Erlangen und Rennes seit 1964 verbunden

23.2.2019, 06:00 Uhr
Erlangen und Rennes seit 1964 verbunden

© Stadtarchiv

An die schwierige Anfangszeit kann sich Tobias Ott nicht mehr erinnern. Kein Wunder: Der Beauftragte der Stadt Erlangen für die Partnerschaft mit Rennes ist gerade einmal 38 Jahre alt.

Doch von den Vorbehalten, die Anfang der 1960er Jahre noch unter dem unmittelbaren Eindruck des Zweiten Weltkrieges gegen eine besondere Beziehung der beiden Städte herrschte, hat er viel gehört. "Viele standen zudem einer Partnerschaft mit einer katholischen Stadt sehr skeptisch gegenüber", sagt er, weist aber zugleich auf die politischen Befürworter auf höchster Ebene hin: "Die beiden Regierungen wollten ihre Länder versöhnen, und Städtepartnerschaften waren dafür ein geeignetes Mittel zum Ziel."

Auf nationaler Ebene hat das funktioniert, und auch auf kommunaler. Erlangen-Rennes ist dafür das beste Beispiel. Denn als die Städte-Freundschaft dann am 27. Mai 1964 durch den damaligen Erlanger Oberbürgermeister Heinrich Lades und den Rennaiser Bürgermeister Victor Janton (in Vertretung für Oberbürgermeister Henri Fréville) besiegelt war, reagierten die Erlanger mit Begeisterung. "Die Städtepartnerschaft ist unheimlich schnell unheimlich lebendig geworden", sagt Ott.

Ob Sport, Kultur, Gewerkschaften und vor allem Schulen: Menschen aus unterschiedlichsten Bereichen trafen sich zu regelmäßigem Austausch und Besuchen, sogar Eheschließungen entstanden bei diesen Begegnungen.

Die Bilanz, die Ott zieht, ist daher nach 55 Jahren mehr als positiv. Die Städtepartnerschaft habe eine wirklich "beeindruckende Geschichte", sagt er, "die beiden Städte sind eng aneinandergerückt". Eng sind die beiden immer noch, doch die Hochzeiten, in denen etwa beim 25. Jahrestag der Städtepartnerschaft 600 Erlanger die französischen Freunde besuchten, sind vorbei. "Tatsächlich haben wir momentan den Eindruck, dass die Phase der ganz großen Veranstaltungen vorbei ist", sagt Ott. Der Zuspruch lässt nach. Die zuletzt angebotene Bürgerreise 2014 musste wegen mangelndem Interesse sogar abgesagt werden.

Die Möglichkeiten, heutzutage (günstig) ins Ausland zu kommen, sind viel umfassender als früher. Die Ansprüche an die Unterkunft sind bei vielen gestiegen, das "klassische Gastfamilientum" hat sich geändert. Ebenso wie die Ausgangssituation inzwischen eine andere ist: Das Ziel von Versöhnung und Völkerverständigung ist — zwischen den beiden Erzrivalen — erreicht, die Kriegsgeschehen zumindest weitgehend aufgearbeitet.

Hat die Städtepartnerschaft da noch eine Existenzberechtigung? "Auf jeden Fall", antwortet Ott. Zum einen erwähnt der Aachener Vertrag, den Kanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron Anfang 2019 als Fortschreibung des berühmten Élysée-Vertrages vom 22. Januar 1963 unterzeichnet haben, ganz explizit die Städtepartnerschaften in den beiden Ländern. Zum anderen pflegen Vereine — oft im Gegensatz zum allgemeinen Trend ohne Nachwuchssorgen — in Erlangen und Rennes ihre über Jahrzehnte gewachsenen ehrenamtlichen Verbindungen noch immer. Zu "alten" Themen kommen neue hinzu, wie ein Projekt des hiesigen Künstlers Michael Jordan mit einem Kollegen aus Rennes.

Heute, meint Ott, sei das Interesse an der Städtepartnerschaft oft "zielgerichteter". Soll heißen: Die Initiatoren müssen und sollen sich weitere Bereiche suchen, für die sie die Bevölkerung begeistern können. "Dazu", sagt Ott, "sind wir auch immer dankbar für Ideen, die an uns herangetragen werden und die wir dann, wenn möglich, auch gerne umsetzen."

Dass die Städtepartnerschaft nie einschlafen oder gar verschwinden wird, ist sich Ott sicher. Denn eines wird sich nie ändern: "Man kann auch einfach nach Frankreich fahren und Urlaub machen", sagt der städtische Mitarbeiter, "aber das ist fast nichts im Vergleich zu den Erfahrungen in Gastfamilien."

Ott ist seit seinem Schüleraustausch in Frankreich ebenfalls so richtig francophil: Das war für den gebürtigen Rothenburger damals zwar nicht Rennes, sondern Athis Mons, etwa 15 Kilometer südlich von Paris. Diese Erfahrungen haben ihn geprägt.

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