Erlangen: 1001 Mixturen für Musik aus 1001 Nacht

6.10.2015, 14:34 Uhr
Erlangen: 1001 Mixturen für Musik aus 1001 Nacht

© Foto: Harald Sippel

Die Stadt wirbt ja mit dem Slogan „Aus Tradition offen“. Beeindruckend stellte sich diese Offenheit – wieder einmal – am „Tag der Deutschen Einheit“ heraus. Zum 25. Jahrestag öffnete sich Erlangen mit einem Konzert, der Uraufführung einer Auftragskomposition, aber auch mit vielfältigen anderen Signalen erneut, baute Grenzen ab: Das Treffen von städtischen Vertretern Erlangens und Jenas fällt da noch unter „selbstverständlich“. Die Ausweitung des Freiheits- und Einheitsgedanken mit einem deutsch-türkischen Konzert, mit Vertretern und Sponsoren der türkischen Partnerstadt Beþiktaþ und Erlangens ist schon ungewöhnlicher an diesem deutschen Feiertag.

Das Resultat bescherte den türkischen und deutschen Bürgern ein anregendes, niveauvolles Programm zwischen Orient und Okzident im etwa zur Hälfte besetzten Redoutensaal mit einem bunten Querschnitt durch Erlangens Bevölkerung.

Außergewöhnlich war die Aktion von Bürgermeisterin Elisabeth Preuß, die kurzerhand junge, pakistanische Flüchtlinge (sie sind im „Frankenhof“ untergebracht) in das Konzert einlud, mit ihnen plauderte, vermittelte. So kann Einheit, so kann Integration aussehen, so zeigt sich Offenheit!

Auch Oberbürgermeister Florian Janik hieß alle herzlich willkommen ehe die „Sounds of the Orient“ mit einem fünfköpfigen Ensemble um Bassspieler Rainer Glas ihr reizvolles Programm samt Uraufführung vorstellten.

Im ersten Teil wurden „Highlights“ aus den bekannten Programmen des Ensembles gespielt: Prägend für den orientalischen Klang dieser Formation ist das Kanun, eine arabische Kastenzither, die der Libanese und Wahlerlanger Gilbert Yammine virtuos zu spielen weiß. Doch auch Hubert Winter (Saxofon, Flöte und Klarinette), Bernhard Pichl (am Flügel), Rudolf Roth (Perkussion) und Rainer Glas (Bassgitarre) fühlten sich bestens in die orientalische Klangwelt ein, zauberten mit ihren Stücken eine reizvolle Mischung von orientalischem Flair und jazziger Eleganz in den nüchternen Redoutensaal.

Vital und rauschhaft

Da wird Liedgut aus der Türkei mit Ostinato-Improvisationen und tänzerischen Elementen gemixt. 1001 Nacht hat auch 1001 Mixturen, sprich: Rhythmus- und Taktwechsel, Klangmuster, Steigerungen, Wiederholungen, eigene Tonarten, oft natürlich im orientalischen, „harmonischen Moll“, oft exotisch anders. Da werden rumbaartige Rhythmen aufgegriffen, gebärdet sich der Opa in „Grandpa’s Dance“ äußerst vital, rauschhaft.

Die rund 45-minütige „Beþiktaþ-Suite“, das Auftragswerk zum 12-jährigen Bestehen der Partnerschaft Erlangen-Beþiktaþ, setzt sich aus sechs Sätzen zusammen. Die Sätze und Arrangements enthalten teils bekannte türkische beziehungsweise arabische Melodien als Grundthema, über die improvisiert wird, mal groovig, mal ausgelassen, mal mit großer musikalischer Entfernung.

Reizvoll war das Gitarrensolo der „Girls of Üskudar“ mit dem zitierten Volkslied. Weite harmonische Regionen suchte das Klavier im „Black Sea Song“. Wiegende Rhythmen bestimmten das „Semai Shad Araban“, melancholisch-exotisch das Solo zwischen Kanun und großem Tamburin. Satz- und Tempo- und Taktwechsel, Übergabe von Impros und gemeinsames Musizieren funktionieren in diesem Ensemble gut.

Das gab immer wieder begeisterten Publikumsapplaus, und die Zugabe eines der bekanntesten türkischen Lieder des „Yine bir gülnihal“ von Ismail Dede Efendi. Das schwingt sehr europäisch vom langsamen zum Wiener Walzer, zeigt, dass die Entfernung von Beþiktaþ nach Wien und Erlangen gut und musikalisch reizvoll zu bewältigen ist.

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