Brander Keramikmeister baut individuelle Kachelöfen

15.9.2016, 11:30 Uhr
Brander Keramikmeister baut individuelle Kachelöfen

Bei Erwin Stadler darf es immer etwas bunter sein. Er ist kein Mann für das Gewöhnliche. Das gilt für seine Schuhe, geblümte Schlappen im Birkenstock-Stil, vor allem aber für seine Arbeit. Der 60-Jährige ist Meister für Keramik- und Kachelofenbau. Beides verbunden, fertigt Stadler individuelle Kachelöfen. Jede einzelne Kachel stellen der Handwerker und seine drei Mitarbeiter selbst her.

„Weiße und gemauerte Kaminöfen bieten wir natürlich auch an. Aber das ist keine Kunst. Klassischer Ofenbau macht mir mehr Spaß.“ Seit 39 Jahren ist Stadler selbstständig. Im Lauf der Zeit hat sich in und um seine Werkstatt in Brand ein buntes Sammelsurium an Keramik-Figuren angesammelt, es gibt einen Ausstellungsraum und ein Keramik-Café, wo man Tonfiguren selbst bemalen kann. In den hinteren Räumen wird gearbeitet. Und das bei gut 50 Grad.

Herzstück der Werkstatt sind die großen Tonöfen. Die Wärme, die von ihnen abstrahlt, ist trocken. Staub wirbelt durch die Luft, die Sonne scheint schwach durch die milchigen Scheiben. In jeder Ecke, auf allen Balken und in der kleinsten Nische sind Tonfiguren verstaut. In Vasen sammeln sich Werkzeuge. Auch wenn alles voll steht, wirkt es ordentlich. Jedes Teil hat seinen Platz.

An einem großen Tisch steht Erwin Stadler, einen nackten Fuß lässig auf die Blümchen-Schlappen gestützt, mit einem Bleistift in der Hand. „Wir zeichnen jeden Kachelofen 1:1 nach.“ 100 bis 150 Teile kann ein Kachelofen haben. Wichtig also, da nicht durcheinander zu kommen.

Zuvor fertigt der Handwerker eine Skizze an, freihand mit einem Bleistift und Buntstiften. „Es gibt PC-Programme dafür. Aber ich bin vor meiner Ausbildung in eine Kunstschule gegangen.“ Für Stadler ist Ofenbau auch Kunst, zumindest, wenn er kreative Aufträge bekommt. Früher hatte Stadler eine Lieferzeit von bis zu zwei Jahren, jetzt sind es vom Auftrag bis zum Aufbau rund sechs Wochen. Die meiste Zeit beansprucht das Fertigen der Keramik.

Das Material lagert im Tonraum, einem luftdichten Zimmer. Hinter einer großen Stahltür ruht ein riesiger Haufen grauer Ton, 20 Tonnen passen insgesamt hinein. „Jetzt sind es vielleicht noch 15.“ Sobald die Tür offen ist, übermannt einen ein erdiger, feuchter Geruch. Der Handwerker liebt diesen Duft. „Ton ist ein reines Naturprodukt.“ Alle vier Jahre muss er das Lager auffüllen. Dann kommt ein Laster, beladen mit Ton. In Jahrzehnte alten Bäckermaschinen — „Die habe ich damals für 50 Mark gekauft, aber sie sind ideal“ — mischt Stadler die Masse mit Wasser, ehe sie hinter der Stahltür verschwindet.

Filigrane Handarbeit: Erwin Stadler verziert Tonfiguren.

Filigrane Handarbeit: Erwin Stadler verziert Tonfiguren.

Nebenan sind kleine Räume mit Regalen, hoch bis unter die Decke voll gestopft mit Vorlagen aus einer bestimmten Gips-Mischung. Jedes Mal, wenn ein Kunde ein neues Motiv haben möchte, stellt der Handwerker ein neues Modell her. „Wir machen alles per Hand.“ Auf der Werkbank drückt er den Ton mit einem Modellierholz in die Form. Die vielen Keramik-Figuren hingegen fertigen die Künstler ohne Vorlage, fast so wie früher im Werkunterricht.

Mit dem Unterschied, dass Stadler für eine Eidechse nur eine Stunde braucht. „Wenn die Figur lederhart ist, muss man sie aushöhlen, sonst zerreißt sie im Ofen.“ Haben die Keramiker etwas Zeit, „machen wir immer so einen Firlefanz“. Stadler ist Österreicher, der Liebe wegen kam er nach Franken. Hätte er die Wahl, würde er wohl den ganzen Tag diesen „Firlefanz“ machen.

Überschüssiger Ton landet in einer Schale. „Mit etwas Wasser kann man das immer wieder verwenden.“ Auch eine klassische Töpferscheibe gibt es. „Damit arbeitet meistens meine Mitarbeiterin“, sagt Stadler. Er könnte es aber auch noch. Nach dem Trocknen kommt die Keramik zweimal in den Ofen. Drei Tage dauert ein Brennvorgang, in denen sich der Ofen auf 1080 Grad erhitzt und abkühlt. „Man darf zwischendurch den Ofen nicht aufmachen, das Material muss langsam abkühlen. Sonst gibt es einen großen Knall und alles zerspringt.“

Die Glasur-Farben hat der Handwerker alle selbst entwickelt, in große bunte Bottiche gefüllt sammelt er alle in einem Raum. „Das sind 80 verschiedene Farben, jede Sorte hat drei Stufen: hell, mittel und dunkel.“ Großküchen-Schöpfer hängen an der Wand, auf den Werkbänken liegen dünne Pinsel. Wenn die Glasur aufgetragen ist, landet das Werkstück erneut für drei Tage im Brennofen, ehe es einen Kachelofen ziert oder als Figur irgendeinen Garten verschönert.

Stadlers Kachelöfen sind im Umkreis von 150 Kilometern zu finden, aber auch in München und Österreich. Eine Woche braucht er in der Wohnung, um alles zusammenzusetzen. „Das ist körperlich sehr anstrengend.“ Den Handwerksmeister aber stört das nicht. Vor allem nicht, wenn er am Ende etwas Buntes geschaffen hat.

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