Diese Tür steht im Akutfall allen in Erlangen offen

13.12.2017, 15:00 Uhr
Diese Tür steht im Akutfall allen in Erlangen offen

© Peter Roggenthin

Von Freitag, 22. Dezember, bis Montag, 1. Januar, sind jeweils drei Ärzte (plus ein Allgemeinarzt und ein Orthopäde in Rufbereitschaft ) sowie das medizinische Fachpersonal für die Patienten da. "An manchem Feiertag haben wir bis zu 350 Patienten am Tag, das ist weit mehr als das Doppelte einer normalen Schicht", berichtet der Hausarzt und Internist Andreas Arnold, der zugleich Vorsitzender des Trägervereins "Ärztliche Notfallpraxis Erlangen" ist. Das aber mache dem Team nichts aus: "Unsere Tür steht jedem offen."

"Jedem" heißt allen, die krank sind und nicht warten können, bis ihr Hausarzt seine Praxis wieder geöffnet hat. Das sind oft Patienten mit Erkältungskrankheiten, Bronchitis, Mandel- und Blasenentzündungen, Magen-Darm-Infekten oder Rückenschmerzen. Auch die Versorgung von Wunden oder die Überprüfung bestimmter Blutwerte (etwa bei der Einnahme blutverdünnender Medikamente) gehört für die Ärzte dazu. Die Wartezeit liegt in der Regel zwischen fünf Minuten und zwei Stunden.

Schon in den vergangenen Tagen haben die Notfallpraxis etliche Patienten mit viralen Infekten aufgesucht. "Das werden um die Weihnachtszeit aber sicher noch mehr", sagt Markus Beier, Vorsitzender des Erlanger Hausärztevereins und stellvertretender Landesvorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbandes. Der Facharzt für Innere- und Allgemeinmedizin, der mit zwei Kollegen in Bruck eine Praxis betreibt, ist in der Weihnachtszeit selbst zwei Mal für die Notfallpraxis eingeteilt: ein Mal im Rufdienst, falls in der Praxis (noch) mehr los sein sollte als gedacht und ein Mal als diensthabender Arzt.

Die Möglichkeiten, die die Mediziner zur Diagnose in der Praxis zur Verfügung haben, sind enorm: So lassen sich bei einem Patienten bei Bedarf sofort Ultraschall-Untersuchungen machen, Infusionen legen oder auch kleine und große (in Verbindung mit der Uniklinik) Blutbilder anfertigen. Im Notfall werden Patienten, zum Beispiel mit Verdacht auf einen Herzinfarkt, sofort in eine Klinik eingewiesen oder, wenn es nicht akut ist, an einen Facharzt überwiesen.

Möglichen Kritikern, die es bezweifeln, dass ein Hausarzt an einer zentralen Anlaufstelle einen komplizierten Fall angemessen erkennen und behandeln kann, entgegnet Beier: "Es ist unser tägliches Brot, unselektiertes Patientengut in unseren Praxen vorzufinden und dann zu entscheiden, ob eine hausärztliche Behandlung reicht oder eine unmittelbare Klinikeinweisung nötig ist." Seine Kollegin, die Fachärztin für Allgemeinmedizin, Naturheilverfahren und Homöopathie, Anke Lemmer, sieht das ähnlich: "Wir haben bei unserer Arbeit jeden Tag die Aufgabe, Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen aus den harmloseren herauszufiltern und sie an Spezialisten weiterzuvermitteln". Diese "hausärztliche Kompetenz" bringen die Ärzte dann bei ihren Einsätzen in zentralen Bereitschaftspraxen wie in der Bauhofstraße ein, sagt Lemmer, die im Vorstand des Hausärztevereins aktiv ist.

Ohnehin verweist die Medizinerin, die mit zwei Kolleginnen in Büchenbach eine Praxis hat, auf weitere Dienste, die im Notfall gerufen werden sollten: vor allem einen Notarzt unter der Rufnummer 112. Benötigt ein Patient

aber zweifelsfrei keine Notfallambulanz, sollte er auch in die Bereitschaftspraxis kommen und dort bleiben, etwa deshalb, weil das Risiko von Krankenhauskeimen in Kliniken größer sei als bei einem Bereitschaftsdienst, erläutert Beier. Zudem seien die Kosten in einer Notaufnahme pro Patient um ein Vielfaches höher als in einer Notfallpraxis, ergänzt Arnold.

Mit gemischten Gefühlen sieht der Chef des Hausärztevereins daher die Entscheidungsmöglichkeiten des Einzelnen: "Selbst zu sagen, wo man hingeht, entspricht vielleicht einem bestimmten Freiheitsbegriff, ist aber medizinisch gesehen nicht immer die richtige Wahl", sagt Beier.

Sharon Chaffin

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