Das reiche Erlangen macht sich seine Armut selbst

27.8.2014, 11:30 Uhr
Gerhard Meixner, der das Sozialkaufhaus der städtischen Arbeitsvermittlungsgesellschaft (GGFA) in der Alfred-Wegener-Straße leitet, ist froh über die Spenden von qualitativ durchaus solidem Mobiliar.

© Edgar Pfrogner Gerhard Meixner, der das Sozialkaufhaus der städtischen Arbeitsvermittlungsgesellschaft (GGFA) in der Alfred-Wegener-Straße leitet, ist froh über die Spenden von qualitativ durchaus solidem Mobiliar.

Die Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft geht – wie berichtet – auch auf einzelne (Groß-)Städte und Regionen ein, allerdings nicht bis ins letzte Detail. Beispielweise bildet sie in Mittelfranken die Großstadt Nürnberg als Einheit ab, macht aber bei den Landkreisen und Städten Mittelwerte. So werden die Städte Erlangen, Fürth und Schwabach zu einem Datensatz zusammengefasst, der Landkreis ErlangenHöchstadt teilt sich seine Daten mit dem Landkreis Fürth, dem Landkreis Nürnberger Land und Roth.

Aber auch hier lässt sich die zentrale Aussage der Studie nachvollziehen, wonach „das eigentliche Problem das Stadt-Land-Gefälle“ sei. In den Städten lägen die Preise sechs Prozent höher als auf dem Land, zugleich seien die Einkommen vielfach niedriger, weil es dort mehr Arbeitslose, Alleinerziehende und Migranten gebe.

So gelten dem Institut nach 19,7 Prozent der in Nürnberg Lebenden als „arm“, in Erlangen (mit Fürth und Schwabach) jedoch „nur“ 12,9 Prozent. In den erwähnten Landkreisen sind es sogar nur 8,5 Prozent. Auch eine „Preisbereinigung“, also das herausrechnen unterschiedlicher Kaufkraft- und Preisniveaus, ändern an der Reihenfolge nichts, verringern die Quote allerdings ein wenig.

Franken relativ gut

Dabei gelten die Franken in der Studie noch als gering von Armut betroffen – gemessen an westdeutschen Großstädten mit Quoten über 25 Prozent und ostdeutschen Regionen mit gleich hohen Werten. Aber auch hier gilt, was der deutsche Städtetag zu der Studie sagt: In vielen Großstädten – und in Erlangen allemal – müssen die unteren Einkommensgruppen schon 40 Prozent ihres Einkommens und mehr für das Wohnen aufwenden.

Für seine Studie hat das Institut den Zahlen für relative Einkommensarmut die jeweiligen Preise in den Regionen gegenüber gestellt. Daraus bilden die Forscher den neuen Begriff Kaufkraftarmut, den sie für aussagekräftiger halten. Einkommensarm ist laut IW, wer als Alleinstehender weniger als 870 Euro im Monat zur Verfügung hat.

Doch will sich ein Münchner genauso viel leisten wie ein Durchschnittsdeutscher mit jenen 870 Euro, muss er 1030 Euro ausgeben, wie die Analyse ergab. In Stendal und im Vogtland reichten dagegen knapp 800 Euro.

Durch die Mittlung der Ergebnisse dreier Städte in der IW-Studie fallen die Erlanger Spezifika heraus, besser: sie „schönen“ das Gesamtergebnis. Denn: Das monatliche Pro-KopfEinkommen der Erlanger liegt mit durchschnittlich rund 1700 Euro Monatseinkommen weit über dem Durchschnitt. Dieses sehr „helle“ Ergebnis wirft aber auch fette Schatten, weil es – wie es der letzte Sozialbericht der Stadt aus dem Jahr 2009 sagt sowie es dem Statistischen Jahrbuch der Stadt aus dem Jahr 2012 zu entnehmen ist – die Kluft zwischen Arm und Reich in der Hugenottenstadt eher noch vertieft: Während ein Viertel der Erlanger mit einem Einkommen von – Stand 2009 – weniger als 1070 Euro lebt, verfügt ein weiteres Viertel über ein Einkommen von mehr als 2200 Euro.

Die niedrigsten Durchschnittseinkommen finden sich im Tal (in der Altstadt), in Teilen Büchenbachs sowie im Brucker Bachfeld. Spitzenreiter sind die Bezirke In der Reuth, der Burgberg und rund um die Loewenichstraße.

Starke Abweichungen

Wenn man die Erlanger mit einem Pro-Kopf-Einkommen von weniger als 870 (2009: 755 Euro) als „einkommensarm“ definiert, so trifft dies auf rund 16 Prozent der Bevölkerung zu. Jeder Fünfzehnte verfügt sogar über ein Pro-Kopf-Einkommen von unter 450 Euro. Zehn Prozent der Bevölkerung haben ein hohes Pro-Kopf-Einkommen von mehr als 2830 Euro. Diese findet man vor allem am Burgberg, in der Altstadt, in Loewenich und im Röthelheimpark. Diese Fakten aus dem Jahr 2009 dürften auch heute, fünf Jahre später, unverändert gelten.

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