Bahn-Chaos bei Erlangen: Stundenlanges Warten in der Kälte

5.12.2016, 10:14 Uhr
Ein Oberleitungsschaden bei Erlangen legte den ganzen Zugverkehr auf der Strecke Nürnberg nach Bamberg lahm. Aus einem Regionalexpress mussten rund 400 Fahrgäste evakuiert werden.

© Klaus-Dieter Schreiter Ein Oberleitungsschaden bei Erlangen legte den ganzen Zugverkehr auf der Strecke Nürnberg nach Bamberg lahm. Aus einem Regionalexpress mussten rund 400 Fahrgäste evakuiert werden.

 Ein außer Kontrolle geratener Schwenkarm an einem Kran hat in der Nähe des Hauptbahnhofs in Erlangen ein Bahnchaos verursacht. Die Baumaschine kappte am Samstag gegen 14 Uhr eine Oberleitung auf 300 Metern Länge und sorgte für stundenlange Beeinträchtigung des Bahnverkehrs. Durch die beschädigte Oberleitung blieb ein Regionalzug stehen. Wie die Polizei am Sonntag mitteilte, mussten Einsatzkräfte bis zu 400 Passagiere aus dem Zug in Sicherheit bringen. 

Erst eine Stunde nach dem Unglück wurde die Erlanger Feuerwehr alarmiert, es hieß, ein Kran sei auf die Oberleitung gefallen. Die Erkundung ergab jedoch, dass das Baugerät sicher stand. THW sowie der Rettungsdienst wurden ebenfalls alarmiert, um die Fahrgäste zu evakuieren und zu versorgen. Auch ein Notarzt wurde hinzu gezogen.

Die Kräfte der Feuerwehr sammelten zunächst alle in der Nähe zur Verfügung stehenden Holzbohlen ein und schleppten sie den Bahndamm hinauf. Damit wurde vom hinteren wie auch vom vorderen Zugteil aus jeweils ein einigermaßen befestigter Steg bis zu einer Bautreppe verlegt, die hinunter führt zur Münchener Straße.

Nachdem Busse bereitgestellt worden waren, begann die Evakuierung der Fahrgäste. Sie mussten über Leitern auf das Gleisbett steigen. Feuerwehrleute und die ehrenamtlichen Kräfte des THW begleiteten sie über die Baustelle. Es dauerte fast zwei Stunden, bis beide Zugteile leer waren. Der Rettungsdienst betreute die gestrandeten Menschen, und die Schnelleinsatzgruppe des BRK versorgte sie mit warmen Getränken.

Aufgrund der Gleissperrung auf der Bahnstrecke Erlangen-Bamberg  mussten die Fahrgäste, darunter auch Clubfans und Besucher des Christkindlesmarktes, mehrere Stunden am Bahnhof Vach auf die Weiterreise warten.

Zur Unterstützung der Bundespolizei wurde eine Hundertschaft zur Betreuung der Fahrgäste eingesetzt. Die zunehmend erhitzten Gemüter konnten letztendlich durch Lautsprecherdurchsagen, einen Schienenersatzverkehr und die Versorgung mit Warmgetränken beruhigt werden. Auf Facebook regten sich etliche Bahnkunden über die fehlende Organisation auf. So echauffierte sich Userin Daphne Bratic: "Verzögerungen und Einschränkungen....???? Es war eine absolute Unverschämtheit, was da in Vach abgelaufen ist! Hunderte von Menschen u.a. Kleinkinder sind dort stecken geblieben, ohne Informationen etc. ...Keine WC'S, manche haben ein paar Stunden gestanden, weil nur ein Bus gekommen ist und der dann regelrecht gestürmt wurde und das bei diesen Temperaturen draußen. Grüsse an die DB, ein wenig Koordination wäre angebracht gewesen."

Petra Oppermann kritisierte unter dem Facebook-Kommentar der Nürnberger Nachrichten die fehlende Informationspolitik der Deutschen Bahn: "Von Fürth Hauptbahnhof wurden wir nur bis Vach mit dem Zug transportiert im Zug nur kurze Durchsage das bei Vach Endstation ist Schienenersatz kam auch nicht ...." (Nutzerin: Petra Oppermann)

"Entschleunigung ist genau das richtige zur Adventszeit. Die Wartenden sollten einen Glühwein trinken gehen! Wann kriegt man schon mal Zeit geschenkt?" (Nutzer: Michael Bösl)

"Werbewochen für das Auto." (Nutzer Cornelius Marmulla)

"Der Service der Bahn wie immer grottenschlecht. Keine Information, keine Ersatzbusse. Die Linienbusse in Erlangen wegen Überfüllung nicht betretbar. Fahrgäste mit DB Ticket mussten im Bus extra zahlen. Erlangen nach Nürnberg: 2 Stunden, daher nur noch mit dem Auto" (Nutzerin Gerda Reuß)

Gegen 21.30 Uhr wurde der Einsatz der Kräfte der mittelfränkischen Polizei in diesem Zusammenhang beendet.

Vom Ausfall betroffen waren die Regionalexpresslinien Würzburg-Bamberg und Nürnberg-Bamberg-Lichtenfels-Sonneberg. Zudem gab es Einschränkungen auf der Strecke Saalfeld-Nürnberg. Die Züge des Fernverkehrs auf der Strecke München-Leipzig leitete die DB über Fulda und Würzburg um. Auf der S-Bahn-Linie 1 (Pommelsbrunn-Bamberg) verkehrten keine Züge zwischen Vach und Hirschaid.

Klirrend kalt: Paar verbrachte Nacht im Sozialraum der Polizei

Für ein Pärchen aus Neustadt an der Orla endete das Bahnchaos unfreiwillig bei der Lichtenfelser Polizei. Der 60-jährige Mann und seine 56-jährige Frau hatten sich nach ihrem Urlaub mit dem IC auf den Weg von München nach Saalfeld gemacht. Der Intercity musste seine Fahrt allerdings in Erlangen unterbrechen. Dort sollte eigentlich der Anschlusszug bereitstehen. Doch daraus wurde nichts. Nach einer Odysee mit Regionalbahnen gelangte das Ehepaar nach Lichtenfels, wie die Polizei mitteilte. Dort stellten beide fest, dass der nächste Zug in Richtung Heimat erst am Sonntagmorgen fahren sollte. 

Da das Bahnhofsgebäude in der Nacht abgeschlossen werden musste, und alle Hotels ausgebucht waren, wollte das Pärchen die Taxikosten sparen und wandte sich hilfesuchend an die Polizei. Angesichts klirrender Kälte (-8 Grad) spendeten die Beamten dem gestrandeten Pärchen eine Herberge. "Kuh und Esel fehlten allerdings im Stall beziehungsweise Sozialraum der Polizeiinspektion", erklärte die Polizei am Sonntag in einer Mitteilung. Am nächsten Morgen ging es für das Ehepaar dann wohlverdient in Richtung Heimat.

Der Artikel wurde letztmals am Montag um 10.23 Uhr aktualisiert.

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