungen aufnehmen", forderte Pöhlmann. Überhaupt müsse "Wohnen" den Vorrang vor Uni und Gewerbe bekommen.

Eine "ökologische Perspektive" vermisst Barbara Grille von der ÖDP im Haushalt 2019. Obschon eine "grüne Bürgermeisterin" mit am Ruder ist, werden letztlich "immer mehr Flächen versiegelt.

Auch mit der Personalpolitik hat die ÖDP so ihre Schwierigkeiten. Dass an einigen Stellen weiteres Personal benötigt wird, sei ja unbestritten. "Allerdings sehen wir den enormen Anstieg von insgesamt 273 Planstellen, seit die Ampelregierung hier agiert, auf nun insgesamt 2166 Planstellen doch sehr kritisch", so Grille. Nicht zuletzt deshalb gab’s von ihrer Seite die rote Karte für den Haushalt.

 

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