Erlangen: Viel Feuerwehr-Lärm um Nichts

23.2.2018, 12:06 Uhr
Wieder einmal umsonst brauste der Hubschrauber heran.

Wieder einmal umsonst brauste der Hubschrauber heran.

Ein Hubschrauber, der seit Minuten über den Dächern in der Luft steht, wildes Sirenengeheul, das durch die Häuserzeilen scheppert, Feierabendverkehr, den ein Löschzug im Eiltempo durchquert – beinahe täglich begegnet uns die Arbeit der Einsatzkräfte und betrifft auch unbeteiligte Bürger immer wieder, überall und zu jeder Tages- und Nachtzeit.

Was kaum jemand weiß: Unter den rund 2000 Einsätzen, zu denen die Erlanger Feuerwehr 2017 ausgerückt ist, waren immerhin 380 Fehlalarme. Einsätze, zu denen Feuerwehrleute ausrücken in voller Montur, vorbereitet auf den Ernstfall – und mehr oder weniger unverrichteter Dinge wenig später wieder abrücken. Manchmal wird aus einem Irrtum sogar ein Großeinsatz, wie kürzlich in Büchenbach, als gleich ein schwerwiegender Hochhausbrand vermutet wurde.

Doch verärgert sind die Feuerwehrleute deshalb nicht, im Gegenteil: "Wir erwarten von jedem Bürger, dass er einen Notruf absetzt, wenn Gefahr in Verzug ist. Und das lieber einmal zu viel als einmal zu wenig", sagt Stadtbrandrat Friedhelm Weidinger.

In der Integrierten Leitstelle, wo der Notruf eingeht, sitzen erfahrene Menschen, die anhand der Meldung entscheiden können, was zu tun und wer zu alarmieren ist. Dafür wurden sie ausgebildet, dafür gibt es auch eine Bekanntmachung des Bayerischen Innenministeriums: "Alarmierung im Rettungsdienst, Brand- und Katastrophenschutz in Bayern" heißt das umfangreiche Pamphlet. Darin ist auch festgelegt, dass es Einsatzstichworte gibt, die im Leitsystem zu Steuerbefehlen werden, die die jeweilige Ausstattung und das Aufgabengebiet der Einsatzkräfte bestimmen. Jedem Einsatzstichwort sind Schlagwörter zugeordnet. Der Katalog, der für das Einsatzleitsystem zugelassenen Einsatzstichwörter und Schlagwörter ist vom Innenministerium festgelegt und für ganz Bayern einheitlich.

Schlagworte und Stichworte sind zwar vorgegeben, welche Maßnahmen bei einer Einsatzstichwort-Schlagwort-Kombination aber tatsächlich einzuleiten sind, richten sich aber nach den örtlichen Verhältnissen. Das wird darum auch vor Ort festgelegt.

Automatische Alarmkette

Bei der Erlanger Feuerwehr ist Christian Seitz zuständig für diese Einsatzvorbereitung und -planung. Den 70 Einsatzstichworten, die er für Erlangen in der Integrierten Leitstelle hinterlegt hat, hat er 250 Schlagworte zugeordnet. Der Disponent in der Leitstelle entscheidet anhand des Notrufs, welches Schlagwort und welches Stichwort infrage kommen und drückt dann "alarmieren". Als nächstes läuft eine Alarmkette automatisch ab. So wird beispielsweise bei einem Unfall auf der Autobahn der Verkehrssicherungsanhänger zur Absicherung der Unfallstelle alarmiert. Bei Feuermeldungen in den Vororten werden dagegen abhängig von Tages- und Nachtzeit Freiwillige Feuerwehren mit alarmiert und eventuell auch noch die Freiwillige Feuerwehr Innenstadt zur vorübergehenden Wachbesetzung. Wenn bekannt ist, dass besondere Stoffe austreten oder in Brand geraten können, werden Sonderlöschmittel mit dem Ausrücken des Löschzugs zur Einsatzstelle beordert.

Für Kinos, Kindergärten und Seniorenheime gibt es zudem eigene Einsatzplanungen, weil unter Umständen mehr Personal und mehr Material notwendig sind. Diese Alarmierung hat dann auch eine höhere Priorität. So auch für ein Feuer in einem Hochhaus, wie kürzlich in Büchenbach in unmittelbarer Nähe zum Europakanal angenommen, wo auch ein Hubschrauber zum Einsatz kam (unser Foto). Hier konnte der Disponent in der Leitstelle also gar nicht anders, als den Alarmknopf für einen Hochhausbrand zu drücken. Damit wurden gleichzeitig und automatisch BRK, ASB, THW, verschiedene Freiwillige Feuerwehren und die Ständige Wache alarmiert. Glücklicherweise aber umsonst (wir berichteten). Für Fachleute ein "Irrtum des Meldenden", der den Anrufer nichts kostet.

Anders als ein böswillig ausgelöster Fehlalarm, die es, so Friedhelm Weidinger, in Erlangen "relativ selten" gibt. Wenn hingegen eine Brandmeldeanlage wegen technischem Defekt oder Bauarbeiten Alarm schlägt, kostet der Feuerwehreinsatz dem Betreiber bis zu 750 Euro. Ruft der Nachbar die Feuerwehr, weil ein privater Rauchmelder nebenan fälschlicherweise piept, bleibt der Einsatz kostenfrei.

Die 380 Fehlalarme sind dabei sogar ein Rückgang: 2016 waren es noch 463. Die meisten davon wurden ausgelöst durch Brandmeldeanlagen, von denen es in der Stadt rund 300 gibt.

Laut Weidinger und Seitz befinden sich die Fehlalarme in einem vergleichsweise normalen Rahmen. Wie wichtig Brandmeldeanlagen sind, auch wenn sie manchmal ohne erkennbaren Grund auslösen, zeigt sich immer wieder. Auch private Rauchmelder haben schon Leben gerettet. Darum, sagt Friedhelm Weidinger, gehören Fehlalarme zum Feuerwehrleben einfach dazu.

 

Keine Kommentare