Erlanger Berg ist wie zwölf Tage Achterbahn fahren

28.12.2017, 15:00 Uhr
Erlanger Berg ist wie zwölf Tage Achterbahn fahren

© Klaus-Dieter Schreiter

Erst wenn die Mundharmonika über dem Berg erklingt, erst wenn die Taschentücher gen Himmel schwenken, erst wenn alle Lili Marleen singen, dann weiß ich, dann wissen alle: Jetzt ist es wirklich vorbei. Die Bergkirchweih ist Geschichte. Wieder einmal. Und natürlich könnte man sagen: Das Fest kommt wieder, im nächsten Jahr. Viele freuen sich sogar darüber, dass der Ausnahmezustand in der Stadt endlich beendet ist. Ich freue mich nicht. Ganz im Gegenteil: Irgendwie bin ich dann sogar wehmütig.

Der letzte Abend der Bergkirchweih, der zwölfte Abend einer wahren Frohsinn-Orgie, ist in jeder Hinsicht etwas besonderes. Natürlich könnte ich sagen: Man muss es erlebt haben, um es zu verstehen. Doch eigentlich muss man noch viel mehr erlebt haben. Man muss zwölf Tage Bergkirchweih erlebt haben. Jeden Tag von 10 bis 23 Uhr, und manchmal sogar länger. Wenn die Schausteller morgens ihre Rollläden hochrattern und abends ein Menschenstrom in die Stadt zieht.

Ich habe es erlebt, zum zweiten Mal in Folge. Für den Bergkirchweih-Liveblog unserer Zeitung habe ich jeden Tag auf dem Festgelände verbracht. Ich habe die unterschiedlichsten Schausteller, Kellner oder Köche interviewt, die nettesten Besucher kennengelernt und wohl während der Arbeit den allermeisten Spaß gehabt.

Es ist, als würde man sein normales Leben hinter sich lassen und mit einer Achterbahn fahren, aus der man nur zum Schlafen aussteigt, aber noch vor dem Frühstück wieder drin sitzt. Es gibt nichts mehr außerhalb dieser Achterbahn-Welt, außerhalb von roten Lampions, lauter Musik, Bäumen, Bierbänken, Dirndl, Lederhosen, Zuckerwatte, Bratwürstchen und Maßkrügen. In diesen zwölf Tagen grüße ich Menschen jeden Morgen, Menschen, die ich die restlichen 353 Tage im Jahr nie sehe. Und ich gehe nie, niemals, wirklich nie ohne mein Smartphone aus dem Haus. Denn alles, was ich sehe, höre, fühle und schmecke, teile ich im Bergkirchweih-Blog auf www.der-berg-ruft.de.

Darin ging es im Jahr 2017 natürlich wieder um allerlei Feten, um gute Stimmung, um Musik, Kurioses und Fahrgeschäfte. Um den Hangover-Turm zum Beispiel, der mit 85 Metern Höhe sogar das Riesenrad überragte. Es ging aber auch um Hinweise der Polizei, um neue Sicherheitsbestimmungen, Taschenkontrollen, um eine neue Einbahnstraßen-Regelung auf den Kellern, die alle verwundert hat, oder um die Sperrung der Bergstraße.

Es ist für mich der besondere Reiz an meinem Job als Berg-Reporterin, immer vor Ort zu sein. Wenn etwas passiert, sofort reagieren zu können. Live berichten zu dürfen. Aber auch besondere Projekte zu starten.

2016 habe ich 24 Stunden auf der Bergkirchweih verbracht. In diesem Jahr erlebte ich einen Abend mit einem Busfahrer und einen ganzen Tag aus Sicht einer Bierbank. Ich habe dabei viel Zeit mit wunderbaren Menschen verbracht.

Das ist übrigens das, was ich besonders an der Bergkirchweih liebe. Egal ob Fremder oder Freund, am Ende des Abends schunkelt man Arm in Arm unterm Sternenhimmel. Es sind Gänsehaut-Momente. Glücksgefühle, von denen ich im restlichen Jahr zehren kann. Und es sind Momente, an die ich mich immer wieder gerne erinnere. Die nächste Bergkirchweih kommt bestimmt, in 141 Tagen geht’s wieder los. Doch kein Berg gleicht dem anderen. Das glauben Sie nicht? Dann steigen sie 2018 mit mir in die Achterbahn.

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