Erlangens-OB Janik: Bilanz der ersten 100 Tage durchwachsen

1.8.2014, 15:58 Uhr
Erlangens-OB Janik: Bilanz der ersten 100 Tage durchwachsen

© Harald Sippel

Herr Janik, wie hat sich Ihr Leben verändert?

Florian Janik: Mein Leben ist intensiver geworden. Das liegt nicht nur daran, dass mein Terminplan - wie erwartet - ziemlich voll ist, sondern auch daran, dass viele unterschiedliche Dinge in kurzer Zeit auf mich zukommen. Auf der einen Seite ist es schön zu sehen, wie viel man schaffen kann.

Auf der anderen Seite ist es schon recht anstrengend, dass man sich bei jedem Termin neu auf die jeweiligen Menschen einstellen muss, soll und will. Schließlich habe ich den Anspruch, stets voll bei der Sache zu sein. Gerade den letzten Aspekt, diesen emotional anstrengenden Teil der Arbeit, habe ich unterschätzt. Aber: Es macht richtig Spaß, der Oberbürgermeister von Erlangen zu sein.

Zum Amtsantritt haben Sie sich ein acht Punkte umfassendes 100-Tage-Programm verordnet? Viel haben Sie davon aber nicht umgesetzt . . .

Florian Janik: Ich sehe das nicht so negativ. Im Gegenteil: Ich bin sehr zufrieden mit dem, was wir bisher erreicht haben. Bei den meisten der acht Punkte sind wir soweit, dass wir sie jetzt oder in naher Zukunft umsetzen können.

Nehmen Sie zum Beispiel die Stadt-Umland-Bahn: Die Verhandlungen mit der Stadt Nürnberg und dem Landkreis Erlangen-Höchstadt sind so weit gediehen, dass es im Herbst zur Zweckverbands-Gründung kommen kann.

Oder Stichwort Siemens-Campus: Wir haben das Vorhaben binnen eines halben Jahres - also wirklich mit einer unglaublichen Geschwindigkeit - dahin gebracht, dass wir den städtebaulichen Wettbewerb ausloben können.

Ein weiterer Aspekt in Ihrem Acht-Punkte-Papier betrifft den Bürgerdialog, den Sie unter anderem über die Sozialen Medien führen, konkret über Facebook. Wie sind Ihre Erfahrungen mit diesem Instrument, insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich oft die gleichen Nutzer äußern?

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© Harald Sippel

Florian Janik: Grundsätzlich ist es immer schwierig, alle betroffenen Bürger zu erreichen. Insofern sehe ich solch eine Online-Strategie auch nur als einen Baustein, mit Hilfe derer man eine gewisse Zielgruppe sehr gut erreicht, nämlich die Nutzer von Sozialen Medien. Diese Gruppe ist zumindest nicht vollständig deckungsgleich mit derjenigen Gruppe, die man für Veranstaltungen gewinnt.

Sie haben angekündigt, unter anderem durch Aufstockungen und den Ausbau von Dachgeschossen die Wohnraumnot bekämpfen zu wollen. Wie weit sind Sie gekommen?

Florian Janik: Bei den Gesprächen, die wir bisher mit Baugenossenschaften oder dem Haus- und Grundbesitzer-Verein geführt haben, erhielten wir eine sehr positive Resonanz. Im Herbst wollen wir mit unserem Konzept an die Öffentlichkeit gehen, wobei die Aufstockungen und Ausbauten, die im Einzelfall auch in der historischen Altstadt nicht prinzipiell auszuschließen sind, nur eine Facette sind.

Generell lautet die Frage: Wo in der gesamten Stadt können wir entlang vorhandener Infrastruktur verdichten? Welche noch verfügbaren Fleckchen bebauen (lassen)? So will allein unsere städtische Gewobau in den nächsten Jahren 1000 neue Wohnungen bauen. Konkrete(re) Verdichtungspläne liegen beispielsweise bereits vor für die Brüxer Straße, die „Housing Area“ im Stadtosten oder Quartiere der ehemaligen GBW-Landesbankwohnungen in der Südstadt.

Natürlich stoßen die geplanten Verdichtungen, die wir brauchen, um weiteren Wohnraum schaffen zu können, nicht überall auf Akzeptanz. Daher möchten wir die Menschen mitnehmen, indem sie schon frühzeitig in die Planungen eingebunden werden. Den größten Bedarf für mehr Wohnraum sehen wir nicht nur bei Sozialwohnungen, sondern im gesamten unteren und mittleren Preissegment.

Thema Erlangen Pass: Wann wird er eingeführt?

Florian Janik: Eine Vorlage dazu wird im Herbst in die Stadtratsgremien kommen und dann mit den Haushaltsberatungen verhandelt. Wir brauchen zwar zusätzliches Personal, das sich um das ganze Procedere rund um den Pass kümmern wird. Dafür werden wir dauerhaft eine bis zwei neue Stellen schaffen.

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© Harald Sippel

Darüber hinaus wird es für den Etat keine weiteren gravierenden Belastungen geben. Der Pass selbst, der den geschätzt 5000 bis 10.000 Berechtigten ermäßigten Eintritt ermöglicht, wird mit dem neuen Haushaltsjahr eingeführt, zunächst für viele städtische Angebote, später für den ÖPNV und - hoffentlich - für weitere private Veranstaltungen.

Mit einigen Entscheidungen sind Sie bereits in die Kritik geraten. Beispielsweise durch die Absetzung des schon unter Alt-OB Hahlweg amtierenden Stadt-Pressesprechers, aber auch durch die Schaffung von zwei neuen Stabsstellen, die zusätzliches Geld kosten werden und ohne Ausschreibung vergeben werden sollen.

Florian Janik: Grundsätzlich glaube ich, dass es nicht verwunderlich ist, sondern absolut üblich, dass es bei veränderten Regierungsverhältnissen dazu kommt, dass an der einen oder anderen Stelle Personal ausgetauscht wird. Wir haben bei der Stadt über 2000 Beschäftigte, zwei von ihnen (Ex-Stadtpressesprecher Peter Gertenbach und Eva Born, Alt-OB Siegfried Balleis’ ehemalige persönliche Mitarbeiterin, d. Red.) führen künftig innerhalb der Stadt eine andere Tätigkeit aus. Ich stehe auf dem Standpunkt, dass es dringend notwendig ist, für eine gute Führung der Stadt in meinem unmittelbaren Umfeld Menschen zu haben, denen ich absolut vertrauen kann und die die Kompetenz haben, auch in die Verwaltung hineinzusteuern.

Es ist einer der Schwachpunkte der vergangenen Jahre gewesen, dass es bei zentralen Projekten keine zentrale Steuerung gab. Dieser Ansicht ist im Übrigen die gesamte Ampel-Koalition, und deshalb halten wir es – auch aus wirtschaftlicher Sicht – für notwendig, unmittelbar beim OB solche Personalkapazitäten zu schaffen. Schließlich hat auch mein Tag nur 24 Stunden. Immer wenn ich nicht vor Ort sein kann, werden diese Mitarbeiter dafür sorgen, dass der Wille der Koalition auf der Basis von Stadtratsbeschlüssen auch an jeder Stelle in der Stadtverwaltung umgesetzt wird.

Laut der Regierung von Mittelfranken sollte die Konsolidierung des städtischen Etats oberste Priorität in Erlangen haben. Trotzdem wollen Sie mittels des Bund-Länder-Programms „Soziale Stadt“ im Stadtosten ein Areal entwickeln, in dessen Rahmen auch eine Handball-Halle entstehen soll. 40 Prozent der Kosten bleiben bei der Stadt hängen. Wie wollen Sie das Projekt angesichts der angespannten Finanzlage stemmen?

Florian Janik: Wenn neuer Wohnraum entsteht, muss man auch in die soziale Infrastruktur investieren. Der Vorteil des Programms „Soziale Stadt“ ist es, dass wir eine Förderung für das bekommen, was wir sowieso tun müssen. Was das Bewegungs- und Begegnungszentrum anbelangt, ist meine Position und die der SPD unverändert: Wir können uns das Projekt nur vorstellen, wenn wir eine substanzielle finanzielle Beteiligung von Dritten hinbekommen. Und diesbezüglich sind wir auf einem guten Weg.

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© Harald Sippel

So haben wir zum Beispiel ein positives, sehr gutes Signal vom Freistaat erhalten. Ein Förderbescheid liegt uns allerdings noch nicht vor. Gleichzeitig sind aber auch die privaten Partner gefordert, ihren Beitrag zu leisten. Wie dieser aussehen könnte, werden wir wissen, wenn uns die Kostenschätzung vorliegt. Am Ende des Tages wird man dann sehen, ob es im Stadtrat eine Mehrheit für das Projekt gibt - und eine solche wird natürlich davon abhängen, wie hoch die Kostenbelastung für die Stadt ist.

Gemeinhin werden derartige Projekte, wie zum Beispiel der Bau einer Handball-Halle, von potenten Dritten gesponsert, etwa von Unternehmen oder wohlhabenden Privatleuten. Mit wie vielen derartigen Sponsoren führen Sie derzeit Gespräche?

Florian Janik: Sie werden verstehen, dass ich in diesem Stadium der Gespräche noch nichts öffentlich dazu sagen werde.

Können Sie eine Zahl nennen?

Florian Janik: (schweigt)

Jüngst hat der Stadtrat den Startschuss für den Architekturwettbewerb zum Siemens-Campus gegeben. Siemens will allerdings weder die Stadt-Umland-Bahn (StUB) über ihr Gelände fahren lassen, noch den Anforderungen des Denkmalschutzes nachkommen. Tanzt Siemens der Stadt auf der Nase herum?

Florian Janik: Dass bei so einem großen Projekt am Ende auch Punkte übrig bleiben, bei denen man sich nicht hundertprozentig einig ist, finde ich ganz normal. Es ist richtig, dass die Siemens AG nicht davon überzeugt ist, dass die denkmalgeschützten Gebäude und der denkmalgeschützte Löschteich zwingend zu erhalten sind. Das Landesamt für Denkmalschutz ist jedoch der Auffassung, dass die relevanten Objekte unter Denkmalschutz stehen und dies auch so bleiben sollte. Wir als Stadt haben eine Mittlerrolle. Deshalb bin ich froh, dass wir uns mit unserer Position durchsetzen konnten. Und so schreiben wir in den Wettbewerbstext nicht hinein, dass alles abgeräumt werden muss. Wir schreiben aber auch nicht hinein, dass alles zwingend und um jeden Preis erhalten werden muss. Das halte ich für einen sehr guten Kompromiss.

((Platzhalter))Was wollen Sie in den nächsten Monaten mit Priorität anpacken?

Florian Janik: Einer der nächsten großen Schwerpunkte werden die Etatberatungen sein. Klare Präferenz hat für uns, dass die Schulsanierungen planmäßig abfinanziert werden. Zudem muss uns der Einstieg in die StUB gelingen. Im Infrastruktur-Bestand wollen wir keine weiteren großen Schäden riskieren. Aber: Nicht alles, was wir uns wünschen, wird auch zeitnah machbar sein.

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