Ein Abend mit dem Erlanger "homunculus"-Verlag

18.10.2016, 17:46 Uhr
Ein Abend mit dem Erlanger

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Eine Tischdecke mit aufgedruckter "Internationaler Standardbuchnummer" gibt es sicherlich nicht alle Tage. Ist das 250 mal 75 Zentimeter große Stück Stoff also nun ein Buch? Natürlich. ISBN sei Dank! Aber nicht nur die Vertriebskennung macht den Unterschied aus. Den Beweis liefern Tobias Roth und Julius David Walther beim Abend des "homunculus"-Verlags im Innenhof des Palais’ Stutterheim.

Auf einer der bestens besetzten Biertische liegt die vom jungen Erlanger Verlag publizierte "Bayerische Biergartenordnung" der beiden. Drei Textspalten sind darauf — waschbar bis 60 Grad — verewigt: Die Bayerische Biergartenverordnung vom 1. Mai 1999, ein kritischer juristischer Kommentar, der die Mängel dieser bestehenden Verordnung aufzeigt, sowie „poetische Vergegenwärtigung und die Innenperspektive des Biergartens“ aus der Feder von Roth.

Bei der Lesung wird daraus eine muntere, unterhaltsame Collage, bei der die Zuhörer mal unter "weißen alten Rosskastanien" verweilen, bevor sie wieder mit den "Tatbestandsmerkmalen eines Biergartens" konfrontiert werden. Da schmeckt das Steinbach-Bier gleich nochmal so gut.

Ein Abend mit dem Erlanger

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Das klingt skurril — und ist durchaus so gewollt. An diesem Abend betonen Laura Jacobi und Sebastian Frenzel vom Verlagsteam immer wieder, dass "homunculus" für Literatur jenseits des Mainstreams steht. Seit einem Jahr veröffentlichen die Erlanger deshalb bibliophile Ausgaben von Klassikern, junge Autoren, die Literaturzeitschrift "SeitenStechen" — oder ein Quartett mit Monstern aus der Literatur-Geschichte.

Dieser Anspruch kommt an. Am 24. Oktober wird dem Verlag in Nürnberg der IHK-Kulturpreis Literatur 2016 überreicht. "Sie wollen schöne Bücher machen und glauben fest daran, dass sich literarische Qualität durchsetzt", heißt es in der Begründung. Und weiter: "Die Jungverleger setzen ebenso auf Wieder- wie auf Neuentdeckungen. Im Programm ist neben Klassikern wie Heinrich Spoerl . . . auch das bemerkenswerte Romandebüt ,Ymir’ von Philip Krömer zu finden. Der homunculus verlag ist schon jetzt eine gute literarische Adresse in Franken.“

Seinen ungewöhnlichen Roman "Ymir" stellt Krömer ebenfalls an diesem Abend vor. Darin schickt er von Nazi-Deutschland aus drei Männer auf eine Expedition nach Island. Ihr Auftrag: Sie sollen ein scheinbar bodenloses Loch untersuchen, dessen Geheimnisse den im Ausbruch begriffenen Krieg entscheiden könnten.

Dafür hat sich Krömer mit vielen kruden Theorien — Stichwort "Hohle Erde" — auseinandergesetzt. Aber auch mit der Frage, ob so eine Annäherung an die NS-Zeit "angemessen" sei. "Wir sollten nicht aufhören, uns damit zu beschäftigen. Es nützt sich aber ab, wenn man es immer gleich macht. Der alte Scheiß darf aber nicht ruhen, sonst kommt er wieder. Und das kann böse ausgehen."

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