Der "gefühlte Parkdruck" in Erlangen täuscht

29.7.2016, 06:00 Uhr
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© Foto: Harald Sippel

„Der gefühlte Parkdruck scheint höher zu sein als der tatsächliche.“ Auf diese griffige Formel brachte es ein Teilnehmer des (Bürger-)Forums für einen neuen Verkehrsentwicklungsplan (VEP) der Stadt, das sich diesmal mit dem Parkraumbestand und der Parkraumbewirtschaftung befasste. Dabei kamen zwei Gutachterbüros bei einer von ihnen durchgeführten Parkraumanalyse zu dem Schluss, dass der Parkraum in Erlangen zeitweise zwar knapp, aber fast immer ausreichend ist, und zwar sowohl auf ausgewiesenen offenen Parkplätzen wie in den Parkhäusern.

Die von ihnen vorgelegte Untersuchung, die ein definiertes Gebiet in der Zentralstadt – zwischen Bahnlinie und Philosophischer Fakultät, zwischen Schwabach und Werner-von-Siemens-Straße – untersuchte und das Gebiet in fünf unterschiedlich beanspruchte Zonen einteilt, enthält immerhin ein Parkplatzangebot von rund 5000 Plätzen. Diese Zahl weicht von den in der Studie genannten 4355 Plätzen etwas ab – allerdings hatten die Gutachter einige Parkhäuser nicht „auf der Rechnung“, oder diese konnten keine belastbaren Erhebungen über ihre Nutzung vorlegen.

Erhebliche Abweichungen

Die von den Gutachtern angewandte Systematik zur Erfassung ihrer Daten ist natürlich selbst Teil der Studie. So hatten sie an einem „normalen“ Dienstag – keine (Semester-)Ferien – sowie an einem durchschnittlichen Samstag zu unterschiedlichen Tageszeiten die Parkraumnutzung auf den Plätzen und in den Parkhäusern beobachtet. Wie zu erwarten war die Nutzung im gesamten Untersuchungsgebiet um 5.30 Uhr gering (unter 60 Prozent), zwischen 10 und 12.30 Uhr aber hoch (bis zu 90 Prozent), nachmittags (15.30 und 18 Uhr) immerhin noch „mittel“ (bis zu 80 Prozent).

Bei der kleinteiligeren Untersuchung ergeben sich allerdings erhebliche Abweichungen: So ist der „Parkdruck“ (also die Nachfrage nach Parkplätzen) im Bereich der historischen Neustadt (ohne den Großparkplatz) immer hoch, in den Abendstunden sogar sehr hoch (größer 90 Prozent).

Dieser Bereich ist auch an den Samstagen – untersucht wurde um 10, 12 und um 14 Uhr – besonders stark nachgefragt: hier ist die Nutzung immer nahe 100 Prozent. An den Samstagen sind auch die Bereiche rund um die Fuchsenwiese und in der Nordstadt stark belastet – ebenso wie am Dienstag zwischen 10 und 15.30 Uhr.

Etwas irritierend war die Erkenntnis, dass sich unmittelbar neben den stark nachgefragten Parkräumen eine sehr entspannte Situation ergibt, also Gebiete punktuell am Rande ihrer Kapazität sind, während „nebenan“ noch jede Menge Plätze frei sind. Da dieses „nebenan“ aber häufig einige hundert Meter Fußweg erfordert, kam erneut die Frage auf, ob ein Kurzstreckentarif im öffentlichen Nahverkehr (deutlich günstiger als das jetzige 2,10-Euro-Ticket) nicht zur Entspannung beitragen könne.

Vergleiche mit anderen Städten zeigen, dass auch in der Preisgestaltung bei öffentlichen Parkplätzen unterschiedliche Strategien angewendet werden. In Bamberg ist die Parkstunde mit zwei Euro deutlich teurer als in Erlangen (1,20 bis 1,50 Euro), in Regensburg mit einem Euro aber noch billiger. Nürnberg hingegen macht nach der letzten (umstrittenen) Stadtratsentscheidung mit 2,50 Euro pro Parkstunde und einem auch noch teuren ÖPNV-Ticket wenig Lust auf Stadtbesuch.

Verkehr staut sich

Erlangens wichtigster und mit 1500 Plätzen größter Parkplatz ist der hinterm Bahnhof. Hier sind die bahnhofsnahen Parkfelder tagsüber stark ausgelastet (nicht selten zu 100 Prozent), hier gibt es nur an den Sonntagen Entspannung. Die Tiefgarage Sedanstraße sowie das Parkhaus Neuer Markt sind hingegen stark „unternutzt“ (maximal 46 und 77 Prozent Auslastung), wohingegen das Parkhaus der ErlangenArcaden eine extrem hohe Auslastung hat.

Hier entsteht nach den Beobachtungen einiger Forums-Teilnehmer ein unangenehmer Verlagerungseffekt: die starke Nachfrage und die durch eine Ampel geregelte Zufahrt lassen die Güterhallenstraße „volllaufen“, der Verkehr staut sich weit in die Zufahrtswege zurück.

Insgesamt kommen die Gutachter zu dem Schluss, dass die Parkraumauslastung tatsächlich weniger stark ist als es sich anfühlt, die Marke 90 Prozent zu keinem Zeitpunkt überschritten wird und selbst an den Samstagen noch Platz wäre. Wäre da nicht der Anspruch nach einem Drive-in-Einkauf, der abseits der angebotenen öffentlichen Parkplätze den restlichen Straßenraum belegt – oftmals verbotswidrig und von der Parkraumüberwachung sanktioniert. Aber das wäre eine andere Untersuchung.

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