"Deutsch" als Schlüssel zum Ausbildungsplatz

22.6.2017, 15:00 Uhr

© Harald Sippel

 Über mehr als 50 Teilnehmer freute sich Landrat Alexander Tritthart in seiner Begrüßung. Das sei Beleg genug für die Bedeutung des Themas für die Wirtschaftsunternehmen. Auf vielfältige Weise sei der Landkreis ERH aktiv, um den Wirtschaftsstandort zu stärken. Auch dieses Gespräch solle dazu beitragen.

Eckentals Bürgermeisterin Ilse Dölle betonte, dass Eckental als zweitgrößte Gemeinde im Landkreis die meisten Asylbewerber in ERH habe. Immerhin habe man für 72 Personen Wohnungen gefunden, 13 Asylbewerber hätten Ausbildungsplätze und 22 Arbeitsplätze gefunden. All das wäre ohne den Flüchtlingshilfeverein „FlEck“ nicht möglich gewesen, lobte sie.

Wo ein Problem liegt verdeutlichte der junge Äthiopier Imran, der seit zweieinhalb Jahren in Eckental lebt: Nach Deutsch- und Integrationskurs sowie einem Praktikum bei Siemens hat er nicht nur den qualifizierenden Hauptschulabschluss geschafft, sondern auch eine Ausbildung als Feinwerkmechaniker in Kalchreuth begonnen. Jetzt ist sein Asylantrag negativ beschieden worden, mit der Aufforderung, das Land binnen 30 Tagen zu verlassen. „Das verunsichert nicht nur Imran, das verunsichert auch seinen Lehrherrn“, rief Bernhard Nottbeck (FlEck) in die Runde.
Bestätigt wurde er von einigen der anwesenden Wirtschaftsvertreter, die allesamt mehr zeitliche Sicherheit für die Beschäftigung von Asylbewerbern, anerkannten Asylanten und Geduldeten einforderten. Ausbildung koste nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Das wollten Betriebe nicht zum Fenster rauswerfen. Genau das würde es aber bedeuten, wenn ein Azubi mit Fluchthintergrund nach einem Jahr Ausbildung gehen müsste.

Hier hakte eine Rechtsanwältin ein, die junge Flüchtlinge betreut. Es gebe wohl einen Unterschied zwischen Rechts- und Weisungslage. Und in Bayern werde per Weisung aus dem Innenministerium das Recht sehr restriktiv gehandhabt, sagte sie mit Blick zum Beispiel auf die 3+2-Regelung (drei Jahre Ausbildung plus zwei Jahre Arbeit im Betrieb danach für Flüchtlinge).

Sigrid Katholing, Leiterin der Agentur für Arbeit in Erlangen, äußerte im Gefolge ihren Wunsch an die Politik, dass eine Bleibeperspektive für Flüchtlinge jenseits des Asylrechts geschaffen werde. Im Übrigen erläuterte sie neue Wege für Flüchtlinge in Ausbildung und Arbeit, genauer: das Kooperationsmodell. Sie ermunterte Arbeitgeber, auf die Arbeitsagentur und natürlich die Ausländerbehörde zuzugehen. Zudem präsentierte sie Zahlen, wie die, dass es im Landkreis ERH zurzeit 86 Arbeitslose im Kontext von Fluchtmigration gebe.
Das relativiert die Aussage von Landrat Alexander Tritthart, man möge doch erst einmal schauen, dass man die anerkannten Flüchtlinge in Ausbildung, Arbeit und Brot bringe. Denn so groß ist deren Zahl nicht.

Mit Zahlen warteten auch die IHK-Vertreter auf. Patrik Siegler wartet gespannt auf die neue Klarstellung des bayrischen Kabinetts zur 3+2-Regelung. 2016 hätten 11 Prozent der IHK-Betriebe Ausbildungsplätze für Flüchtlinge angeboten, 22 Prozent Praktikumsplätze, zehn Prozent beschäftigten bereits Flüchtlinge.
Stefan Kastner stellte das IHK-Projekt eines Sommercamps vor, in dem junge Flüchtlinge auf den Ausbildungsstart vorbereitet werden. Da seien noch einige Plätze frei. Die Vorbereitung, so Michael Thiem, sei auch notwendig, weil neben den fehlenden Deutschkenntnissen oft auch die Haltung zur Arbeit erst eingeübt werden müsse.

Kristin Romanek und Gerhard Zinser vom Landratsamt hatten eingangs die rechtlichen Fragen zum Asyl erläutert. Gegen Ablehnungsbescheide der Bundesbehörde BaMF könne das Landratsamts nichts tun, das Ausländeramt prüfe jedoch jeden Einzelfall, ob eine Abschiebung vollzogen werden müsse. „Wir müssen uns an Regeln halten“ ergänzte der Landrat, „aber wir legen die Regeln weit aus“.

Verwandte Themen


Keine Kommentare