Erlanger FAU: Ein mächtiger Öltanker in der Wissenschaft

8.11.2017, 12:00 Uhr
Erlanger FAU: Ein mächtiger Öltanker in der Wissenschaft

Zwar hatte Universitätspräsident Prof. Joachim Hornegger bei der Akademischen Jahrfeier der FAU das Grußwort des bayerischen Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle durch ein Interview ersetzt, doch ließ sich das Kabinettsmitglied auch im Frage-und-Antwort-Spiel keine zukunftsträchtige Substanz entlocken. Man werde, so Spaenle, das Equipment nachhaltig unterstützen, stärkere Anstrengungen unternehmen, brauche aber Geduld – der politischen Floskeln gab es genug.

"Über den Tellerrand hinaus"

So wandte sich das Interesse im voll besetzten Audimax dem Studentenvertreter Ingwer Andersen zu, der die Chancen der FAU als einzige Voll-Universität in Bayern mit seinem interdisziplinären Angebot hervorhob – ein geistiges Spektrum wie kaum eine andere Institution. "Wir haben hier die Möglichkeit, sich über den eigenen Tellerrand hinaus mit sämtlichen Disziplinen auszutauschen. So schön der heimische Elfenbeinturm auch sein mag: Das ganz große Wissen braucht ein solides Fundament. Dies kann nur von einer Fachdisziplin und ihren Hilfswissenschaften aufgebaut werden."

Aus Studierenden-Sicht ist die FAU keineswegs ein alter schwerfälliger Tanker, sondern vielmehr gereift: "Während bayerische Binnensegler, im stillen Wässerchen kreuzend, jeder Zeit ihre Fahnen in den Wind drehen müssen, da kann die FAU voller Stolz behaupten, dass wir wie die großen Öltanker global die Kontinente vernetzen und stets entschlossen den von uns gesetzten Kurs beibehalten."

Wermutstropfen im Erfolg

Der Wermutstropfen, von dem Hornegger im Hinblick auf das Scheitern bei der Exzellenzinitiative sprach, passte da nicht unbedingt in die sonstigen Erfolgsmeldungen. Da musste dann sogar Spaenle mit dem Hinweis trösten, die FAU solle ihr Licht nicht unter den Scheffel stellen, zumal sie große Potenziale habe. Diese sollen laut Hornegger mit dem FAU-Nachwuchskonzept ausgebaut werden: kein langwieriges Berufungsverfahren von W2- auf W3-Professuren und damit eine komplette Karriereperspektive, deutschlandweit mit 24 neu eingeworbenen auf Platz 3 bei den Tenure-Track-Professuren. Die Stärken der FAU etwa in den Bereichen Materialwissenschaften, Mobilität, Energie, Menschenrechte, Leistungselektronik, Digitalisierung oder der Medizintechnik werden mit zahlreichen Projektförderungen sicht- und messbar. Übrigens: Sie sind in der geplanten neuen Nürnberger Universität zwar vorgesehen, in der FAU aber bereits vorhanden.

Im Wettbewerb der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder sei die FAU mit einem materialwissenschaftlichen Clusterantrag im Kreis von insgesamt wenigen Anträgen in den Technikwissenschaften in ganz Deutschland dabei. "Wir setzen nun alles daran, diese große Chance zu nutzen und den Vollantrag für den einzigen ingenieurwissenschaftlichen Cluster in ganz Bayern zu einem positiven Ergebnis zu führen", bekräftigte Hornegger. Es gab 2017 vier erfolgreiche Anträge im BMBF-Förderprogramm Medizinische Informatik mit 32 Mio. Euro und ein mit 2,5 Mio. Euro dotierten Advanced Grants aus der EU-Förderung für den Chemiker Andreas Hirsch, um schwarzen Phosphor auf molekularer Ebene zu erforschen. Sowohl die Drittmitteleinnahmen mit 180 Mio. Euro als auch die Studierenden-Zahlen mit knapp 40 000 Studierenden haben sich auf hohem Niveau stabilisiert.

Auch in diesem Jahr wurde ein FAU-Ambassador ernannt: Michael J. Puett, Professor für Chinesische Geschichte und Anthropologie an der Universität Harvard in Cambridge/Massachusetts. der die Interessen der FAU in seinem Heimatland vertreten soll.

Viele Preisträger

Prof. Michael Stürzl erhielt den Renate-Wittern-Sterzel-Preis zur Förderung der Gleichstellung und Vielfalt an der FAU. Unter seiner Leitung wurde Anfang 2017 ein Laboratorium für Schwangere am Translational Research Center Erlangen (TRC) eingerichtet.

Unter den Habilitationspreisträgern ließ Prof. Elisa Marie Hoven aufhorchen, die die Auslandsbestechung deutscher Unternehmen aufgearbeitet hatte und dabei unter anderem die Rolle der Siemens AG am Standort Offenbach dokumentierte, wo drei Millionen Euro über Konten in der Schweiz, Liechtenstein und Monaco geflossen sind.

Mit 50.000 Dollar dotiert

Der mit 50 000 US-Dollar dotierte internationale Preis für exzellente Beiträge zur Augenheilkunde der Gottfried und Lieselotte Naumann-Stiftung wurde an Prof. Sarah Coupland von der Universität Liverpool vergeben. Den vom Universitätsbund gestifteten Lehrpreis erhielten Teresa Hiergeist, Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Romanistik, Tobias Steigleder, Palliativmedizin, Christina Bader, Lehrstuhl für Wirtschaftspädagogik und Personalentwicklung, Prof. Jan Frahm, Lie-Theorie und Darstellungstheorie, Stefan Rupitsch, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Sensorik.

Im Festvortrag gab Prof. Dr. Markus Neurath vom Lehrstuhl für Innere Medizin I "Neue Einblicke in ein faszinierendes Organ" – den Darm.

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