Erlangen und die dunkle Seite der Digitalisierung

13.5.2017, 15:00 Uhr
Erlangen und die dunkle Seite der Digitalisierung

© Foto: Patrick Schroll

Für viele ganz selbstverständlich: mal eben ein paar Gedanken auf Facebook und Twitter posten oder Fotos vom letzten Urlaub auf Instagram veröffentlichen. "Was macht das schon, ich habe schließlich nichts zu verbergen." Schon häufig hörte man bei Umfragen solche Begründungen für das freigiebige Verhalten auf Social Media-Kanälen.

Den meisten ist aber nicht bewusst, dass sie damit viele sensible Daten von sich in Umlauf bringen, die akribisch im Internet gesammelt, archiviert und nutzbar gemacht werden, was sich beim nächsten Log-In plötzlich als personalisierte Werbung bei Google oder Facebook äußert. Scheinbar im Verborgenen, ohne dass wir es merken, werden unsere persönlichen Daten protokolliert und entziehen sich schrittweise unserer Informationskontrolle. Schließlich geht es nicht darum, ob man etwas zu verbergen hat, sondern um den Schutz der Privatsphäre.

"Unsere Form von Gesellschaft basiert auf der Vorstellung, dass wir autonome Menschen sind.", so Harald Welzer. In Bezug auf persönliche Informationen heißt das: Ich entscheide darüber, wer was und wie viel über mich wissen darf. Tatsächlich vollzieht sich momentan aber ein Prozess, der tiefe Eingriffe in unsere Wirklichkeit vornimmt.

Die Rede ist von einer "smarten Diktatur", die uns glauben lässt, wir hätten Macht über unsere eigene informationelle Selbstbestimmung, doch in Wirklichkeit hat sie jemand anderes. Welzer spricht auch von einer "freundlichen Diktatur", weil die Digitalisierung vordergründig im Sinne der Weltverbesserung geschehe, jedoch nur eine "Hyperkonsumgesellschaft" befördere. Kürzere Produktionszyklen und massenhafte Verfügbarkeit tragen weder zu nachhaltigem Umgang mit Ressourcen bei, noch leisten sie einen Dienst zur Verbesserung der Welt.

Stattdessen spricht man von einer neuen "Sharing-Economy". Angesichts von öffentlichen Bibliotheken, Schwimmbädern, Kulturzentren und Interessensgemeinschaften "ist das keine soziale Errungenschaft, die erst im 21. Jahrhundert gemacht wurde." erklärt Welzer.

Smart macht abhängig

Smartphones, selbstfahrende Autos oder smarte Kühlschränke mit Kameras sorgen dafür, dass sich ihre Nutzer immer mehr auf sie verlassen, von ihnen abhängig werden und seltener ihre Notwendigkeit in Frage stellen. Welzers Kritikpunkt: Die ungebremste Digitalisierung führt zur Selbstentmündigung und Entdemokratisierung. "Und das wollen Sie doch bestimmt nicht."

 

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