Balleis knüpft sein Ja zur St UB an feste Bedingungen

23.8.2012, 11:45 Uhr
Balleis knüpft sein Ja zur St UB an feste Bedingungen

© Mark Johnston

Balleis will außerdem eine Verpflichtung der Chefetagen und Betriebsräte der hiesi­gen Konzerne, dass sie ihre Autopark­plätze für Mitarbeiter kostenpflichtig machen. Dagegen hat Bayerns Ver­kehrsstaatssekretärin Katja Hessel (FDP) bekräftigt: „Die St UB ist ein Muss.“

Eine „Perlenschnur­besiedelung“ im Knoblauchsland und zwischen Erlangen und Herzogenau­rach sowie ein „konsequentes Park­raum- Management“ der großen Arbeitgeber nennt Oberbürgermeister Siegfried Balleis (CSU) im EN­Ge­spräch als Voraussetzungen für sein mögliches Ja zur St UB. Zu diesen Punkten erwarte er „schriftliche Bestätigungen“ von Nürnbergs Stadt­oberhaupt Ulrich Maly (SPD) sowie den Betriebsräten und den Unterneh­mensspitzen von Siemens, Areva, adi­das, Puma und Schaeffler.

Bekanntlich wird das Kommunal­parlament Ende September einen Grundsatzbeschluss zur Zukunft des ÖPNV im Großraum fällen. Bereits wenige Tage nach dieser Stadtratssit­zung müssen entsprechende Förderan­träge in München vorliegen, um Aus­schlussfristen nicht ungenutzt ver­streichen zu lassen. Alle Stadtratsfrak­tionen haben sich längst positioniert — mit Ausnahme der Christsozialen und des OB Balleis. Dass eine Mehr­heit für die Anmeldung für St UB-För­dergelder stimmen wird, gilt als sicher.

„Hausaufgaben machen“

„Die Unternehmen müssen ihre Hausaufgaben machen; im Klartext: ein Parkraum-Management einfüh­ren“, fordert Balleis. „Wir machen das bei der Stadt schon seit 15 Jah­ren.“ Im Vorfeld habe er sich zwar bei allen Beteiligten den Mund fusselig reden müssen, aber es funktioniere. Für viele Beschäftigte entstünde nur dann ein echter Anreiz, vom Auto auf den ÖPNV umzusteigen, wenn für bis­lang kostenlos nutzbare Firmen-Park­plätze zum Beispiel 70 bis 80 Euro im Monat bezahlt werden müssten. „Stell’ dir vor, wir haben eine St UB und keiner fährt damit. Das ist für mich ein Horror-Szenario“, bilanziert Balleis. „Ich muss das so hart sagen: Dann wäre die St UB fehlinvestiertes Geld. “

So wie es Herzogenaurachs OB Ger­man Hacker (Balleis: „Er hat das ohne­hin in der Planung“) bereits für das Gebiet entlang des vorgesehenen St UB-Westasts getan habe, müsse auch sein Nürnberger Amtskollege schriftlich zusagen, dass die Nachbar­kommune Baugebiete entlang der B4 ausweisen werde. „Es wäre doch sinn­los, die St UB zehn Kilometer weit an Spargel und Kohlköpfen vorbeifahren zu lassen“, meint Balleis. Stattdessen schwebt Erlangens Verwaltungschef vor, dass rund um die künftigen St UB-Haltestellen im Knoblauchs­land in konzentrischen Kreisen etwa in einem 1000-Meter-Radius Wohn­raum geschaffen wird und Firmen angesiedelt werden.

Anders als noch vor wenigen Wochen, als Erlangens OB darauf hin­wies, dass ein Grundsatzbeschluss pro St UB zugleich ein Beschluss zum Bau derselben sei (die EN berichteten), sieht der Verwaltungschef mittler­weile die „Stunde der Wahrheit“, den „Lackmustest“ erst Mitte nächsten Jahres auf die Stadt Erlangen und die übrigen beteiligten Gebietskörper­schaften zukommen. „Dann müssen wir sagen: Wir machen’s oder wir machen’s nicht.“

Als „ein Szenario“ hält es Balleis für denkbar, dass der Erlanger Stadt­rat in seiner Sitzung am 27. Septem­ber entscheidet, die St UB zwar für Fördermittel anzumelden, allerdings „mit einer Ausstiegsoption“. Auf diese Weise bliebe unter Umständen im kommenden Jahr noch Zeit, über ein Ratsbegehren die Erlanger in einem Bürgerentscheid zu befragen, ob sie mehrheitlich die St UB wollen oder nicht. Noch vor der Sommerpause war Bal­leis („ich bin damit ja ein bisschen vor­geprescht“) mit solch einem Vorstoß nicht zuletzt am Widerstand von CSU und FDP gescheitert. Vertreter beider Fraktionen hatten seinerzeit ein Rats­begehren als verfrüht abgelehnt.

Nun gibt Balleis klar zu erkennen, dass er die Erlanger Bürger im Sommer nächs­ten Jahres über die St UB abstimmen lassen möchte, „wenn klare Fakten auf dem Tisch liegen“. Geld für die Planung — jeweils bis zu fünf Millionen Euro — muss nur dann schon in den Haushalt 2013 und 2014 eingestellt werden, falls die St UB bis zum Jahr 2019 fertig sein soll. Balleis: „Ich gehe aber eher davon aus, dass das länger dauern würde.“ Über die Variante, heuer Fördermit­tel zu beantragen und erst 2013 grund­sätzlich zu entscheiden, denken nach EN­-Informationen schon seit länge­rem Vertreter der FDP- und CSU-Stadtratsfraktionen nach, falls bei die­sem Vorgehen keine nennenswerten Summen für ein Verkehrssystem ver­schwendet würden, das dann doch nicht gebaut wird. „Geld für die Pla­nung auszugeben und dann wieder auszusteigen, wäre ein Schildbürger­streich sondersgleichen“, so Balleis zu den EN. „Dann kämen wir ins Schwarzbuch des Bundes der Steuer­zahler.“

„Warum die St UB ein Muss ist“

Die bayerische Verkehrsstaatssekre­tärin Katja Hessel (FDP) hat gestern ein klares Ja zur St UB gefordert: „Die Bahn ist die schnellere und attrakti­vere Lösung im Ver­gleich zu den heutigen oder zukünftigen Busver­bindungen und anhand des erzielbaren Fahrgast­potenzials eindeutig im Vorteil bei der Minimie­rung des bestehenden Pendelverkehrs.“ Darü­ber hinaus spare sie fast doppelt so viel Pkw-Fahrleistung und vier Mal so viel CO 2-Emissio­nen ein wie eine Alterna­tive mit einem erweiter­ten Busverkehr. Ein sol­cher würde die jetzt schon vollen Straßen außerdem zusätzlich belasten.

Täglich pendeln heute 9000 Menschen nach Her­zogenaurach, das mit sei­nen Unternehmen einen enormen Wirtschaftsfak­tor für die Metropolre­gion darstellt und mit 23000 Einwohnern eine der drei größten bayeri­schen Städte ist, die noch immer ohne Schie­nenanschluss auskom­men müssen, kritisiert Hessel.

Klar rentabel

Die St UB würde nicht nur Entlastung auf den Straßen bringen, son­dern auch die Lärmbeläs­tigung für alle Anwoh­ner nahe den Pendelstre­cken verringern. Das un­längst vorgestellte Gut­achten zeige, „dass die Bahn mit einem Nutzen-Kosten-Indikator von 1,1 langfristig rentabel ist und eine lohnende Investi­tion für die Region, die Städte und Gemeinden bedeutet“. Bereits heute stehe in Erlangen nur noch begrenzter Wohnraum zur Verfü­gung. Künftig sei mit weiterem Zuwachs an Einwohnern und Beschäf­tigten zu rechnen, so die Verkehrs­staatssekretärin. Die starken Pendler­ströme würden langfristig zur Über­lastung des Straßennetzes führen.

Die St UB sei daher nicht vorrangig für den innerstädtischen Verkehr geplant, sondern soll den stetig wach­senden Autostrom über die Stadtgren­zen beruhigen. Allein mit einer Steige­rung des Busverkehrs sei dies nicht ebenso effizient zu erreichen. „Des­halb bedarf es der gemeinsamen Anstrengung von Kommunen und pri­vaten Partnern, damit die St UB Reali­tät wird“, verlangt Hessel. Wie hoch die zu erwartenden Kosten letztlich sein werden, hänge auch davon ab, welche Trassenführung am Ende reali­siert wird.

„Es wäre wünschenswert, wenn alle Beteiligten die klaren Vorteile der St UB erkennen“, meint die liberale Politikerin. „Sie ist umweltfreundli­cher, bietet mehr Fahrgastpotenzial und verbindet die Städte im Herzen der Metropolregion weitaus effizien­ter. Davor sollten alle Beteiligten nicht die Augen verschließen. Die St UB ist eine große, aber lohnende Investition für die Zukunft der gesam­ten Region.“

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