Dieser Boxer aus Erlangen will Weltmeister werden

4.1.2019, 15:18 Uhr
Dieser Boxer aus Erlangen will Weltmeister werden

© Foto: Rainer Windhorst

Man stelle sich vor: Ein Erlanger Sportler wird um ein Haar Weltmeister und niemand merkt es? Das ist nicht möglich? Doch, ist es. Man muss sich nur die richtige Sportart suchen und schon kann man sich beinahe gänzlich unbemerkt in die Weltspitze vorarbeiten.

Doch ist der Erlanger Boxer Davide Doria zu ausgeglichen und zu demütig, um darüber enttäuscht oder gar verbittert zu sein. Stattdessen zeigt er ein freundliches, ehrliches Lächeln, lebt seinen Traum weiter und konzentriert sich lieber auf den nächsten Anlauf, auf die nächste Chance, einen WM-Titelkampf zu bekommen.

Schließlich ist sein bisheriger Werdegang an sich schon ein kleines Wunder: Geboren in Italien und aufgewachsen in Erlangen hatte Davide Doria sportlich als Bodybuilder begonnen. Dabei wollte er sein Training um eine Fitnesskomponente erweitern, fand aber keinen Spaß an Ausdauerläufen und schaute stattdessen als 22-Jähriger beim Box-Training der Erlanger Fitnesslegende Peter Lange vorbei.

Dort erkannte man sehr schnell Dorias Talent und nach drei Jahren — ohne einen einzigen offiziellen Boxkampf bestritten zu haben — wechselte Doria gleich in das Profilager zum Nürnberger Boxtrainer und -promoter Franc Ndue, bei dem er noch heute unter Vertrag steht. Bei Franc Ndue ging die Entwicklung rasant und steil nach oben: Nach weiteren vier Jahren wurde Doria 2013 erst Deutscher Meister im Super-Mittelgewicht, der Gewichtsklasse bis 76 Kilogramm Kampfgewicht und einen Kampf später Interkontinental-Meister des Global Boxing Council (GBC).

Heute tritt Doria im Weltergewicht bis 66 Kilogramm an, ist also zehn Kilogramm leichter geworden. "Dieser Gewichtsverlust ist meiner Zeit als Bodybuilder geschuldet, man trainiert als Boxer ganz anders, pumpt sich weniger auf und der Körper verändert sich. Diese Umstellung braucht einfach Zeit!" Und mit diesem Wettkampfgewicht hätte es im vergangenen Jahr fast für den Weltmeistertitel gereicht — doch dann führte ein eingeklemmter Nerv nach einem Nackenschlag zum frühen technischen K.o. So muss Davide Doria, aktuell auf Weltranglistenplatz 380 notiert, auf die nächste Chance warten, in den absoluten Box-Olymp aufzusteigen.

"Als ich angefangen habe, da habe ich vom Deutschen Meistertitel geträumt. Und als ich ihn dann hatte, dann habe ich mir das nächste Ziel gesetzt — den Weltmeistertitel!" Mit seinen mittlerweile 34 Jahren ist Davide Doria nach Einschätzung seines Trainers noch längst nicht zu alt für den ganz großen Triumph — "vier oder fünf Jahre kann Davide sicherlich noch auf diesem ganz hohen Niveau boxen, da ist noch alles drin."

Täglich zwei bis drei Stunden Training stehen regulär auf dem Trainingsplan, in den sieben Wochen vor einem Kampf ist es das doppelte Pensum: Davide Doria wirkt austrainiert und leichtfüßig, 15 Klimmzüge absolviert er so einfach wie andere Leute Treppen steigen. Doria befindet sich aktuell in der Erhaltungsphase, der letzte Kampf im Herbst in Nürnberg ging verloren — gegen einen Gegner, der deutlich zu schwer war für die Gewichtsklasse.

Davide Doria hätte die Herausforderung nicht annehmen müssen und damit kampflos gewinnen können. Doch entschied er sich am Tag vor seinem Heimspiel aufs Ganze zu gehen und den Kampf anzunehmen: "Ich hatte ja sieben Wochen intensiv trainiert und war fit, über 100 Karten waren nach Erlangen verkauft worden und die Leute wollten einen Fight sehen. Es hat eben nicht geklappt."

Über den zu schweren Gegner verliert der Boxer kein böses Wort, im Gegenteil: "Das ist ein super Typ, ein großer Sportler, hinterher hat er sich entschuldigt. Es tat ihm selbst leid. Da gibt es nichts nachzukarteln." Davide Doria lächelt so freundlich, dass man so manchen überehrgeizigen Nachwuchssportler direkt in die Lehre zu Davide Doria schicken möchte. "Boxen hat bei Leuten einen schlechten Ruf. An erster Stelle steht der Respekt vor dem Gegner. Der Sportsgeist steht über allem."

Doria muss sich also weiter nach vorne arbeiten. Die nächste Chance, sich wieder für einen WM-Kampf in Stellung zu bringen, ergibt sich wohl schon wieder im März bei der nächsten von Franc Ndue veranstalteten FightNight im Löwensaal in Nürnberg. Bis dahin hat er noch viel Arbeit vor sich, aber eines wird er dabei sicher nicht verlieren: sein entwaffnendes und freundliches Lächeln.

Keine Kommentare