Erlangen: Altmieter ziehen für Asylbewerber aus

28.9.2015, 15:00 Uhr
Erlangen: Altmieter ziehen für Asylbewerber aus

© Andé De Geare

Seit gut zwei Jahren wohnt der junge Mann in dem weitläufigen Anwesen im Erlanger Westen, in einem, wie er sagt, „schönen Objekt“ mit „guter Lage“. Bis spätestens 30. November verlässt er den ehemaligen Gasthof im Ortskern von Büchenbach, gemeinsam mit den verbliebenen zehn Mietern aus den beiden Wohngemeinschaften und verschiedenen Studenten-Appartements.

Nach notwendigen Renovierungs- und Umbauarbeiten bringt die Stadt in dem Gebäude bis zu 50 Flüchtlinge unter, fünf sind dort bereits in leer stehende Räume eingezogen.

„Wir wollen jetzt einen Schlussstrich ziehen“, sagt eben dieser 25-Jährige als Sprecher der Mieterschaft gegenüber unserer Zeitung, „wir haben uns mit den Vermietern auf eine Lösung einvernehmlich verständigt.“ Das heißt: Die Bewohner, Studenten und andere junge Menschen, stimmen der Aufhebung ihres Mietvertrags bis spätestens 30. November zu und erhalten dafür — abhängig vom Auszugsdatum — entsprechende Entschädigungszahlungen. Der Mietersprecher zieht entweder kurzfristig zu den Eltern oder seiner Freundin.

Laut Mietaufhebungsvertrag, der unserer Redaktion vorliegt, erhalten die bisherigen Mieter in Bar bei einem Auszug bis 15. Oktober 2000 Euro, bis 31. Oktober 1750 Euro und bis 30. November 1250 Euro. Zudem kümmert sich der Vermieter um den Umzug (wer darauf verzichtet, erhält weitere 250 Euro auf die Hand); auch Schönheitsreparaturen werden den Bewohnern bei Auszug erlassen.

Als Grund für den Mietaufhebungsvertrag heißt es: „Die Räumlichkeiten werden im Anschluss an den Auszug an die Stadt Erlangen zur Unterbringung von Flüchtlingen vermietet“.

Vorausgegangen war der jetzigen Lösung ein wochenlanger Streit zwischen Vermietern und Mietern. Da die beiden Immobilienbesitzer in dem großzügig angelegten Gebäude Räumlichkeiten an die Stadt Erlangen vermieten wollten, hätten sie mit den Mietern über einen möglichen Auszug gesprochen, betont einer der beiden Besitzer im Gespräch mit den EN.

Ans soziale Gewissen appelliert

Einige der Bewohner haben sich daraufhin öffentlich über die Methoden der beiden Hausbesitzer beklagt; auch Sozialbürgermeisterin Elisabeth Preuß hatte gegenüber den EN bekräftigt, dass bei der Suche nach Wohnraum für Flüchtlinge Studierende, die „oft auch nicht viel haben“, nicht auf der Strecke bleiben dürfen — und somit das mögliche Ausspielen von Asylbewerbern gegen andere Bevölkerungsgruppen kritisiert. Seit unserer Berichterstattung vom 12. September („Zum Auszug gezwungen?“) greifen nun immer mehr Medien bundesweit den Erlanger Fall als besonderes Beispiel für das florierende Geschäft mit Flüchtlingen auf.

Die Vermieter indes sehen die Sache nach wie vor anders: „Wir haben niemanden unter Druck gesetzt“, betont ein Kompagnon, „das ist erstunken und erlogen.“ Man habe bei den Gesprächen nur gesagt: „Wenn ihr nicht auszieht, müsst ihr damit leben, dass die Nebenzimmer mit Flüchtlingen belegt werden.“

Genau das aber ist so gar nicht möglich, wie der Vermieter eigentlich weiß. Denn die Stadt Erlangen bringt Flüchtlinge nur in Einheiten unter, aber nicht in einzelnen WG-Zimmern mit Nicht-Flüchtlingen als Nachbarn.

Da aber gerade in den beiden Wohngemeinschaften nur noch wenige Räume an junge Bewohner vermietet seien und der Rest leer stünde, habe man die Vermieter gebeten, doch noch über einen Auszug nachzudenken. Dabei, so heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme der beiden Vermieter an die Lokalredaktion, „haben wir an das soziale Gewissen der Mieter appelliert, auch mit dem Argument, dass nicht die lediglich elf verbliebenen Bewohner dieses Anwesens allein auf 450 qm leben (auch wenn dies natürlich für sie angenehm ist) und dafür Familien in Containern und Notunterkünften leben müssen, insbesondere wenn genügend Ersatz-Wohnraum vorhanden ist.“

Die Immobilienbesitzer haben mehrere Studentenwohnungen in Erlangen; ein Mieter zieht in ein weiteres Appartement der beiden. Die anderen Mieter würden sicher auch etwas finden, meint der Besitzer. „Der Wohnungsmarkt für Studierenden ist entspannt“, sagt er — entgegen zahlreich anders lautenden Berichten. Nur der Zeitpunkt könne, kurz vor Semesterbeginn, die Suche erschweren.

"Tut uns wirklich weh"

Nun sind die beiden Geschäftsmänner, ebenso wie die Stadt, froh, dass es zu einem gütlichen Ende gekommen ist — auch wenn die Bedingungen, wie es der Vermieter andeutet, von den Mietern diktiert worden seien. „Die Abfindungsforderungen sind massiv überzogen; das tut uns wirklich weh.“ Aber der Mensch wolle nun mal immer mehr, das sei so.

So ganz leer gehen er und sein Partner nicht aus. Wie die Stadt, will auch der Vermieter nicht verraten, was die Immobilienbesitzer für die Unterbringung der Asylbewerber bekommen: „Es ist die ortsübliche Miete und ein Aufschlag, der nicht ganz wenig ist“, räumt er ein.

Der übliche Satz für Einzelzimmer beträgt derzeit rund 20 Euro pro Nacht und Person. Bisher haben die Beiden für die Zimmer eine Monatsmiete (nach Größe gestaffelt) von 330 bis 400 Euro verlangt.

Wie es in Büchenbach weitergeht, erläutern OB Florian Janik und Bürgermeisterin Elisabeth Preuß am Mittwoch (30. September) um 19 Uhr im Gasthof „Zur Einkehr“, nicht weit entfernt von dem Anwesen. Der Vermieter wird die Info-Veranstaltung wohl nicht besuchen: „Vielleicht wird es dort eher unangenehm — es kann sein, dass eine Flüchtlingsunterkunft so manchem im Dorf nicht passt.“

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