ERH: Poetischer und humorvoller Umgang mit Reisen

7.10.2015, 16:53 Uhr
ERH: Poetischer und humorvoller Umgang mit Reisen

© Foto: Scott Johnston

Der Untertitel öffnet ein weites Feld: „(K)ein Reiseratgeber“. Dieser Titel soll deutlich machen, dass sich die Texte von üblichen Reisebeschreibungen unterscheiden und subjektive Erlebnisse gegenüber nüchternen Informationen dominieren.

Dabei dient die Realität nicht selten als Ausgangspunkt, um auf das Gebiet der Fiktion vorzudringen. Schließlich lassen sich Reisen nicht nur in ferne Welten, sondern auch in das Reich der Fantasie antreten. Dort müssen die Überraschungen keineswegs geringer sein. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil ist zudem: Geht etwas schief, dann zum Glück nur im (Tag)traum.

Real und im Traum

Entsprechend vielfältig sind die Transportmittel, mit denen sich die Autorinnen und Autoren auf ihre Reisen begeben: mit dem Flugzeug, dem Auto, dem Rad, auf Schusters Rappen oder eben mit dem Luftschiff des eigenen Geistes. Entstanden sind sehr unterschiedliche Kurzgeschichten und Gedichte rund um das Thema „Reisen“.

Der 240 Seiten dicke Band ist sorgfältig ediert. Den Einband hat der Eckentaler Maler Hans-Dieter Jandt gestaltet; Petra Embacher, Barbara Klingel, Irmi Knappe, Heike Liedtke, Hanne Mausfeld und Marina Niehoff-Guerra bildeten das Lektoratsteam.

Unwillkürlich begibt sich der Leser beim Schmökern in dem Band selbst auf eine Reise. Leicht ertappt er sich dabei, dass er das Ziel schnell aus den Augen verliert. Anders als bei einem Roman ist es nämlich nicht unbedingt nötig, das Sammelwerk linear von der ersten bis zur letzten Seite zu lesen, sondern man kann auf dieser außergewöhnlichen Tour vor und zurück springen, an einer Stelle genüsslich verweilen, oder sich eine andere für später vormerken.

Ein wenig Orientierung ist freilich bei Reisen trotzdem sinnvoll. Der Band unterteilt sich deshalb in mehrere Themenfelder: „Die Welt – ein Traum“, „Mein Traum – die Welt“, „Treppauf, treppab, Tür zu . . .“, „Stille Orte“, „Hoffnung reis(s)t mit“, „Abgehauen“, „Mein Auto und ich“, „Lachen verwandelt“ und „Quintensprung“. Anne Kübrich beispielsweise dreht als „Reise-Elfchen“ zunächst mehrere Warteschleifen und unternimmt einen Probelauf mit „eselstauglicher Rucksackfüllung“, bevor sie Labyrinthe durchwandert und sich „trunken, leichtfüßig und verspielt“ in einen „Freifrauentanz“ stürzt. Am Ende kann sie sich nicht einmal auf das unermüdlich deklamierende Navi verlassen: „Geradeaus im Kreisverkehr!“ – da kommen auch dem rundum vernetzten Menschen von heute gewisse Zweifel.

Durch eine Camera obscura blickt Sandra Eberwein ins All hinaus, lässt den Blick zum Seeungeheuer Nessie schweifen, das amüsiert Touristen das Ufer entlang jagt, und fragt sich schließlich, ob nicht auch wir gelegentlich durch das Guckloch am Himmel betrachtet werden.

Heike Liedtke zeigt, dass es auch in der näheren Umgebung viel zu entdecken gibt. Wenn das Bähnchen auf dem Weg nach Ebermannstadt lautstark auf sich aufmerksam macht, sich Regengetröpfel auf die Fränkische Schweiz hernieder senkt und reichlich aufgeblasene Krähen mit einer sauberen Landung kämpfen, so hat dies seinen eigenen Reiz und Witz.

Dies sind nur einige Anregungen, um sich von den einzelnen Geschichten und Gedichten mit auf die Reise nehmen zu lassen. Oft führt die Fantasie des Lesers hierbei die Schilderungen weiter fort und begibt sich auf neue verschlungene Pfade.

Vor mittlerweile zehn Jahren gründete Hanne Mausfeld die Schreibgruppe für den Raum Eckental, Heroldsberg und Igensdorf, die rasch Zuspruch erhielt. Auch mit Teilnehmern der Schreibgruppe in Bammersdorf, der „Autobiografischen Schreibgruppe“, der Frauenschreibwoche auf Burg Feuerstein und den Besuchern des Gästehauses der Abtei Münsterschwarzach entwickelten sich bald Kontakte.

In einer positiven Atmosphäre besprechen die Autorinnen und Autoren bei regelmäßigen Treffen ihre Texte, bilden sich zu speziellen Themen fort und besuchen Workshops bei erfolgreichen Schriftstellern. Auch die bisherigen Bände der MarktschreiberInnen mit den Titeln „Dies ist keine Schokolade“ und „Keine Gutenachtgeschichten“ überzeugten neben dem Inhalt auch durch eine gelungene Aufmachung.

Das neue Buch „Unterwegs“ kostet 10 Euro, wobei der Reinerlös je zur Hälfte dem Hospizverein und der „Flüchtlingshilfe FLEck“ in Eckental gespendet werden, und kann im örtlichen Buchhandel oder per E-Mail an hanne.mausfeld@online.de erworben werden.

Diverse Lesungen

Folgende Lesungen sind unter anderem geplant: am Freitag, 23. Oktober, um 19 Uhr in der Heroldsberger Bücherei, am Mittwoch 11. November, um 19.30 Uhr in der „Bücherecke am Rathaus“ in Eschenau, am 29. Januar 2016 in der Großenseebacher Bücherei sowie am 26. April 2016 um 19.30 Uhr im evangelischen Gemeindehaus von Tennenlohe.

Rolf-Bernhard Essig, mit dem Hanne Mausfeld die Schreibwerkstatt der Justizvollzugsanstalt in Ebrach betreut und deren Bände „Gitterwelten“ und „Ein Traum von Freiheit“ herausgegeben hat, hält am Mittwoch, 28. Oktober, um 19 Uhr in der Eckentaler Gemeindebücherei eine Lesung  mit Texten von jugendlichen Strafgefangenen. Für nächstes Jahr ist außerdem eine Schreibwerkstatt mit Flüchtlingen geplant.

Weitere Informationen zu den MarktschreiberInnen gibt es im Internet unter der Adresse www.kreativitaet-und-alttag.de

Keine Kommentare