Erlangen: Schülerlob für Lehrer Nicolas Schmidt

26.9.2016, 18:00 Uhr
Erlangen: Schülerlob für Lehrer Nicolas Schmidt

© Harald Sippel

Es ist Nicolas Schmidt peinlich. Oder vielmehr: unangenehm. Und zwar richtig. Denn in diesen Tagen wird der Lehrer des Emmy-Noether-Gymnasiums sehr häufig auf seine Auszeichnung angesprochen. Er erhielt den „Deutschen Lehrerpreis“, hat in Bayern das Rennen gemacht in der Kategorie „Schüler zeichnen Lehrer aus“. Dabei möchte Nicolas Schmidt – Lehrer für Englisch, Geschichte und Sozialkunde – ganz und gar nicht derart herausgehoben werden. „Ich mag es auch bei der Abifeier nicht, wenn einzelne Schüler herausgestellt werden“, sagt der 47-Jährige. Wobei er Lob durchaus gut findet. Das spricht er gleich selbst aus. „Wir haben eine super Schule und tolle Leute, die das, was sie machen, gut machen – ohne dabei auf die Karriere zu schielen.“

Dass Schüler ihn für den Preis vorschlugen und er dadurch herausgehoben wird, geschah zunächst ohne sein Wissen. „Ich wollte einfach mal danke sagen“, erklärt die Initiatorin. Dass sie ihn mehrfach als Lehrer gehabt hat, zuletzt auch im Wahlfach Poetry Slam, sei der Grund gewesen, „warum ich mich für diesen von allen unseren tollen Lehrern entschieden habe“.

Mit solchen Äußerungen kann Carina Becker sich keinen Vorteil mehr verschaffen, denn sie hat vor ein paar Monaten Abitur gemacht. Nur Schüler von Abschlussklassen, so erklärt sie, dürfen Vorschläge für die Auszeichnung einreichen. Dafür hat sie auch Stimmen bei Schülern anderer Jahrgangsstufen eingeholt. Eine Jury habe dann beim Philologenverband darüber entschieden.

Und was finden die Schüler nun so gut an Nicolas Schmidt? Was macht einen guten Lehrer aus? „Sein Unterricht ist angstfrei und respektvoll“, sagt Carina Becker. „Er nimmt jeden ernst und ermuntert die Schüler, Fragen zu stellen – und sagt, dass es dumme Fragen nicht gibt.“ Er fördere das selbstständige Denken der Schüler, fordere sie dazu mit sehr kritischen Fragen heraus. „Trockenen Stoff frischt er mit seiner Art auf und gleichzeitig fördert er den Zusammenhalt“, zählt Carina Becker weiter auf. Ganz besonders lege er Wert auf soziale Kompetenz. Er lehre nicht nur den Unterrichtsstoff, sondern „er lebt uns das vor“ — damit sei er „ein Vorbild fürs ganze Leben“. Er schaffe es, zugleich strenger Lehrer zu sein und ein Ansprechpartner, an den man sich vertrauensvoll wenden könne. Vor allem aber: „Man merkt, dass er sich aufrichtig für uns Schüler interessiert.“

Besonders über den letzten Satz würde sich Nicolas Schmidt sicherlich freuen. Die Schüler und deren Entwicklung sind ihm ein zentrales Anliegen. Und mit dem Lehrerberuf und seiner eigenen Rolle darin setzt sich Schmidt, der in Lauf aufgewachsen ist und heute in Erlangen lebt, schon lange auseinander. Er hat sogar zwei Bücher darüber geschrieben — „Dem Herrn Schmied sein Tagebuch“ und „Dem Herrn Schmied sein Schuljahr“. In satirischer Form lässt er in den Texten Herrn Schmied, sein Alter Ego, mit den Absurditäten des Schulalltags kämpfen und transportiert dabei seine Vorstellungen davon, wie Schule sein sollte: eine Schule, in der „Lehrer sich trauen, als Menschen aufzutreten und nicht als Pädagogen, und Schüler sich trauen, Fragen zu stellen und Antworten zu geben, die ihre eigenen sind und nicht die des Lehrers“ — und schließt dabei durchaus das mögliche eigene Scheitern an solcher Utopie nicht aus.

Herr Schmied also lotet aus – und formuliert dies mitunter etwas derber — , wie er in seiner Rolle als Lehrer zwischen eigenem Idealismus und starrem Schulsystem bestehen kann. „Das ist eine Figur, mit der ich spielen und die ich extrem darstellen kann“, sagt Nicolas Schmidt, der immer wieder als Slam-Poet auf der Bühne steht und in Erlangen gemeinsam mit Katharina Mock den U-20-Poetry-Slam als regelmäßige Veranstaltung im E-Werk eingeführt hat.

Wie passt es zusammen, „einer der wenigen verbeamteten Poetry Slammer Deutschlands“ zu sein, wie es auf seiner Website heißt? Das Freie, Kreative der Kunst und das Erdende des Beamten, sagt er, tue ihm als Ausgleich sehr gut. Vermutlich erleichtert ihm dies auch, sich als Lehrer die Freiheit zu nehmen, scheinbar Widersprüchliches unter einen Hut bringen zu wollen. Denn er ist ein erklärter Gegner von Noten. Die würde er am liebsten abschaffen — „aber ich möchte trotzdem Leistung“, betont er. Und nur um Missverständnissen vorzubeugen, erklärt er auch, dass Schule selbstverständlich „nicht immer super und easy“ sein könne, sondern dass Schüler sich auch auf den Hosenboden setzen und mal „stumpf etwas lernen“ müssten.

Von einem jedenfalls ist Nicolas Schmidt überzeugt: dass Kinder und Jugendliche ohne Angst besser lernen. Im Poetry Slam findet er den besten Beweis für diese These. „Die Schüler entwickeln sich innerhalb von zwei Jahren massiv – nicht nur kognitiv, sondern auch vom Selbstbewusstsein und von der Reflexion her.“

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