Ein Biermuseum, das recht durstig macht

4.4.2008, 00:00 Uhr
Ein Biermuseum, das recht durstig macht

© Bernd Böhner

Auf dem ehemaligen Gerstenboden der Brauerei, die bis in die 20er Jahre Bier braute, sich nach dem Inflationsjahr jedoch ganz auf die Malzherstellung konzentrierte und erst seit dem Jahr 1995 wieder Bier braut, haben zwei Generationen der Steinbach-Nachfolgerfamilie Gewalt das zum Museum ausgebaut, was schon bisher immer wieder Gegenstand der Neugierde und des Wissensdurstes der Gäste war: Alte Gerätschaften aus der eigenen und weiteren großen Erlanger Brauerei-Tradition, viel Geschichte und Geschichten, Kurioses rund ums Bier und dessen Genuss, sowie die Erlanger Bergkirchweih als erstaunliches Vitrinenmodell mit zahlreichen bewegten Kütschchen und Figuren.

Dieses Modell, das bereits die Gedenkausstellung «250 Jahre Erlanger Bergkirchweih» im Stadtmuseum schmückte und vom nunmehr fast 90-jährigen Mechaniker und Ingenieur Hermann Seißler liebevoll montiert und ausstaffiert wurde, hat in dem Biermuseum der Familie Gewalt einen würdigen Verweilplatz gefunden.

Acht Stationen

Direkt über dem Brauerei-Ausschank gelegen und nur durch eine Stahltür im «Oberstübchen» zu erreichen, breiten sich auf dem penibel sauberen Gerstenboden acht namentlich benannte Stationen vor dem Besucher aus, die kaum eine Frage bei der Bierherstellung, der Bier- und Brauereigeschichte der Stadt sowie der dem Bier angelagerten Geschichtchen unbeantwortet lassen.

Das geht schon bei den Rohstoffen an: bei der gelegentlich «störrischen» Braugerste, beim qualitativ nicht immer gleichen Hopfen, beim Kampf um sauberes Brauwasser - und um die erst spät entdeckte Hefe als Katalysator im Brauprozess.

Natürlich braute sich das Bier auch schon vorher - nur braute es sich ein wenig, wie es wollte, weshalb auch so manche missratene Charge über die Straßenränder weglief und auf ihrem Weg zu Schwabach oder Regnitz noch so manchen Straßenköter betrunken machte.

Aber auch die Fassherstellung kann heute noch faszinieren. Der aus Weismain stammende Büttner Hans Weiss, der seine «Werke» selbst schon bei Steinbach vorgeführt hat, ist lebensgroß in der Ausstellung zu bewundern - allerdings nur zweidimensional, weshalb auch die Schwielen an Händen und Hintern nur eine nette Anekdote bleiben, nicht aber Besichtigungsobjekt.

Synonym für haltbares Lager

Sehr umfangreich geraten ist die Erlanger Biergeschichte selbst. Das ist aber auch keine Überraschung, war Erlangen doch eine ganze Epoche lang die Bier-Metropole schlechthin - bis zu 20 Brauereien sotten einen Trunk, der seinen Ruf bis nach Übersee verbreitete und sogar zu Auszeichnungen auf der Weltausstellung in Chicago führte. In den USA ist «Erlanger» heute noch ein Synonym für ein haltbares Lagerbier mit malzigem Charakter.

Es gehört zu den schönen Uneitelkeiten des Museums, dass diese Biergeschichte nicht ausschließlich auf die Steinbach-Brauerei zugeschnitten ist. «Wir wollen die ganze Erlanger Biergeschichte zeigen», sagt Seniorchef und Diplom-Braumeister Dieter Gewalt, «und wir hoffen natürlich auch darauf, dass wir von Privatleuten noch weitere Zeugnisse dieser Geschichte erhalten.»

So ist es auch kein Zufall, dass dieser Geschichte in ein ausgehendes 20. Jahrhundert mündet, in eine Zeit, in der die Brauerei Kitzmann jenes «Bier-Wir-Gefühl» auffing, das als Reaktion das Unbehagen über die großen Brauerei-Fusionen ausgelöst wurde. Der Franke, die Franken, wollten wieder «ihr» Bier haben, besannen sich auf ihre Landbiertraditionen - heute gibt es keine (Groß-)Brauerei, die nicht derart identitätsstiftende Biermarken im Programm hätte.

Aber es gibt eben auch solche, die eine abgerissene Tradition wieder aufnehmen und einen Neustart versuchen. Gelungen ist dieser in erkennbar guter Weise eben in der Braustätte in der Vierzigmannstraße, wo sich Dieter Gewalt und seine Söhne trauten und innerhalb von nunmehr 13 Jahren die Investitionen in eine neue Braustätte rechtfertigen konnten. Familiensinn war sicher eines der Erfolgsrezepte, ein süffiges Bier (mit einer zweiten, jeweils wechselnden Sorte) sicher das zweite. Dass heute der Brauprozess eine Wissenschaft und keine Hexerei mehr ist, ist sicher auch eine Voraussetzung dafür, dass so ein Neustart gelingen kann.

Ganze Familie packt mit an

Der Familiensinn setzte sich auch bei der Einrichtung des Museums fort: Bei der Ausstaffierung hat die ganze Familie angepackt: Mutter Sigrid polierte bis zuletzt eine Hopfensack-Nähmaschine, Senior Dieter versuchte, den Überblick zu behalten und die Söhne Christoph - er ist der praktizierende Diplombraumeister - und Jörg (der Mälzer) haben jeweils «ihre» Stationen ausgestattet.

Und diese reichen vom Anbau der Braugerste bis zur Fassherstellung, erzählen die Geschichte der Bierstadt Erlangen (mit einstmals 20 Brauereien!), animieren zum Streifzug über die Bergkirchweih und landen schließlich beim «Wappentier» der Brauerei, dem Storch, der seit vielen Jahren wieder auf dem Dach nistet.

Und der Storch war es auch, der dem Haustrunk der Brauerei seinen Namen gab - das leicht trübe und süffige Storchenbier will natürlich nach einer Tour durch den sehr trockenen Gerstenboden auch probiert sein. Wissensdurst ist beim Besuch eines Brauerei-Museums schließlich nicht alles. PETER MILLIAN

Führungen nach Absprache ab dem 14. April, Anmeldung unter Telefon 09131 / 89 59 12.