Bloß kein Konterbier: Darauf sollten Sportler mit Kater achten

19.8.2018, 11:00 Uhr
Bloß kein Konterbier vor dem Fußball: Davon rät der Experte ab.

© Sportfoto Zink / WoZi Bloß kein Konterbier vor dem Fußball: Davon rät der Experte ab.

Herr Reljic, für Autofahrer gilt eine Promillegrenze von 0,5. Was empfehlen Sie Amateursportlern?

Dejan Reljic: Grundsätzlich gilt, wenn man am nächsten Tag einen Wettkampf oder ein Spiel hat oder leistungssteigernd trainieren will: zero Alkohol. Der Alkohol wird über die Leber abgebaut, die Regeneration ist gehemmt. Auch das Herz-Kreislauf-System ist belastet. Deshalb rate ich klipp und klar: kein Alkohol vor dem Sport. Es ist übrigens auch nicht ideal, wenn man sich das Bierchen hinterher gönnt. Nach dem Sport läuft die Regeneration auf Hochtouren. Ist der Körper mit dem Entgiftungsprozess beschäftigt, stört das zum Beispiel den Muskelaufbau oder andere Regenerationsprozesse.

Und wenn man es am Abend vorher doch etwas übertrieben hat?

Dann ist es wichtig, viel zu trinken. Der Körper ist auf Flüssigkeit und Mineralstoffe angewiesen. Diese kann man gegebenenfalls auch über eine Brausetablette mit Magnesium, Calcium und Kalium zu sich nehmen, wenn man etwas stärker in den Seilen hängt. Alkohol führt dazu, dass man mehr Flüssigkeit ausscheidet als man zu sich nimmt. Dazu kommt, dass Alkohol per se ein Giftstoff ist, der für Kopfschmerzen, Übelkeit und Schwindel sorgen kann. Das kann insbesondere dann gefährlich werden, wenn zusätzlich bestimmte Risikofaktoren bestehen. Es kann zu Herz-Rhythmus-Störungen kommen. Wenn man besonders stark über die Stränge geschlagen hat, können auch junge Menschen gefährdet sein.

Also sollte man lieber den Trainer anrufen, mit einer fadenscheinigen Begründung absagen und sich auf die Couch legen.

Ein lockerer Dauerlauf ist für den Ausnüchterungsprozess ratsam. Allerdings nicht, weil der Körper den Alkohol dadurch schneller abbaut. Es bleibt bei der Faustregel 0,1 Promille pro Stunde, unabhängig vom Sport. Doch durch die Bewegung kommt der Kreislauf in Schwung, der Stoffwechsel wird angeregt. Man fühlt sich besser.

Wenn nun aber ein Turnier ansteht und man eben spielen muss: Lieber gleich ein Konterbier trinken?

Das ist eher kontraproduktiv. Die Leber ist nach wie vor damit beschäftigt, den Alkohol abzubauen. Wenn noch on top ein Bier kommt, stört das den Entgiftungsprozess. Wenn man nicht darauf verzichten möchte, sollte es ein alkoholfreies Konterbier sein. Dagegen wäre nichts einzuwenden.

Bloß kein Konterbier: Darauf sollten Sportler mit Kater achten

© Hector-Centrum Erlangen

Die Hitze aktuell macht es auch nicht besser.

Richtig. Durch den gesteigerten Schweißverlust fehlt dem Körper Flüssigkeit. Der Alkohol sorgt zusätzlich für übermäßigen Verlust an Flüssigkeit. Und die Temperaturen sind auch eine zusätzliche Belastung für das Herz-Kreislauf-System.

Hilft wenigstens fettiges Essen?

Ich empfehle, das Magen-Darm-System nicht zu stark zu belasten. Man sollte auch die Leber, die bereits mit dem Abbau des Alkohols beschäftigt ist, nicht noch zusätzlich mit Fett beanspruchen.

Keine Pommes also. Was dann?

Ich möchte gar nichts Konkretes nennen. Das Essen sollte leicht verträglich sein und möglichst nicht zu fettig. Man kennt das ja: Wenn es einem nicht so gut geht, verträgt jeder etwas anderes besser.

Angeblich hilft Rote Beete.

Ja. In Rote Beete ist eine hohe Menge an Nitrat enthalten. Nitrat erweitert die Gefäße und verbessert so die Durchblutung im Körper. Teilweise wird Rote Beete genau deshalb von Sportlern gegessen. Ebenso könnte man auch andere nitrathaltige Lebensmittel wie Spinat oder bestimmte Blattgemüse essen. Doch es ist kein Wundermittel.

Einige Amateursportler rauchen. Gerade wenn es einem schlecht geht, greift man ja gerne zur Zigarette.

Da gibt es ein ganz entschiedenes Veto von mir! Der Körper ist durch den Alkohol schon ausreichend damit beschäftigt, die Giftstoffe abzubauen. Nach dem Sport atmet man in der Regel besonders tief und schnell, sodass mehr schädliche Stoffe in die Bronchien geraten. Auch eine gewisse Zeit nach dem Sport sind die Lungenbläschen noch besonders aktiviert und geweitet. Dadurch reagieren sie empfindlicher auf Nikotin. Abgesehen davon, dass Rauchen allgemein schädlich ist, wird es nach dem Sport noch eine Spur schädlicher.

Zumindest aber kann man durch den Sport die zwei Maß Bier vom Vorabend wieder abtrainieren, oder?

Abnehmen hat ja immer mehrere Komponenten. Den Tag nach der Feier sollte man allerdings nicht für ein intensives Training nutzen, nur für Regeneration. Intensiv trainieren kann man wieder, wenn man sich besser fühlt und den Kater überstanden hat. Dann kann man wieder angreifen.

... und dem Bierbauch den Kampf ansagen?

Es hängt von der Dauer und Intensität der körperlichen Aktivität ab, wie viele Kalorien man verbrennt. Schaut man sich die Tabellen an, ist es aber schon ernüchternd, wie lange man Sport machen muss, um zwei Maß Bier zu verbrennen. Um den Bierbauch wirklich weg zu bekommen, braucht es zwei Säulen. Man muss auf die Ernährung achten und Sport machen. Ich nenne das auch das Gesetz der Thermodynamik. Für eine längerfristige Gewichtsabnahme muss über einen längeren Zeitraum mehr Energie verbraucht werden als zugeführt wird. Dann kommt es zur Gewichtsabnahme.

 

Dr. phil. Dejan Reljic ist leitender Sportwissenschaftler des Hector-Centers für Ernährung, Bewegung und Sport am Universitätsklinikum Erlangen. Das Zentrum wurde vor einem Jahr eröffnet. Zuvor war Reljic sieben Jahre lang in Heidelberg tätig. Ursprünglich wollte der 37-Jährige Profi-Basketballer werden, jeweils ein Jahr hat er bei Real Madrid und bei Paris Saint-Germain gespielt. Als erste Verletzungen aufkamen, entschied sich Reljic dafür, "etwas Anständiges zu lernen" und begann sein Studium. Jetzt hält er sich mit Joggen fit.

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