Dormitz: Vermeintliche Sand-Ödnis ist voll mit seltenem Leben

7.10.2015, 13:15 Uhr
Dormitz: Vermeintliche Sand-Ödnis ist voll mit seltenem Leben

© Scott Johnston

18 Jahre ist es inzwischen her, dass die Diplom-Biologin Ute Gellenthien beim Naturschutzkonzept für die Sandgruben und die Baggerseen zwischen Kleinsendelbach und Dormitz mitarbeitete. Wer die Zeitungsberichte verfolgt, weiß, dass vor allem durch den Badebetrieb noch keine Ideallösung gefunden ist.

Einen See der Natur zu überlassen, den anderen für das Schwimmen und Platschen vorzusehen, hätte Ute Gellenthien für sinnvoller gehalten. Nun sind die südlichen Ufer beider Seen für Badegäste freigegeben, die nördlichen Ufer eigentlich gesperrt, was allerdings nicht immer eingehalten wird. Auch Abfall findet sich dort.

Kaum abschreckend

Obwohl Kontrollen durchgeführt und Bußgelder verhängt werden, greift die abschreckende Wirkung offensichtlich nur zum Teil. Dabei bieten die steilen Uferhänge beispielsweise dem Eisvogel prima Bedingungen zum Brüten. Die angrenzenden Büsche stellen wiederum gute Unterschlupfmöglichkeiten für Eidechsen oder Ringelnattern dar.

Etwas leichter haben es Fauna und Flora in den benachbarten Sandgruben ohne Wasserflächen. Eine wuchs mittlerweile komplett mit Kiefern, Weiden und Erlen zu.

Sie ist als „Geschützter Landschaftsbestandteil“ ausgewiesen und darf nicht betreten werden. Das Dickicht ist für Wild und Vögel eine optimale Rückzugsgelegenheit.

Bei der Wanderung zeigte sich freilich, dass selbst diese Grube für wilde Müllablagerungen genutzt wird. Am Hang waren mehrere Farbeimer sowie Dachabdeckungen zu erkennen.

Ute Gellenthin wählte während ihres Studiums in Erlangen Botanik als Schwerpunkt, befasste sich aber auch intensiver mit Geologie und Paläontologie. Heute betreibt sie ein Büro für Naturschutz und Landschutzpflege in Heroldsbach.

Verantwortlich für den sandigen Untergrund der Gegend ist die Schwabach. Diese lagerte im Laufe der Jahrmillionen bei wechselndem Verlauf Sedimente in ihrem Tal ab. In unterschiedlichem Maß wurde und wird Sand im Umkreis abgebaut. Wie schnell sich die Natur diese Flächen zurückerobert, ist bei einer Grube neben den Baggerseen zu sehen, die der Betreiber vor etwa 15 Jahren aufgelassen hat. Hier schießen bereits Kiefern und Birken als Pionierpflanzen in die Höhe, wuchern Flechten und Ferkelkraut, sausen eifrig Blattkäfer hin und her.

Da das Wasser rasch versiegt, haben die Pflanzen unterschiedliche Strategien entwickelt, um zu überleben. Eine davon lautet „oben kurz, unten lang“. Dies bedeutet: Über der Erde eher spärlicher Bewuchs, unter der Erde eine oft viel längere Wurzel.

Die Blattoberfläche wird ebenfalls gern verringert – am radikalsten beim Ginster. Gegen Verdunstung schützen außerdem feine Härchen Diesen verdankt das Ferkelkraut seinen Namen. Mit etwas Fantasie erinnert der Blattbewuchs an die Borsten eines jungen Schweins.

Nicht nur die Trockenheit stellt eine Gefahr dar, sondern auch der Hunger von Huftieren. Deswegen schmiegen sich nicht wenige Pflanzen mit ihren Blättern dicht an den Boden. Will sie ein Schaf abbeißen, hat es so Sand im Maul – und lässt es lieber.

Die Heroldsbacher Biologin stellte neben den Pflanzen auch die verschiedenen Tierarten vor, die in den Sandgruben Lebensraum gefunden haben – auch wenn nicht alle aufzuspüren sind, weil sie sehr scheu oder gut getarnt sind. Die blauflügelige Ödlandschrecke ist am besten im Flug auszumachen, wenn ihre Hinterflügel in hellem Blau leuchten.

Röhren im Hang

Einfacher ist am Boden der Sandlaufkäfer mit seinem grünen Panzer zu erkennen. Kaninchen, Sandbienen und -wespen bevorzugen die Hänge der Gruben, wo sie Höhlen beziehungsweise Röhren graben können.

Ute Gellenthien ging auch auf die Verwendung von Wildpflanzen ein, die bei uns wachsen. Der Beifuß beeinflusst die Verdauung positiv, die Blüten der Königskerze helfen bei Erkältungen, die Wurzeln der Wegwarte lassen sich als Kaffee-Ersatz verwenden und Leinkraut kann zum Färben von Wolle eingesetzt werden, wobei jeweils eine sachkundige Anwendung ganz wichtig ist.

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