Erlanger Galerie zeigt unscharfe Bilder

15.11.2018, 16:00 Uhr
Erlanger Galerie zeigt unscharfe Bilder

© Repro: Harald Sippel

Mit dem selbst bildgewaltigen Filmregisseur Wenders hat Robert Bosisio nicht nur einen Bewunderer, sondern auch einen Förderer. Jedenfalls hatte der ihn für den italienischen Pavillon der 54. Kunstbiennale von Venedig vorgeschlagen und ihm einen Begleittext gewidmet. Darin bezeichnet er Bosisio als einen großen, zeitgenössischen Maler, der es versteht, die Wärme und Farbigkeit seiner Heimat mit der intellektuellen Kühle seiner Studienaufenthalte in Tokio und Berlin zu kombinieren. Er vermähle die Fähigkeiten des klassischen Malers mit einer höchst zeitgenössischen Sichtweise und einer außergewöhnlichen Technik.

Bosisio, von dem es wunderbare naturalistische Zeichnungen und Radierungen sowie ein umfangreiches Werk von Ölgemälden gibt, hat es in den letzten zwei Jahrzehnten zu einer eigenen Meisterschaft der Unschärfe gebracht – Bilder, die ihre Sujets in einer faszinierenden Weise "erkennbar"machen, ohne sie wirklich zu zeigen. Dabei gibt es durchaus Deja-vu-Erlebnisse, beispielsweise, wenn er Jan Vermeers berühmtes Gemälde vom Mädchen mit dem Perlenohrring wie durch eine Milchglasscheibe zeigt. Hier hilft ihm das Ikonografische des Hauptwerks, seine Idee deutlich zu machen.

Seine Arbeitsweise aber vermittelt sich erst, wenn man seinen Bildern näher kommt. Er malt nämlich nicht nur "unscharf", er nimmt den Bildern auch noch nachträglich alle Kontur, indem er sie in engen Streifen aufritzt und ihnen damit sogar etwas Plastisches gibt. Selbst flächige Motive wie sanft geschwungene Hügellandschaften bekommen so etwas Geheimnisvolles, eine Anmutung, die Distanz zum Bild zwar einfordert, aber die Lust an der Nähe zur bearbeiteten Oberfläche nicht mindern mag.

Über eines seiner Landschaftsbilder hat Wim Wenders geschwärmt: "All die Horizonte, auf denen immer mein sehnsüchtiger Blick lag, sind hier auf dieser Leinwand vereint.

Ist alles ,aus der Erinnerung’ gemalt, dann sind auch meine Erinnerungen darin tief eingeprägt. (Vielleicht kann man es erraten: Der Horizont ist mein ,Lieblingsort’ auf Erden.) Ich öffne meine Augen und schaue wieder auf Robert Bosisios Bild. Ich glaube, dass nie zuvor jemand ,den Horizont’ so auf eine Leinwand brachte wie er."

So geadelt muss es nicht verwundern, dass seine Bilder nicht nur in internationalen Ausstellungen auftauchen, sondern sich auch in der renommierten Luciano Benetton Collection (als "Contemporary Artists from Italy, Imago Mundi Art") wiederfinden. Dass Bosisio nun auch in Erlangen einen Einblick in sein jüngeres Schaffen gibt, darf durchaus als Glücksfall gelten.

Roberto Bosisio, Malerei, Galerie H2Hertrich, Schiffstraße 9. Bis 4. Dezember, geöffnet: Do. bis So. 14 bis 18 Uhr.

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