Erlangen: "Zimmer mit Dusche auf dem Gang für 400 Euro"

3.9.2015, 15:30 Uhr
Erlangen:

© Foto: Horst Linke

Im August ist Ferienzeit, Umzüge finden – abgesehen von Studenten – meist vor oder nach den Sommermonaten statt. Das merkt auch der Erlanger Mieterinnen- und Mieterverein. In den vergangenen Wochen habe sich dort noch keiner über eine zu hohe Miete beschwert oder sich nach möglichen juristischen Schritten gegen den Eigentümer erkundigt, berichtet Grünen-Fraktionschef Wolfgang Winkler, der Vorstandsmitglied und Rechtsberater des Vereins ist. In den nächsten Wochen könnte die Zahl der Ratsuchenden zunehmen, meint der Experte – vorausgesetzt, die neuen Bestimmungen würden endlich auch unter Mietern mehr bekannt.

Denn viele wüssten (noch) nicht, dass die Bestimmung (wie berichtet) seit 1. August neben 143 weiteren bayerischen Städten und Gemeinden auch in Erlangen gilt. „Wer sich unsicher ist, ob er doch zu viel Miete bezahlt, soll sich an unseren Verein wenden“, empfiehlt Winkler. Dort lasse sich der sogenannte qualifizierte (also nach wissenschaftlichen Methoden erstellte) Mietspiegel einsehen. „Gegebenenfalls können wir juristische Hilfe anbieten“, sagt der Jurist. Dazu aber sei es wichtig, über das Gesetz aufzuklären.

Vermieter hingegen wissen über die neuen Grundlagen offenbar besser Bescheid. „Wir hatten schon vor Inkrafttreten der Mietpreisbremse viele Anfragen, was das Gesetz bringt und wie es funktioniert“, erzählt Simone Rudel, Mitarbeiterin des Haus- und Grundbesitzervereins. Viele haben sich in der Südlichen Stadtmauerstraße den Mietspielgel mitgenommen, um sich über die üblichen Quadratmeterpreise zu informieren. „Bisher aber ist kein Immobilienbesitzer in unser Büro gekommen, der zehn Prozent mit der Miete hochgehen wollte“, sagt Rudel.

Zehn Prozent sind nach den nun bei neuen Mietverträgen die Obergrenze. Mit dem Gesetz sollen überhöhte Mieten verhindert oder zumindest vermindert werden.

Die Miete darf nicht mehr als zehn Prozent (zuvor: 20 Prozent) über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Bei Neubauten (darunter fallen alle Wohnungen und Häuser, die nach dem 1. Oktober 2014 zum ersten Mal genutzt und vermietet wurden) und bei umfassenden Modernisierungen gilt die Mietpreisbremse jedoch nicht.

Trotz dieser Ausnahmen hält Mietexperte Wolfgang Winkler die Preisbremse gerade im oft überteuerten Erlangen für sinnvoll. Denn die kleinen (Studenten-)Wohnungen sind oft sehr teuer, wie ein Blick in den Mietspiegel aus dem Jahr 2013 zeigt. So betrug die monatliche Netto-Basismiete für 20 Quadratmeter Wohnfläche in Mehrfamilienhäusern pro Quadratmeter 12,38 Euro. Bei 50 Quadratmetern Wohnfläche waren es 7,37 Euro und bei 100 Quadratmetern 6,85 Euro.

„Bei frei finanzierten Appartements für Studierende kann die Mietpreisbremse durchaus Wirkung erzielen“, sagt der Fachmann. Etwa dann, wenn Vermieter ein „Haus zimmerweise mit Dusche auf dem Gang für irrsinnige Preise von bis zu 400 Euro vermieten.“ Besonders teure Mietwohnungen gebe es zudem zum Beispiel mitten in der Innenstadt oder rund um das Zollhausviertel wie in der Marquardsenstraße.

Eine wirkliche Entspannung auf dem Erlanger Wohnungsmarkt sieht Winkler trotz Nachverdichtungen, zusätzlichem sozialen und freien Wohnungsbau und der Mietpreisbremse allerdings nicht: „Wer das Geld nicht hat, muss weiter nach draußen ziehen: in Kriegenbrunn oder Dechsendorf wird das Wohnen billiger.“

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